Pressemitteilung

Erstmals mehr Kinder und Jugendliche weltweit fettleibig als untergewichtig

Jedes zehnte Kind weltweit ist laut einem neuen UNICEF-Bericht fettleibig. Einer der Gründe: Die allgegenwärtige Präsenz und Vermarktung stark verarbeiteter Lebensmittel 

New York/ Köln

Kinder Ernährung: Micaella (8) greift im Supermarkt zu den Süßigkeiten.

Micaella (8) greift im Supermarkt zu den Süßigkeiten.

© UNICEF/UN0846048/Goupil - Highway Child

Jeder Fünfte im Alter von fünf bis 19 Jahren (391 Millionen) ist laut einem neuen UNICEF-Bericht übergewichtig – jeder Zehnte (188 Millionen) sogar fettleibig. Damit löst starkes Übergewicht erstmals Untergewicht als die häufigste Form der Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen ab. UNICEF warnt vor dem erhöhten Risiko für lebensbedrohliche Krankheiten und sieht als Hauptursache die ständige Verfügbarkeit und Vermarktung von ungesunden Lebensmitteln im analogen und digitalen Umfeld der Kinder.

Der UNICEF-Report „Feeding Profit: How Food Environments are Failing Children” stützt sich auf Daten aus über 190 Ländern. Er stellt heraus, dass Untergewicht bei Kindern im Alter von fünf bis 19 Jahren seit 2000 von rund 13 Prozent auf 9,2 Prozent zurückgegangen ist, während Fettleibigkeit von drei Prozent auf 9,4 Prozent gestiegen ist. Sie tritt erstmals in den meisten Regionen der Welt häufiger auf als Untergewicht - mit Ausnahme von Subsahara-Afrika und Südasien.

In vielen Ländern mit hohem Einkommen ist der Anteil der adipösen Kinder und Jugendlichen sehr hoch, beispielsweise 27 Prozent der fünf- bis 19-Jährigen in Chile, 21 Prozent in den Vereinigten Staaten und 21 Prozent in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

In Deutschland sind die Zahlen relativ konstant: Jedes vierte deutsche Kind im Alter von fünf bis 19 Jahren ist übergewichtig, mit leicht steigender Tendenz: von 24 Prozent im Jahr 2000 auf 25 Prozent im Jahr 2022. Der Anteil der adipösen Kinder in dieser Altersgruppe ist bei acht Prozent konstant.

„Wenn wir über Mangelernährung sprechen, geht es nicht mehr nur um untergewichtige Kinder", sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Fettleibigkeit ist ein wachsendes Problem, das sich auf die Gesundheit und Entwicklung von Kindern auswirken kann. Stark verarbeitete Lebensmittel ersetzen zunehmend Obst, Gemüse und Proteine in einer Lebensphase, in der Ernährung eine entscheidende Rolle für das Wachstum, die kognitive Entwicklung und die psychische Gesundheit von Kindern spielt."

Starker Einfluss durch aggressives Marketing

Die weltweit höchsten Adipositas-Raten bei fünf- bis 19-Jährigen weisen die pazifischen Inselstaaten auf. Hier haben sich die Werte seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Mittlerweile liegen sie beispielsweise in Nue bei den bei 38 Prozent, auf den Cookinseln bei 37 Prozent und in Nauru bei 33 Prozent. Ursache ist vor allem der Wechsel von traditioneller Ernährung hin zu billigen, energiereichen importierten Lebensmitteln.

Der Report warnt davor, dass stark verarbeitete Lebensmittel und Fast Food mit einem hohen Gehalt an Zucker, raffinierter Stärke, Salz, ungesunden Fetten und Zusatzstoffen die Ernährung von Kindern prägen. Sie sind weit verbreitet, preiswert und werden an den Orten, an denen Kinder leben, lernen und spielen – etwa in Schulen und Geschäften - aggressiv vermarktet. Zudem beeinflusst das Marketing der Lebensmittel- und Getränkeindustrie über digitale Kanäle das junge Publikum sehr wirkungsvoll.

Übergewicht im Kindes- und Jugendalter oft mit lebenslangen Folgen

Die Folgen von Übergewicht gehen weit über gesundheitliche Risiken hinaus. Übergewichtige Kinder fehlen häufiger in der Schule, haben Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl und sind häufiger Mobbing ausgesetzt. Einmal in der Kindheit oder Jugend entstanden, ist Fettleibigkeit schwer rückgängig zu machen und bleibt oftmals bis ins Erwachsenenalter bestehen.

Ohne Präventionsmaßnahmen können Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit Übergewicht und Fettleibigkeit lebenslange gesundheitliche und wirtschaftliche Auswirkungen haben. Weltweit haben Volkswirtschaften mit steigenden Gesundheitskosten und sinkender Arbeitsproduktivität aufgrund zunehmender Übergewichtigkeit und Fettleibigkeit zu kämpfen.

Der Bericht hebt positive Maßnahmen hervor, die Regierungen ergriffen haben. In Mexiko beispielsweise – einem Land, in dem Kinder und Jugendliche häufig übergewichtig sind und zuckerhaltige Getränke und stark verarbeitete Lebensmittel 40 Prozent der täglichen Kalorienaufnahme von Kindern ausmachen – hat die Regierung kürzlich den Verkauf und Vertrieb von stark verarbeiteten Lebensmitteln und Produkten mit hohem Salz-, Zucker- und Fettgehalt in öffentlichen Schulen verboten. Davon profitieren über 34 Millionen Kinder.

Kinder gelten als übergewichtig, wenn sie deutlich schwerer sind, als für ihr Alter, Geschlecht und ihre Größe gesund ist. Adipositas ist eine schwere Form von Übergewicht und führt zu einem höheren Risiko, an Insulinresistenz und Bluthochdruck zu erkranken, sowie im späteren Leben an lebensbedrohlichen Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.

Hinweise für Redaktionen:

Der UNICEF Child Nutrition Report 2025 stützt sich auf Daten aus über 190 Ländern und umfasst Haushaltsbefragungen, modellierte Schätzungen, Prognosen und Umfragen.

Die Kategorien Übergewicht, Adipositas und Untergewicht (Magerkeit) werden anhand des Body-Mass-Index (BMI) definiert. Für Kinder im schulpflichtigen Alter und Jugendliche im Alter von 5 bis 19 Jahren gilt:

  • Übergewicht ist als ein BMI definiert, der mehr als eine Standardabweichung über dem Median liegt.

  • Adipositas ist als ein BMI definiert, der mehr als zwei Standardabweichungen über dem Median liegt.

  • Untergewicht ist als ein BMI definiert, der weniger als zwei Standardabweichungen unter dem Median liegt.

Fehlernährung bei Kindern hat drei Dimensionen: Unterernährung (Wachstumsverzögerung und Auszehrung), Übergewicht/Adipositas und versteckter Hunger oder Mikronährstoffmangel.

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Den vollständigen UNICEF Child Nutrition Report 2025 finden Sie nach Ablauf der Sperrfrist hier.

Gerne stehen wir für Interviews zur Verfügung oder Vermitteln Interviews und Hintergrundgespräche mit einem Ernährungsexperten von UNICEF.

Pressekontakt:

UNICEF Deutschland, Katja Sodomann, Telefon 0221/ 93650-551, presse@unicef.de