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Peter Ustinov: Ein Leben ist nicht genug

"Alt ist ein Mensch, wenn er aufhört zu staunen", sagte einmal Sir Peter Ustinov. Am 16. April wäre er 100 Jahre alt geworden. In diesem Sinne ist er nie wirklich alt geworden.


von Rudi Tarneden

Im UNICEF-Archiv gibt es Bilder und Super-8-Aufnahmen, wie der Weltstar während eines Projektbesuchs in Asien vor einer Gruppe von Kindern auf dem Rasen kniet. Sir Peter suchte den Kontakt mit Menschen immer auf Augenhöhe – und wenn, wie in diesem Moment, ausnahmsweise eine seiner vielen Sprachen nicht reichte. Dann fand er eine andere Lösung: "In Thailand habe ich bellen gelernt", kommentierte er die Aufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie die Kinder kreischend und lachend über ihn klettern.

„Lange Wörter klingen in den meisten Sprachen sehr ähnlich"

Dieser unfassbar neugierige und komische Mensch war ein Virtuose der Verständigung. Jede Form der Überheblichkeit war ihm fremd. Ustinov, der wahrscheinlich allen berühmten Persönlichkeiten seiner Zeit irgendwann einmal die Hand geschüttelt hatte, den die Queen in den Adelsstand erhoben hatte, kam es nicht darauf an, was jemand darstellt, sondern was für ein Mensch er ist, sein Charakter.

Auf einer UNICEF-Pressekonferenz in Bonn erklärte er 1996: "Da sind sehr viele unterentwickelte Leute in der ersten Welt, und sehr viele entwickelte Leute in der Dritten."

Peter Ustinov spricht auf  dem UN-Gipfel in Kopenhagen

„Leider ist UNICEF eine Notwendigkeit. Warum? Weil die Großen so dumm sind und oft so kriminell.“

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Sein Leben war die geglückte Reise eines begabten Kindes. Es begann am 16. April 1921 in London in einer Familie mit russischen, deutschen, französischen und italienischen Wurzeln. Selten kommen so viele Talente in einem Menschen zusammen: ein Schauspieler, der zwei Oskars gewann, Opern inszenierte, rund 20 Bücher und Theaterstücke schrieb, mit seiner One-Man-Show Menschen auf der ganzen Welt begeisterte, der acht Sprachen beherrschte, oder zumindest so imitieren konnte, dass jeder das Gefühl hatte, ihn zu verstehen.

Nicht nur ein Star unter den Stars, sondern eher eine Milchstraße voller funkelnder Möglichkeiten.

Peter Ustinov mit Kindern in China

„Wenn man sehr alt wird, versteht man, dass die Kinder die richtigen Ideen haben. Wenn sie sich nur durchsetzen könnten.“


© UNICEF/UNI382627/Cerni

Wer Sir Peter begegnete oder ihn auf der Bühne erlebte, war gebannt von der physischen Präsenz dieses etwas rundlichen Mannes mit seinen warmen, weichen Händen. Seine ganze Erscheinung hatte etwas Leichtes und Tänzerisches. Er schien ganz bei sich zu sein. Die freundlichen, wachen Augen waren immer in Bewegung, auf der Suche nach neuen Eindrücken, jederzeit bereit, diese in sein schier grenzenloses Repertoire zu überführen.

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Der Verteidiger der Kindheit

Wie ein Kind, das lachend den merkwürdigen Onkel nachahmt. Anders als die zynischen Pointen, die heute zum guten Ton mancher Comedians und vieler Häme-Spezialisten in den sozialen Medien gehören, speiste sich sein Humor aus Mitgefühl und Menschlichkeit. Sein Verstand war scharf und kritisch, aber seine Art war nie verletzend.

Ich bin ein Optimist – weil ich keine Alternative dazu sehe.

Peter Ustinov
Peter Ustinov besucht Kinder in Guatemala.

Im Dezember 1999 bereiteten wir von UNICEF Deutschland die Vorstellung des Berichts zur Situation der Kinder in der Welt in Berlin vor. Die damalige internationale Exekutivdirektorin von UNICEF, Carol Bellamy, versuchte uns von etwas zu überzeugen. Die waschechte New Yorkerin redete wie ein Maschinengewehr mit ihrem harten Akzent auf uns ein und wir verstanden immer weniger.

Sir Peter verfolgte die wachsende Hilflosigkeit am Tisch angesichts des Temperaments der internationalen UNICEF-Chefin. Da nahm er lächelnd ihre Hand, schaute sie an und sagte: "Oh Carol, I like when you are working!"

Auch vor Albernheit und purem Nonsens hatte er keine Angst, denn er vertraute auf die Kraft des Lachens in einer Welt voller Ungerechtigkeit, Vorurteile und Not. "Denn das Lachen ist das einzige, was uns vom Tier unterscheidet."

Am liebsten hörte er Kinder lachen.

„Sie lieben Ihre Kinder, weil sie ein Teil von Ihnen sind. Aber was ist das anderes als eine Anerkennung für eine viel größere Familie als ihre eigene?"

Ustinov sitzt mit Kindern an einem Tisch.
© UNICEF/UNI40205/Unknown
Peter Ustinov zwischen Statuen.
© UNICEF/UNI28878/Charton
Peter Ustinov in Kambodscha.
© UNICEF/UNI28873/Charton

"Was ich so fabelhaft an Kindern finde, ist, dass sie die einzigen sind – weil sie noch nicht alt genug sind – die keine Vorurteile haben." Ganz natürlich verkörperte Sir Peter so für drei Jahrzehnte "Mr. UNICEF".

Seine Überzeugung drückte er in den 60er Jahren in geschliffenem Französisch auf einer Veranstaltung in Paris aus: "Es ist nicht zu leugnen, dass große Staatsmänner, Politiker, religiöse und militärische Würdenträger oder unsere Kriminellen alle unterschiedlich sind. Aber im Alter von vier Wochen machen sie ihren Müttern dieselben Sorgen.

So kann man sagen: Die Kindheit ist das beste Symbol unserer Gleichheit und unserer Hoffnung."

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Rudi Tarneden
Autor*in Rudi Tarneden

Rudi Tarneden ist Pressesprecher des Deutschen Komitees für UNICEF.