Pressemitteilung

UNICEF fordert von EU mehr Schutz für Flüchtlingskinder

Zehn Eckpunkte vorgelegt

Kurz vor dem Beschluss einer „europäische Agenda für Migration" ruft UNICEF die EU zu einer werteorientierten Flüchtlingspolitik auf, die die Rechte und das Wohlbefinden von Kindern in den Mittelpunkt stellt. Hierzu legt UNICEF zehn Eckpunkte vor.

UNICEF ruft gemeinsam mit der International Organization for Migration (IOM), dem UN Flüchtlingshilfswerk und anderen UN-Organisationen dazu auf, die Verantwortung für den Schutz und die Rettung von Leben und den Schutz der Notleidenden innerhalb der EU fairer zu verteilen. Rassistische und xenophobe Rhetorik zur Verunglimpfung von Flüchtlingen muss bekämpft werden, wo immer sie ankommen.

Flüchtlingskinder besonders gefährdet

Die Zahl der Todesopfer unter den Flüchtlingen, die über das Mittelmeer fliehen ist dieses Jahr bereits 50-mal höher als im gleichen Zeitraum des letzten Jahres. Angesichts des warmen Wetters wird die Anzahl an Kindern, die diese gefährlichen Reisen antreten, eher noch steigen. Kinder sind nicht nur während der gefährlichen Überfahrten besonders gefährdet, sondern auch dann noch, wenn sie auf europäischem Boden ankommen und dort keine besondere Fürsorge und Beachtung bekommen.

Besonders gefährdet sind dabei die Flüchtlingskinder, die ohne Eltern oder erwachsene Familienmitglieder reisen. Nach Schätzungen der IOM waren unter den circa 170.000 Flüchtlingen, die letztes Jahr in Italien über das Meer aus Libyen ankamen, mehr als 13.000 unbegleitete Kinder.

Berichte legen nahe, dass Schleuser und Kinderhändler die verzweifelte Lebenssituation vieler Menschen ausnutzen, indem sie die Kinder dazu bringen Asyl zu beantragen und anschließend ihren Eltern noch mehr Geld abpressen, damit sie ihren Kindern nachfolgen können.

Kinderrechte in der EU

"Die Auswirkungen dieser menschlichen Tragödie, die ganz besonders Kinder betrifft, gehen weit über die Ufer des Mittelmeers hinaus", sagt Yoka Brandt, stellvertretende UNICEF Exekutivdirektorin. "Wo immer sich diese Kinder befinden – ob auf der Durchreise, auf dem Meer, an europäischen Küsten oder in anderen Ländern – sie haben das Recht geschützt und versorgt zu werden. Europa hat die Voraussetzungen, die wachsende Migration als eine Chance zu begreifen. Es kann seine Gesetze und die tief verankerten gemeinsamen Werte so anwenden, dass die Rechte der Flüchtlingskinder und ihrer Familien bestmöglich geschützt werden. So kann Europa zu einem weltweiten Vorbild werden."

Bisher werden Flüchtlingskinder von Recht, Politik und Praxis des aktuellen gemeinsamen EU Rahmenwerks oft übersehen. Sie haben begrenzten Zugang zu rechtlichem Beistand, Bildung und Gesundheitsfürsorge. Sie können inhaftiert und abgeschoben werden und beim Eintritt in die EU Grenzkontrollen ausgesetzt sein, die ihr Leben gefährden.

EU Flüchtlingsagenda: UNICEF-Eckpunkte für Kinder

UNICEF sieht die Flüchtlingsagenda der EU, die am 13. Mai verabschiedet werden soll, als Chance, Standards zu stärken, die bereits in entsprechenden EU- Leitlinien für Kinderschutz verankert sind.

  1. Alle Flüchtlingskinder müssen immer in erster Linie als Kinder mit eigenen Rechten angesehen und behandelt werden, wie in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben.
  2. Bestehendes Recht und Richtlinien zum Schutz von Flüchtlingskindern müssen konsequent angewendet werden. Dazu gehört auch die Überwachung und Durchsetzung einer konsequenten Anwendung der EU Menschenhandelsrichtlinie und -Strategie. Ein besonderer Schwerpunkt muss dabei auf der Vorbeugung sowie der Verfolgung von Menschenhändlern liegen, die Kinder ausbeuten und missbrauchen.
  3. Alle Behörden sollen bei allen Entscheidungen von dem Grundsatz der UN-Kinderrechtskonvention geleitet werden, das beste Interesse des Kindes vorrangig zu berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere die Entscheidungen über einen internationalen Schutzstatus, über einen Aufenthaltsstatus oder über eine Abschiebung.
  4. Nationale Kinderschutzsysteme müssen gestärkt und EU-weite Schutzstandards vorangetrieben werden.
  5. Kinder dürfen nicht in Haft genommen werden und sollen nicht von ihren Familien getrennt werden.
  6. Bei Such- und Rettungsaktionen auf dem Meer müssen internationales Seerecht und langegehegte Grundregeln zum Schutz und zur Rettung von Leben aufrechterhalten werden.
  7. Kinder und schwangere Frauen brauchen zu jeder Zeit besondere Fürsorge und Aufmerksamkeit, während und auch nach Schutz- und Rettungsmissionen.
  8. Alle Kinder haben das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Gesundheitsfürsorge einschließlich der psychischen Gesundheit, soziale Sicherheit und Justiz – unabhängig vom rechtlichen Status ihrer Eltern.
  9. Alle Kinder sollen gleich und konsequent geschützt werden, ohne Diskriminierung wegen ihrer Nationalität, Aufenthaltsstatus oder Rasse, oder der ihrer Eltern.
  10. Die Ursachen der Flucht müssen umfassend bekämpft werden, durch Risikoreduzierung, Nothilfe und Entwicklung.