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Kinderrechte und die Covid-19-Pandemie

Von der aktuellen Pandemie sind alle Bereiche der Gesellschaft auf die eine oder andere Art und Weise betroffen. Viele Bevölkerungs- und Berufsgruppen leiden ganz verschiedenartig unter den Folgen der Krankheit oder den Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit, wobei diese zweifelsohne notwendig sind. Ein Gruppe von Menschen, die ebenfalls unter der Situation leidet, die dieses Leid teilweise aber nicht formulieren kann und wenig gehört und beachtet wird, sind Kinder. Während der Pandemie muss auch auf deren Schutz geachtet und deren Bedürfnisse zur Kenntnis genommen werden.

Die Annahme, dass Kinder kaum von der Krankheit betroffen sind, ist, sowohl in Hinblick auf die medizinische Faktenlage, als auch auf die gesellschaftlichen Folgen für Kinder grundlegend falsch.

Genau mit diesem Thema beschäftigt sich der Report "Averting a Lost Covid Generation", der von UNICEF zur aktuellen Situation veröffentlicht wurde und Daten aus 87 Ländern weltweit analysierte, in denen UNICEF Unterstützung für Kinder bietet.

Ziel dieses Artikels soll es sein, auf Grundlage des Reports auf die besondere Notlage vieler Kinder in der Welt in Zeiten der Covid-19-Pandemie aufmerksam zu machen und einzelne Aspekte des Berichts hervorzuheben.

Bereiche, in denen Kinder die Auswirkungen der Pandemie zu spüren bekommen:

Gewalt gegen Kinder: Ein erster Aspekt, auf den immer wieder eingegangen werden muss, ist, dass Kinder zur Zeit deutlich isolierter sind, was besonders dann ein Problem darstellt, wenn sie in Familienverhältnissen leben, in denen sie psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt sind. Nachweislich leiden auch besonders Kinder mit Behinderung unter solcher Gewalt. Während diese Kinder schon unter normalen Umständen drei bis vier mal so häufig Opfer von Gewalt werden, hat sich die Situation in der Pandemie nur noch verschärft. Bei Interesse finden sich mehr Informationen zu diesem Thema im Artikel "#NoViolence" auf der Seite der HSG Freiburg oder allgemein bei Recherche der Aktion "NiemalsGewalt" auf der UNICEF Website.

Medizinische Versorgung: Abgesehen davon konnte in vielen Ländern der Welt, in denen UNICEF medizinische Hilfe leistet, ein deutlicher Rückgang in der Wahrnehmung dieser Hilfsangebote verzeichnet werden - Routineimpfungen, Maßnahmen im Bereich ambulanter Behandlungen von ansteckenden Infektionskrankheiten und auch Betreuungsangebote in der Zeit während und nach der Geburt werden deutlich weniger wahrgenommen - Gründe für diese bedauerliche Faktenlage liegen in der Angst vor Ansteckung bei Inanspruchnahme der Hilfeleistungen. Darüber hinaus ist auch der Bereich der mentalen Gesundheit betroffen. Unterstützungsangebote für Menschen weltweit mussten eingestellt werden. Schätzungsweise 70% der Hilfsangebote bei mentalen Problemen für Kinder und Jugendliche fallen zur Zeit weg. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass viele psychische Probleme bereits im Alter von 14 Jahren beginnen, stellt dies einen besorgniserregenden Trend dar.

Impfungen von Kindern unter Covid-19

Ernährung: Auch zeigt der oben genannte Report, dass die Unterstützung bei der Ernährung von Kindern durch UNICEF deutlich geringer in Anspruch genommen wird. So ist beispielsweise die Versorgung mit Vitamin-A-Tabletten signifikant zurückgegangen und auch Schulspeisungen wurden seltener durchgeführt. Zu befürchten ist dabei, dass zum Ende des Jahres zusätzliche sechs bis sieben Millionen Kinder unter akuter Mangelernährung leiden müssen.

Aber nicht nur was die grundlegende Versorgung mit medizinischer Hilfe und Lebensmitteln angeht, zeigen sich Auswirkungen der Pandemie auf das Leben vieler Kinder.

Bildung: Bildungseinrichtungen in aller Welt mussten schließen und so sind im November 2020 572 Millionen Mädchen und Jungen von Schulschließungen betroffen. Zwar kam es in vielen Staaten zur Einführung von Online-Lehrformaten, aber trotzdem wurden ca. 30% der Schulkinder weltweit nicht damit erreicht, da sie entweder nicht die nötigen Technologien besitzen, um auf die Materialien zugreifen zu können, oder in erster Linie gar keine Online-Lern-Angebote zur Verfügung stehen. Dabei ist auch ein Trend erkennbar, dass Mädchen besonders benachteiligt werden, da sie nachweislich weniger häufig Zugriff auf Computer und das Internet haben und IKT-Fähigkeiten häufig bevorzugt auf Jungen ausgelegt werden.

Über welche Wege erreicht Kinder Information?

Darüber hinaus liefert der UNICEF-Bericht Daten zur Frage, ob es gerechtfertigt ist, Schulen in der Pandemie zu schließen bzw. wie wichtig es ist Schulen und Bildungseinrichtungen offen zu halten. Zwar ist es, laut Bericht, richtig, dass Kinder das Virus untereinander und auch auf Erwachsenen übertragen können, allerdings gibt es starke Belege dafür, dass bei Beachtung grundlegender Sicherheitsmaßnahmen die Vorteile, Schulen geöffnet zu halten, die Nachteile von Schulschließungen mehr als aufwiegen. Natürlich muss man diese Auffassung auch im Hinblick auf die Möglichkeiten der Online-Lehre betrachten. Fakt ist allerdings, dass Schulen in den Gemeinden nicht die Haupttreiber der Verbreitung des Virus sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder sich anstecken, ist außerhalb schulischer Zusammenhänge wesentlich höher.

Der Bericht von UNICEF weißt allerdings nicht nur die Probleme auf, sondern stellt auch selbst proaktiv Grundsätze dar, die Staaten und UNICEF-Partner versuchen sollten zu erreichen um die Situation für Kinder während der Pandemie zu verbessern. Zu diesen Aspekten zählen:

  1. Sicherstellen, dass alle Kinder Bildungsangebote wahrnehmen und lernen können
  2. Daran arbeiten, den "Digital Divide" zu schließen - d.h. möglichst allen Kindern weltweit den Zugang zu Online-Bildungsangeboten zu verschaffen
  3. Den Zugang zu Gesundheits- und Ernährungsleistungen sicherstellen und Impfungen für alle Kinder verfügbar machen
  4. Die mentale Gesundheit von Kindern unterstützen und schützen und Misshandlung, geschlechts-spezifische Gewalt und Vernachlässigung von Kindern stoppen
  5. Den Zugang zu sauberem Wasser, sanitären Anlagen und Hygienemitteln sicherstellen
  6. Die Zunahme der Zahl an Kindern, die in Armut aufwachsen umkehren und reduzieren
  7. Die Bemühungen verstärken Kindern und deren Familien in Situationen von Konflikt, Katastrophe oder Vertreibung zu unterstützen

Eine Auffassung, die dabei klar in den Vordergrund gestellt wird und die wir auch als HSG Freiburg teilen ist, dass ein kritischer Schritt für jeglichen Erfolg im Kampf für die Rechte von Kindern darin besteht, ihnen zuzuhören und sie in Entscheidungen einzubinden, die ihre Zukunft betreffen.

Das Schlusswort des Berichts trifft die Lage der Kinderrechte in der aktuellen Situation der weltweiten Pandemie auf den Punkt und soll hier noch einmal wiederholt werden:

"The pre-COVID ‘normal’ was never good enough for children, and it is in our hands now to reimagine and deliver on a better future for children and young people coming of age during this first truly global emergency."

- HSG UNICEF Freiburg

Quellen und Möglichkeiten der weitergehenden Information: