Pressemitteilung

UNICEF-Jahresbericht „Zur Situation der Kinder in der Welt 2011“: Neun von zehn Jugendlichen leben in Entwicklungsländern

New York/Köln

UNICEF: „Jugendliche brauchen Schutz und Chancen“

Ein großer Teil der rund eine Milliarde Jugendlichen in den Entwicklungs- und Schwellenländern leidet unter Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit. Dies ist das Ergebnis des UNICEF-Jahresberichts „Zur Situation der Kinder in der Welt 2011“. UNICEF befürchtet, dass sich die weltweiten Probleme von Jugendlichen im kommenden Jahrzehnt noch weiter verschärfen werden. Hauptgründe dafür sind die Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, der Klimawandel, die zunehmende Migration und Verstädterung sowie die wachsende Zahl von Konflikten und humanitären Krisen. Während es weltweit Fortschritte für jüngere Kinder gibt, stehen Jugendliche im Übergang ins Erwachsenenalter vor enormen Problemen:

  • 81 Millionen Jugendliche weltweit sind arbeitslos. Die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen ist fast dreimal so hoch wie unter Erwachsenen – am höchsten ist sie in den Maghrebstaaten Nordafrikas. Dort sind trotz vergleichsweise guter Ausbildung fast ein Viertel der Heranwachsenden ohne Job.
  • Mädchen im Teenageralter sind vielfach benachteiligt. Sie sind schlechter ernährt und besuchen viel seltener eine weiterführende Schule als Jungen. Jedes dritte Mädchen in den Entwicklungsländern (ohne China) heiratet vor ihrem 18. Geburtstag, viele bereits sehr jung.
  • Weltweit können etwa 71 Millionen Jugendliche nach der Grundschule nicht weiter zur Schule gehen. Angesichts des steigenden Wettbewerbsdrucks haben sie kaum eine Chance auf eine gute Arbeitsstelle.
  • Jugendliche aus armen Familien sind auch in besonderem Maße von Gewalt und Ausbeutung bedroht. In Krisengebieten werden viele Heranwachsende als Soldaten missbraucht.

„Neun von zehn Jugendlichen leben in Entwicklungsländern. Sie brauchen Schutz und Chancen. Regierungen und Entwicklungsprogramme müssen die Unzufriedenheit der Jugend, wie aktuell in Nordafrika, ernst nehmen. Sie ist eine Chance für sozialen Wandel und Fortschritt“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „So kann der Kreislauf aus Armut und Ungleichheit durchbrochen werden, der viele Länder und Regionen lähmt.“

Stanley und Marie-Love in der Nähe des familiären Notlagers in Port-au-Prince. © UNICEF/Noorani

Stanley und Marie-Love in der Nähe des familiären Notlagers in Port-au-Prince.

© UNICEF/Noorani

„Wir Jugendlichen wünschen uns von den Erwachsenen, dass sie uns nicht nur als Problem wahrnehmen“, sagte Lilly Grass (18), UNICEF-JuniorBotschafterin aus Karlsruhe.“ Wir wollen lernen, wir wollen arbeiten, und viele Jugendliche sind bereit, sich für die Umwelt und andere Menschen einzusetzen und sich politisch zu beteiligen – wenn man uns lässt.“

Gezielte Investitionen notwendig

Derzeit wächst mit 1,2 Milliarden Jungen und Mädchen zwischen 10 und 19 Jahren eine riesige Jugendgeneration auf. Die Regierungen und Programme der Entwicklungszusammenarbeit haben sie jedoch kaum im Blick. So hat es zwar große Fortschritte im Kampf gegen Kindersterblichkeit gegeben, aber die Bedrohungen für Jugendliche werden bisher nicht ausreichend berücksichtigt. In Brasilien wurden zum Beispiel zwischen 1998 und 2008 durch Gesundheitsprogramme schätzungsweise 26.000 Babys gerettet. Gleichzeitig sind Jugendliche unzureichend vor Gewalt geschützt: Im gleichen Zeitraum wurden allein 81.000 brasilianische Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren ermordet.

Jugendliche sind heute zwar im Allgemeinen gesünder als in früheren Generationen. Doch die Gesundheitsrisiken sind weiter groß: Allein durch Unfälle sterben jedes Jahr rund 400.000 Jugendliche. Weitere Risiken sind Essstörungen und Drogenmissbrauch. Schätzungsweise einer von fünf Jugendlichen hat psychische oder Verhaltensprobleme.

Der UNICEF-Jahresbericht unterstreicht: Es entscheidet sich in der Jugendphase, ob Armut und Perspektivlosigkeit in die nächste Generation vererbt werden. Für viele Länder geht es darum, die Chancen einer jungen Bevölkerung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung besser zu nutzen. UNICEF fordert deshalb gezielte Investitionen in Jugendliche:

  • Bildungsangebote verbessern: Die Schulpflicht sollte über die Grundschule hinaus auf weiterführende Schulen ausgedehnt werden. Schulgebühren sollten abgeschafft werden, und Regierungen sollten gezielt in die Förderung von Mädchen und in die Ausbildung von Lehrern investieren
  • Beteiligungsmöglichkeiten von Jugendlichen stärken: zum Beispiel durch Jugendparlamente oder Onlineforen. Jugendliche selbst müssen ermutigt und befähigt werden, ihre Anliegen in die Hand zu nehmen.
  • Rechte der Jugendlichen stärken: Die Regierungen müssen die Bedürfnisse und Rechte von Jugendlichen in Entwicklungsprogrammen und Gesetzen besser absichern.
  • Armut und Ausgrenzung bekämpfen: Kinder und Jugendliche aus den ärmsten Bevölkerungsgruppen müssen durch gezielte Schutz- und Förderprogramme unterstützt werden.

UNICEF-Hilfe für Jugendliche

UNICEF setzt sich weltweit für Kinder und Jugendlichen ein – in 150 Ländern. Einige Beispiele für Programme, die mit Spenden aus Deutschland unterstützt werden:

Namibia – AIDS-Aufklärung: Mit Hilfe von Jugendzeitungen und Sportangeboten informiert UNICEF über die Aids-Gefahr und wirbt für eine gesunde Lebensweise. Das Programm hat bereits zu nachweislich besserem Wissen geführt.

Brasilien – Hilfe für Jugendliche: UNICEF hilft bei der Reform des Jugendstrafrechts. Durch bessere Zusammenarbeit von Polizei, Gerichten und Sozialdiensten sollen jugendliche Straftäter gezielte soziale und psychologische Hilfe erhalten.

Moldawien – Mädchen vor Prostitution schützen: UNICEF unterstützt die Fortbildungsangebote für Lehrer, Sozialarbeiter und Eltern, um Kinder vor Menschenhandel zu schützen. Gleichzeitig werden Hilfsangebote für die Opfer ausgebaut.


UNICEF unterstützt die weltweite Vernetzung von Jugendlichen durch die Website www.voicesofyouth.org. Ab heute ist sie mit vielen neuen Funktionen online.