Kinderarbeit
Die sieben wichtigsten Fragen und Antworten
Hier finden Sie die wichtigsten Infos zu Kinderarbeit im Überblick – und so viel vorweg: Wenn Ihre Kinder nicht beim Aufräumen oder Rasen mähen helfen wollen und sich dabei auf das Verbot von Kinderarbeit berufen, dürfen Sie getrost widersprechen.
Was ist Kinderarbeit?
Kinderarbeit sind laut Definition Arbeiten, für die Kinder zu jung sind oder die gefährlich oder ausbeuterisch sind, die körperliche oder seelische Entwicklung schädigen oder die Kinder vom Schulbesuch abhalten. Sie beraubt Kinder ihrer Kindheit und verstößt gegen die weltweit gültigen Kinderrechte.
Man muss also unterscheiden zwischen normalen Aufgaben zum Beispiel im Haushalt, zwischen legaler Beschäftigung von Jugendlichen und zwischen Ausbeutung von Kindern. Für legale Beschäftigung haben die meisten Staaten per Gesetz ein Mindestalter zwischen 14 und 16 Jahren festgelegt. In Deutschland ist das Mindestalter 15 Jahre mit einigen Ausnahmen für leichte Tätigkeiten – Zeitungsaustragen ist zum Beispiel auch für jüngere Jugendliche erlaubt. Die Einzelheiten werden durch das Jugendarbeitsschutzgesetz geregelt.
Zu den „schlimmsten Formen der Kinderarbeit“ zählen die Vereinten Nationen (ILO-Konvention Nr. 182 von 1999): Sklaverei und sklavenähnliche Abhängigkeiten, Zwangsarbeit einschließlich des Einsatzes von Kindersoldaten, Kinderprostitution und Kinderpornographie, kriminelle Tätigkeiten wie den Missbrauch von Kindern als Drogenkuriere sowie andere Formen der Arbeit, die die Sicherheit und Gesundheit der Kinder gefährden können. Fast alle Staaten der Welt haben sich auf das Ziel geeinigt, jegliche Form der Kinderarbeit, angefangen mit der gerade beschriebenen schlimmsten Form, bis zum Jahr 2025 vollständig abzuschaffen.
Wie viele Kinderarbeiter gibt es und was tun sie?
Insgesamt gehen weltweit 218 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 17 Jahren einer Arbeit nach, wenn man ausbeuterische Kinderarbeit und legale Beschäftigung zusammenzählt. Von ihnen sind 152 Millionen Mädchen und Jungen – fast jedes zehnte Kind in der Altersgruppe – nach aktueller Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) Kinderarbeiter – das heißt, sie müssen unter Bedingungen arbeiten, die sie ihrer elementaren Rechte und Chancen berauben.
Insgesamt arbeiten mehr Jungen (88 Millionen) als Mädchen (64 Millionen). Fast die Hälfte der Kinderarbeiter – 73 Millionen – leidet unter Arbeitsbedingungen, die gefährlich oder ausbeuterisch sind – zum Beispiel in Goldminen in Burkina Faso, als Textilarbeiter in Bangladesch, auf Kakaoplantagen in der Elfenbeinküste oder auf Farmen in Lateinamerika. 48 Prozent der Kinderarbeiter sind unter 12 Jahre alt oder besser gesagt jung. Die meisten Mädchen und Jungen, die arbeiten müssen (72 Millionen), leben in Afrika, gefolgt von Asien (62 Millionen).
Die meisten Kinder arbeiten in der Landwirtschaft (70,9 Prozent), in der Industrie (11,9 Prozent) und als Hilfskräfte im Dienstleistungsbereich (17,2 Prozent). Weitgehend im Verborgenen arbeiten geschätzte 15 Millionen Kinder und Jugendliche in privaten Haushalten – der Großteil von ihnen Mädchen. Viele von ihnen haben überlange Arbeitszeiten. Sie sind stark von ihren Arbeitgebern abhängig und kaum geschützt vor Gewalt oder sexuellen Übergriffen.
Übrigens ist der überwiegende Teil der Kinder nicht angestellt: Über zwei Drittel arbeiten im Familienverbund mit, zum Beispiel bei der Feldarbeit, Tiere hüten oder im Familienbetrieb, in der Regel unbezahlt. Man könnte also zusammenfassend sagen: Der "typische" Kinderarbeiter ist ein etwa zehn oder elfjähriger Junge in Afrika, der auf dem Feld der Familie arbeitet oder sich um die Tiere kümmert.
Helfen Sie mit beim Kampf gegen Kinderarbeit!
Kostenfreie Schulen mit guter Unterrichtsqualität, wirksame Gesetze gegen die Ausbeutung von Kindern und soziale Unterstützung für benachteiligte Familien – so setzt sich UNICEF im Kampf gegen Kinderarbeit ein. Sie können mithelfen!
Welche Trends gibt es bei Kinderarbeit?
Die gute Nachricht ist: Immer weniger Kinder müssen arbeiten. Im Vergleich zu 2000 ist die Zahl der Kinderarbeiter stark gesunken (von 246 Millionen auf 152 Millionen), aber der Rückgang ist in den letzten Jahren langsamer geworden. Wenn der Fortschritt im aktuellen Tempo weitergeht, werden auch im Jahr 2025 noch 121 Millionen Mädchen und Jungen von Kinderarbeit betroffen sein - bis dahin soll im Einklang mit den "nachhaltigen Entwicklungszielen" Kinderarbeit möglichst überwunden sein. Außerdem gibt es große regionale Unterschiede.
Besonders deutlich gesunken ist die Zahl der Kinderarbeiter in der Region Asien und Pazifik, aber auch in Lateinamerika nimmt Kinderarbeit ab. In Subsahra-Afrika hingegen scheint Kinderarbeit in den letzten Jahren wieder zugenommen zu haben. Ein Grund hierfür sind generell die schleppende wirtschaftliche Entwicklung in einigen Ländern, aber auch eine wachsende Zahl an bewaffneten Konflikten und Naturkatastrophen. Denn in Zeiten von Vertreibung und Not steigt die Gefahr, dass Kinder arbeiten müssen anstatt zur Schule zu gehen.
Auch im Nahen Osten beobachten UNICEF-Mitarbeiter mit Sorge, dass in Folge der Konflikte in Syrien und Irak sowohl die Zahl der Kinderehen als auch die Zahl der Kinderarbeiter unter den Flüchtlingen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. Im jordanischen Za’atari Camp für syrische Flüchtlinge zum Beispiel sieht man viele Jungen, die mit ihren Schubkarren Gegenstände transportieren, Waren verkaufen oder in Restaurants arbeiten – viele von ihnen sind erst zehn Jahre alt.
Warum arbeiten Kinder – und warum lassen ihre Eltern das zu?
Damit sind wir bei den Ursachen für Kinderarbeit. Nummer eins: Armut, meist in Kombination mit anderen Faktoren. Konflikte und Naturkatastrophen verschärfen die wirtschaftliche Not, weil der Haupternährer tot oder von der Familie getrennt ist, weil Felder nicht bestellt werden können oder andere Einnahmequellen wegfallen. Auch Mädchen und Jungen, die durch HIV/Aids oder Ebola zu Waisen oder Halbwaisen gemacht wurden, sind besonders häufig von Kinderarbeit betroffen. Im östlichen und südlichen Afrika haben Wetterextreme wie Dürren im Wechsel mit schweren Regenfällen dazu geführt, dass Kinder die Schule abbrechen, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen.
Aus verschiedenen Gründen wollen oder müssen Kinder und Jugendliche also Geld verdienen oder ohne Bezahlung mithelfen, und häufig sehen ihre Familien auch nichts Falsches darin.
Zunächst einmal: Es muss auch nicht generell schlecht sein, wenn Mädchen und Jungen zum Beispiel bei der Ernte oder im Familienbetrieb mit anpacken und Erfahrungen sammeln – solange es sich in Grenzen hält und sie trotzdem zur Schule gehen können. Aber in Sudan zum Beispiel müssen einer aktuellen UNICEF-Studie zufolge zwölf Prozent aller Kinder arbeiten, und diese Mädchen und Jungen werden nur halb so oft eingeschult wie Gleichaltrige.
Insgesamt geht rund ein Drittel der Kinder, die arbeiten müssen, gar nicht zur Schule. Außerdem müssen Millionen von Schulkindern parallel arbeiten. Viele brechen deshalb die Schule vorzeitig ab oder kommen im Unterricht schlechter mit, weil sie erschöpft sind und ihnen die Zeit zum Lernen zu Hause fehlt. Heranwachsende ohne Bildung und Schulabschluss wiederum haben schlechtere Chancen, jemals eine gut bezahlte Arbeit zu finden.
Anders sind die Fälle, in denen Kinder zur Arbeit gezwungen werden, zum Beispiel durch Schuld-Knechtschaften, als Opfer von Entführungen und Menschenhandel. Das sind ganz klar Verbrechen gegen Kinder. Schätzungen zufolge werden 4,3 Millionen Kinder zum Arbeiten gezwungen, darunter eine Million Kinder, die als Prostituierte arbeiten müssen. Diese extremen Formen von Ausbeutung werden auch als moderne Sklaverei bezeichnet.
Warum steigt die Zahl der Kinderarbeiter unter Flüchtlingen?
Heute sind weltweit rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Elend. Schätzungsweise die Hälfte der Flüchtlinge und Vertriebenen sind Kinder und Jugendliche. Je länger die die Flucht dauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie arbeiten müssen.
Meist haben die Familien ihren Besitz verloren, mussten alles zurücklassen. Wenn ihr Angespartes verbraucht ist, müssen sie nach Wegen suchen, um zu überleben. So leben heute zum Beispiel mehr und mehr syrische Flüchtlingsfamilien in Armut, auch wenn sie früher einmal wohlhabend waren. Viele syrische Flüchtlingskinder in den Flüchtlingscamps und Gastgemeinden in Jordanien, Libanon und in der Türkei arbeiten, damit ihre Familie sich mit dem Nötigsten versorgen kann.
Nach einer Umfrage arbeitet die Hälfte der befragten Flüchtlingskinder demnach mindestens sieben Stunden täglich. Ein Drittel arbeitet sieben Tage die Woche. Viele sind erst fünf oder sechs Jahre alt. Diese Kinder laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren, und aufgrund ihrer schlechten Ausbildung in einen Kreislauf der Armut zu geraten. UNICEF organisiert deshalb Bildungsprogramme für Kinder im Krieg und auf der Flucht in Syrien und seinen Nachbarländern.
Sollte man Kinderarbeit generell verbieten?
Im Sommer 2014 sorgte ein neues Gesetz zu Kinderarbeit in Bolivien für weltweite Schlagzeilen und Diskussionen. Das Gesetz erlaubt in Ausnahmefällen schon Zehnjährigen zu arbeiten – und wurde unter anderem von arbeitenden Kindern selbst gefordert. Ein Skandal?
Grundsätzlich müssen wir feststellen, dass Kinderarbeit in vielen Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen eine Realität ist. In Bolivien haben viele Mädchen und Jungen gesagt, dass sie ihren Arbeitslohn zum Überleben brauchen. Befürworter des Gesetzes sind der Meinung, dass die Kinder sonst illegal arbeiten und dann viel mehr in Gefahr sind, ausgebeutet zu werden. Kritiker befürchten hingegen, dass der Kinderschutz durch das neue Gesetz aufgeweicht wird.
Das Beispiel zeigt, dass es wie so häufig keine einfache Antwort gibt. Ich würde in drei Abstufungen antworten:
- Nicht alle Arbeit, die Kinder leisten, ist verwerflich. Sie kann unter Umständen sogar gut sein, um Erfahrungen zu sammeln und den Zusammenhalt in der Familie und Gemeinschaft zu stärken.
- Arbeit von Kindern darf nicht – so steht es in der UN-Kinderrechtskonvention – ausbeuterisch oder gefährlich sein, das Kind vom Schulbesuch abhalten oder die „physische, mentale, geistige, moralische oder soziale Entwicklung“ beeinträchtigen. Ausbeuterische Kinderarbeit muss beendet werden und dafür müssen Regierungen, gesellschaftliche Akteure, Organisationen und Partner mehr tun. Auch wenn es bis dahin noch ein weiter Weg ist.
- Kinderarbeit in der oben erwähnten „schlimmsten Form“ (also Sklaverei, Prostitution, der Einsatz von Kindersoldaten, gefährliche Arbeit in Steinbrüchen oder Minen) ist völlig unakzeptabel. Sie gehört abgeschafft. Sofort.
Erfahrungen aus mehreren Ländern zeigen, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Gesetze zum Schutz von Kindern sind wichtig, aber sie müssen auch konsequent umgesetzt und von Maßnahmen begleitet werden, die die tiefer liegenden Ursachen von Kinderarbeit bekämpfen. Kinderarbeit lässt sich nicht einfach verbieten – genauso wenig, wie man Armut verbieten kann. Sie lässt sich aber überwinden.
Welche Ansätze wirken gegen Kinderarbeit?
Um Kinderarbeit zu beenden, sind in erster Linie die jeweiligen Regierungen in der Pflicht. Dabei brauchen sie Unterstützung durch Bildungsinstitutionen, Gewerkschaften, Massenmedien, Hilfsorganisationen, Spender, und natürlich müssen auch Unternehmen ihren Teil dazu beitragen. Zum Beispiel hat die türkische Regierung das Jahr 2018 zum "Jahr im Kampf gegen Kinderarbeit" erklärt und gibt dem Thema damit große Priorität. UNICEF unterstützt mit finanzieller Hilfe der EU unter anderem bedürftige Familien mit einem kleinen monatlichen Geldbetrag – geknüpft an die Bedingung, dass ihre Kinder zur Schule gehen. Davon profitieren sowohl türkische als auch syrische Kinder in der Türkei.
Wirksame Gesetze gegen Kinderarbeit sind wichtig, reichen aber allein nicht aus. Auch die Ursachen wie Armut und fehlende Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten müssen bekämpft werden. Der beste Schutz vor Kinderarbeit sind Investitionen in Bildung und der Zugang zu kostenfreien, kinderfreundlichen Schulen mit guter Unterrichtsqualität.
Unternehmen tragen eine große gesellschaftliche Verantwortung. Zusammen mit Save the Children und Global Compact hat UNICEF Grundsätze erarbeitet, wie Unternehmen Kinderrechte schützen und fördern können – unter anderem, indem sie dafür sorgen, dass in der gesamten Produktionskette keine Kinderarbeit in Anspruch genommen wird. Wir als Verbraucher können und sollten kritisch hinterfragen, unter welchen Bedingungen die Produkte, die wir kaufen, hergestellt wurden.
UNICEF macht weltweit auf die negativen Folgen von Kinderarbeit aufmerksam und unterstützt wirksame Strategien und Programme, zum Beispiel Lernzentren für arbeitende Kinder, alternative Verdienstmöglichkeiten für Familien oder auch finanzielle Unterstützung von armen Familien, damit sie ihre Kinder in die Schule schicken können.
Einige Beispiele: In Nepal konnten über 9.000 weit weg von zu Hause arbeitende Kinder wieder mit ihren Familien vereint werden und zur Schule gehen oder eine Ausbildung erhalten. In Burkina Faso hat UNICEF seit 2009 zusammen mit der Regierung und Partnern über 21.000 Kinder aus den Goldminen herausgeholt und durch Bildungsprogramme unterstützt. In Brasilien unterstützt UNICEF das Nationale Forum zur Prävention und Abschaffung von Kinderarbeit, das unter anderem Debatten im Parlament und auf lokaler und regionaler Ebene organisiert.
*Dieser Artikel wurde im Juni 2018 aktualisiert (Quelle für die meisten Zahlen: ILO, Global Estimates of Child Labour: Results and Trends 2012-2016, Geneva 2017).
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