Pressemitteilung

UNICEF drängt auf faire Anhörung von Flüchtlingskindern in Griechenland

Genf/Köln

Angesichts der Rückführung von Flüchtlingen und Migranten von den griechischen Inseln in die Türkei als Teil der Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei erinnert UNICEF die Staaten an ihre Pflicht, alle Kinder zu versorgen und zu schützen und für eine umfassende und faire Anhörung zu sorgen, wenn über ihre Zukunft entschieden wird.

UNICEF begrüßt ein neues griechisches Gesetz, das am 4. April in Kraft getreten ist und das bestimmte besonders schutzbedürftige Gruppen von „außergewöhnlichen Grenzprozeduren“ oder Rückführungen ausnimmt – darunter unbegleitete oder von ihren Eltern getrennte Flüchtlingskinder, Kinder mit Behinderungen, Opfer von psychischer Belastung oder Traumatisierung sowie schwangere Frauen und Frauen kurz nach der Entbindung. Das ist jedoch nicht ausreichend.

Mehr als 22.000 Flüchtlingskinder in Griechenland gestrandet

Derzeit sind mehr als 22.000 Flüchtlingskinder in Griechenland gestrandet und stehen vor einer ungewissen Zukunft oder sogar Internierung, seit die EU-Türkei-Vereinbarung letzten Monat in Kraft getreten ist.

UNICEF fordert die Etablierung eines gut organisierten Prozesses, um Entscheidungen im Sinne des Kindeswohls zu treffen und für die grundlegende Versorgung aller Kinder zu sorgen – einschließlich geeigneter Unterkünfte, Gesundheitsversorgung und Schutz vor Menschenhandel und Ausbeutung entsprechend internationalem und europäischem Recht.

Kinder und Jugendliche haben spezifische Gründe, um internationalen Schutz zu beantragen, zum Beispiel wenn sie von der Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen oder von Zwangsverheiratung bedroht sind. Die Europäische Kommission hat festgelegt, dass Rückführungen in Einklang mit internationalem und europäischem Recht erfolgen werden.

„Jede Entscheidung über ein Flüchtlingskind, ob Kleinkind oder Teenager und gleichgültig, ob es mit oder ohne Begleitung der Familie ist, sollte vom Kindeswohl geleitet werden“, sagte Maire-Pierre Poirier, UNICEF-Koordinatorin für die Flüchtlingskrise in Europa. „Kinder müssen angehört werden. Eine übereilte Entscheidung zur Rückführung kann bedeuten, dass Mädchen und Jungen an einen Ort der Angst und Gewalt zurückkehren müssen. Kinder müssen unabhängig von ihrer Herkunft zu jeder Zeit Zugang zu sozialer und medizinischer Grundversorgung haben.“

Flüchtlingskinder ohne Eltern werden de facto eingesperrt

Die Kapazitäten, unbegleitete Flüchtlingskinder aufzunehmen und sie angemessen zu unterstützen sind in Griechenland ausgeschöpft. Aus Mangel an geeigneten Unterkünften werden viele von ihnen unter „Schutzaufsicht“ gestellt oder de facto in geschlossenen Erstaufnahmeeinrichtungen oder Polizeistationen eingesperrt, und zwar für immer längere Zeiträume.

„UNICEF ist besorgt über Berichte, dass einige Minderjährige wegen ihres Status als Migranten in Haft genommen werden. Die Flucht vor Krieg und das Streben nach Überleben sind niemals ein Verbrechen“, sagte Poirier.

Unbegleitete und von ihren Eltern getrennte Kinder und Jugendliche sind besonders schutzbedürftig. Sie machen rund zehn Prozent (2.000) der Flüchtlingskinder in Griechenland aus, auch wenn nicht alle von ihnen offiziell registriert sind. Zwischen Januar und Mitte März 2016 wurden in Griechenland 1.156 unbegleitete Flüchtlingskinder registriert – ein Anstieg um 300 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die ersten Rückführungen von den griechischen Inseln in die Türkei wurden diese Woche von Partnern von UNICEF am Hafen von Dikili in der Provinz Izmir beobachtet. UNICEF arbeitet weiterhin eng mit den türkischen Behörden zusammen, um humanitäre Hilfe für Flüchtlinge bereitzustellen.