Kinder weltweit

Kinderstimmen aus dem Jemen: „Ich habe immer Angst!“


von Susanne Nandelstädt

Vom Leben im Kriegsgebiet und der Sehnsucht nach Frieden

Kind sein im Jemen im Jahr 2018: Das bedeutet Gewalt und Zerstörung mitanzusehen, Hunger zu spüren, sich permanent bedroht zu fühlen. Egal wo die Mädchen und Jungen sich aufhalten – nirgendwo sind sie sicher.

UNICEF hat Kindern im Bürgerkriegsland Jemen die Frage „Was bedeutet Frieden für dich?“ gestellt. Die Mädchen und Jungen haben geantwortet und uns ihre ganz persönliche Vision eines friedlichen Jemen geschildert. Ihre Antworten sind eindringlich, manchmal traurig und haben mich sehr berührt.

Ala’a träumt vom Frieden

Ala’as ruhige, freundliche Stimme steht in starkem Gegensatz zu dem, was sie sagt. Zeichentrickfilme zu schauen statt Menschen sterben zu sehen – das ist ihre Vorstellung von Frieden. Und dann sagt sie etwas, das mich jedes Mal beim Anschauen wieder richtig durchschüttelt: „Frieden bedeutet, dass ich keine Angst habe, entführt zu werden, wenn ich alleine das Haus verlasse.“

Mohammed über seinen Alltag im Bürgerkrieg

Auch Mohammed leidet unter den extremen Einschränkungen, die der Krieg mit sich gebracht hat. Er sehnt sich danach, sich wieder frei in seiner Heimat bewegen zu können – einfach gehen zu können, wohin er möchte. Momentan ist er davon weit entfernt. Aber wenn man ihm zuhört, dann spürt man, dass er trotz der trostlosen aktuellen Situation eines nicht verloren hat: seine Hoffnung. „Ich hoffe, der Krieg hört bald auf“, wünscht er sich für die Zukunft.

Masha’el hat Angst

Ein Wort fällt immer wieder in den Videos der Kinder: Angst. Der Alltag der Mädchen und Jungen im Bürgerkriegsland Jemen ist von diesem Gefühl stark geprägt. Sie habe immer Angst, erzählt auch Masha’el. Ihre Sehnsucht nach Frieden ist umso stärker. Masha’el hat schon jetzt einen genauen Plan, was sie dann tun möchte: Sie träumt davon, Pilotin zu werden.

Sawsan erinnert sich an ihr früheres Leben

Sawsan ist eins der vielen Kinder im Jemen, die sich noch genau erinnern, wie das Leben früher war – vor dem Krieg, der alles zerstört hat. Damals ist sie noch zur Schule gegangen, und ihr Vater hatte Arbeit. Jetzt wünscht sie sich vor allem eines: Sicherheit.

Die Kinder im Jemen haben sich die Situation, in der sie aufwachsen, nicht ausgesucht. Täglich spüren sie, wie bedroht und verletzlich ihr Leben gerade ist. Sie haben keine Schuld an diesem Krieg. Sie interessieren sich nicht dafür, wer von den Erwachsenen auf welcher politischen Seite steht. Das Einzige, was sie interessiert, ist, endlich wieder frei zu sein und in Sicherheit spielen und aufwachsen zu können.

Aktuelle Situation: Eskalierende humanitäre Notlage

Noch ist allerdings der Frieden im Jemen nicht in Sicht. Der Krieg macht auch nicht vor Krankenhäusern und Privatgebäuden halt. Immer wieder werden in dem blutigen Bürgerkrieg auch Kinder getötet und verletzt. Im August zum Beispiel wurden 29 Schulkinder bei einem Luftangriff getötet, als sie auf dem Rückweg von einem Schulausflug waren.

Nach offiziellen Zahlen sind mittlerweile 2.400 Kinder bei Angriffen ums Leben gekommen, und 3.600 Mädchen und Jungen wurden verletzt. UNICEF vermutet, dass die tatsächlichen Zahlen noch höher sind.

Die Menschen im Jemen waren schon vor dem Bürgerkrieg sehr arm. Nach mittlerweile drei Jahren Krieg bleibt ihnen noch weniger, um zu überleben. Die Hälfte der Krankenhäuser sind beschädigt und können nicht mehr genutzt werden. Tausende Kinder sind stark unterernährt und kämpfen gegen den Hungertod. Ein großer Teil der Schulen ist nicht mehr in Betrieb, weil sie entweder als Not-Unterkünfte genutzt oder von bewaffneten Gruppen besetzt werden.

Gefechte in Hudaida und Cholera erschweren die Lage

Mittlerweile brauchen elf Millionen Mädchen und Jungen humanitäre Hilfe. Seit dem Sommer gibt es Gefechte rund um die Hafenstadt Hudaida. Das macht die Situation auch für uns als Hilfsorganisation noch schwieriger, weil ein Großteil der importierten Hilfsgüter über diesen Hafen das Land erreichen, zum Beispiel Lebensmittel und medizinische Güter.

Noch dazu ist seit dem Sommer die Zahl der Cholera-Fälle im Land wieder angestiegen. UNICEF hat deshalb in großen Impfkampagnen – zuletzt erst Anfang Oktober – Hunderttausende Kinder gegen die lebensbedrohliche Infektionskrankheit geimpft.

Impfschutz: Ein Mädchen im Jemen zeigt ihren Impfpass.

3.000 Gesundheitshelfer haben Anfang Oktober Kinder im Jemen gegen die gefährliche Cholera geimpft.

© UNICEF/UN0240860/Al-Haj

Die Krise im Jemen ist nach wie vor eine riesige Herausforderung. Ala’a, Mohammed und alle anderen Kinder im Jemen haben es verdient, ihr Leben ohne Angst leben zu können. „Wir alle müssen dem Frieden eine Chance geben. Der Frieden ist der einzige mögliche Weg“, bringt es die UNICEF-Exekutiv-Direktorin Henrietta H. Fore auf den Punkt. Solange die Kinder im Jemen in Gefahr sind und uns brauchen, bleiben wir an ihrer Seite.

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Auch die Kollegen von UNICEF Syrien haben mit Kindern über den Krieg gesprochen. Hier lesen Sie, welche Sorgen und Wünsche die Kinder einer Schulklasse in Idlib beschäftigen.

UNICEF-Online-Redakteurin Susanne Nandelstädt
Autor*in Susanne Nandelstädt

Susanne Nandelstädt arbeitet als Online-Redakteurin für UNICEF. Im Blog schreibt sie über UNICEF-Projekte weltweit.