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Projektreise nach Kambodscha: Tag 7


von Ursula Grass

Schulprojekte und „Wasser wirkt“ in Keo Por

Mittlerweile sind wir in Siem Reap angekommen. Für den heutigen Tag steht unser letzter Projektbesuch an, denn morgen fahren wir zurück nach Phom Phen, um die Heimreise anzutreten.

Zusammen mit Werner, Sonja, Beate, Helga, Susanne und Sebastian besuche ich die Gemeinde Keo Por. Die Fahrt durch das Land führt wieder über holperige, mit rotem Sand bedeckte Wege. Hier sieht man, wie wichtig die Geländewagen sind. Der UNICEF-Leiter der Region Heang Path erzählt mir, dass es hier vor zwei Jahren eine große Überschwemmung gab, bei der UNICEF die Menschen aus ihren überfluteten Dörfern evakuieren musste. Ohne die Geländewagen hätte man die Gegenden nicht erreichen können.

Familienalltag auf dem Land

Wir haben heute die Gelegenheit, mit Familien und Kindern zu sprechen und mehr über ihr Leben zu erfahren. Sith Samnag erwartet uns mit vier ihrer fünf Kinder. Vor zehn Jahren wurde sie von ihrem Mann verlassen, der nach Thailand ging, ohne es mitzuteilen. Da sie die Kinder versorgen musste, verkaufte sie Haus und Felder. Die Alleinerziehende lebt mit ihren Kindern mittlerweile im Haus der Tante. Die Kinder gehen zur Schule, UNICEF unterstützt hier ein Programm in Zusammenarbeit mit der Gemeinde: Die Kinder erhalten Schuluniformen und Schulmaterialien.

Ursula Grass mit Kindern am Brunnen. © UNICEF Deutschland

Ursula Grass mit Kindern am Brunnen in der Gemeinde Keo Por: Viele Kinder müssen schon im Schulalter auf den Reisfeldern arbeiten, um die Familien zu unterstützen.

© UNICEF Deutschland

Da Sith Samnag durch ihre Arbeit auf den Reisfeldern nur wenig verdient, muss die 15-jährige Tochter oft mithelfen. An diesen Tagen kann sie nicht zur Schule gehen. Ein Tag auf den Reisfeldern bringt für die Familie 2,50 Euro ein: „Das ist sehr wenig. Wir erhalten den Reis von den Feldern und Fisch von den Nachbarn“, berichtet die 41-jährige Mutter. Sie wünscht sich, dass ihre Kinder eine gute Schulbildung erhalten, um später einen ordentlichen Beruf lernen zu können. Eine Latrine besitzt der Haushalt nicht, so wie die meisten Häuser in diesem Dorf.

Wasser wirkt? Erste Erfolge, aber noch ist viel zu tun

Im Nachbarort zeigt uns der Dorfvorsteher stolz den Fortschritt. Einige Latrinen sind bereits gebaut, andere werden gerade errichtet. Es ist interessant, das Fortschreiten der Bauarbeiten zu beobachten. Hier besitzt auch jeder Haushalt einen Wasserfilter. Dies sind große Sandsteinsäulen, in welchem ein Sieb eingelassen ist unter dem sich eine Sandschicht befindet. Ein Junge führt mir vor, wie man aus dem Brunnen Wasser holt und dieses durch den Filter laufen lässt. So erhält man sauberes Wasser.

Wasserfilter. © UNICEF Deutschland

Eine Einheimische präsentiert die Funktion der Wasserfilter, die mittlerweile in allen Haushalten der Gemeinde vorhanden sind.

© UNICEF Deutschland

Die kleine Kao Dew zeigt mir, wie sie ihre Hände wäscht. So hat sie es in der Schule gelernt, erzählt sie. Wir treffen auch eine 18-jährige Mutter, die ihr sechs Monate altes Baby noch nicht registriert hat. Viele Mütter kümmern sich nicht darum. Umso wichtiger ist die Arbeit der Gesundheitszentren, welche unter anderem von UNICEF gefördert werden.

Händewaschen mit Waschpulver am Dorfbrunnen. © UNICEF Deutschland

Händewaschen mit Schulkindern: Die Kinder nutzen Waschpulver und eine Schüssel Wasser für die tägliche Hygiene.

© UNICEF Deutschland

Zum Abschluss zeigt uns der Dorfvorsteher einen Brunnen, welcher von freundlichen Privatpersonen gespendet wurde. Er funktioniert jedoch nicht, denn niemand hat sich dafür gesorgt, dass er an der richtigen Stelle gebaut wird und auch jemand in der Lage ist, sich um die Wartung zu kümmern. So hängt hier ein schiefes Schild im Gedenken an die Spender vor der verrosteten, kaputten Pumpe.

Gedanken zum Ende der Reise

Zum Abschluss der Projektreise wird nochmals klar, wie wichtig es ist, Wissen und Kenntnisse an die Menschen vor Ort weiter zu geben. „Was nutzt ein Gesundheitszentrum, wenn keiner hingeht“, so meint Heang Path. UNICEF spielt in diesem wunderschönen Land eine federführende Rolle, bei der Identifizierung der Probleme sowie der Entwicklung von Zielen und Strategien, um die Situation der Menschen und vor allem der Kinder zu verbessern. Der besonderen Problematik Kambodschas – schmutziges und arsenhaltiges Wasser sowie mangelnde Hygiene durch fehlende Toiletten – wird hier nachhaltig auf den verschiedenen Ebenen entgegengewirkt: Es beginnt beim Training der Schwangeren und Mütter und wird in den Vorschulen und Schulen weitergeführt. Die Kinder tragen dann ihr Wissen in die Familien, Gemeinden motivieren die Bewohner zum Bau von Latrinen und klären über die Gefahren des arsenhaltigen Wassers auf.

Es ist UNICEF gelungen, ein Netzwerk an Multiplikatoren in Zusammenarbeit mit den Gemeinden und vor allem der Regierung zu errichten. Auch wenn einiges erreicht ist, gibt es hier noch viel zu tun. Ich habe wunderbare Menschen kennen gelernt, die sich für diese Ziele einsetzen. So werde ich morgen dieses wunderschöne Land und die freundlichen Menschen verlassen mit einem Bild, welches sich in dieser Woche in meinem Kopf festgesetzt hat: Ich möchte es vergleichen mit einem Baum, der viele Wurzeln ausbilden muss, um starke Äste und Zweige zu erhalten.

Ich bin mir sicher, dass ich für meine Mitreisenden spreche, wenn ich sage, dass ich sehr dankbar dafür bin in Kambodscha die Arbeit von UNICEF erlebt zu haben und diese unglaublichen Eindrücke in meinem Herzen mit nachhause nehmen kann. Ich werde sie weitergeben, denn es ist es wert, sich gemeinsam für Kinder einzusetzen!

Reisetagebuch

Lesen Sie hier alle Berichte der UNICEF-Ehrenamtlichen von ihrer Reise nach Kambodscha:

Reisevorbereitung: “Auf, auf nach Kambodscha”

Tag 1: Gedanken zur Reise am Frankfurter Flughafen

Tag 2: Ankunft in Phnom Penh

Tag 3: Am Stadtrand

Tag 4: Besuch der Sokung Provinz

Tag 5: Arsenverseuchtes Wasser und gute Tipps für Mütter

Tag 6: Besuch im Provinzkrankenhaus in Kampong Thom

Tag 7: Schulprojekte und „Wasser wirkt“ in Keo Por

Haben Sie auch Interesse, ehrenamtlich bei UNICEF mitzuwirken?
Machen Sie es den anderen Reisenden und mir nach und informieren Sie sich in unserer Rubrik Engagement für UNICEF über die zahlreichen Möglichkeiten.

Ursula Grass, UNICEF-Gruppe Karlsruhe. © UNICEF Deutschland
Autor*in Ursula Grass

Ursula Grass ist Leiterin der UNICEF-Gruppe in Karlsruhe und bloggt von der Projektreise der Ehrenamtlichen aus Kambodscha.