
Kinder im digitalen Alltag: 10 Tipps für gesunde digitale Gewohnheiten zu Hause
Smartphones, Tablets und soziale Medien prägen die Kindheit von heute. Wie können wir unsere Kinder dabei unterstützen, sich sicher und verantwortungsvoll in der digitalen Welt zu bewegen und einen gesunden Umgang mit Technologie zu entwickeln? Und wie können wir als Eltern ein gutes Vorbild für sie sein?
Kinder in der digitalen Welt großzuziehen, ist eine Herausforderung. Die rasante Entwicklung neuer Technologien macht es schwer, Risiken und Chancen abzuwägen. Dr. Jacqueline Nesi ist Expertin für digitale Erziehung. Sie hat ihre besten Tipps für einen gesunden Umgang mit Technik in der Familie mit uns geteilt.
Hier sind ihre zehn wichtigsten Ratschläge:
Sprechen Sie über die Rolle der Technologie im Leben Ihrer Familie
1. Fragen Sie nach
Sprechen Sie mit Ihrem Kind über seine mobilen Endgeräte, so wie Sie es bei jeder anderen Aktivität auch tun würden. Was gefällt ihm daran? Was stört es? Wie oft nutzt Ihr Kind sein Smartphone, Tablet oder Laptop? Was funktioniert gut dabei, was weniger? Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie sich dafür interessieren, womit es sich beschäftigt.

Ein Junge in Malaysia schaut sich auf einem Tablet seine Lieblingssendung an.
© UNICEF/UNI834569/Sufari2. Thematisieren Sie Risiken
Erklären Sie Ihrem Kind ehrlich, welche Gefahren die Technik mit sich bringt. Sagen Sie ihm, dass die Gerätenutzung zum Beispiel bei anderen Aktivitäten stören kann. Oder dass Sie sich Sorgen über die Inhalte machen, die Ihr Kind online sehen und tun könnte.
Ermutigen Sie Ihr Kind, bei Schwierigkeiten im Netz zu Ihnen zu kommen. Sie können beispielsweise etwas sagen wie: "Es ist nicht leicht, mit allem klarzukommen, was online passiert. Du könntest auf Dinge stoßen, die verwirrend oder verstörend sind. Komm in solchen Fällen zu mir, damit wir gemeinsam eine Lösung finden."
Achten Sie darauf, wie Sie reagieren, wenn Ihr Kind mit einem Problem zu Ihnen kommt. Für Eltern kann es schockierend oder beängstigend sein, wenn unsere Kinder von Online-Problemen erzählen. Man ist versucht, ihnen sofort zu sagen, was sie falsch gemacht haben, oder ihnen das Gerät wegzunehmen, um sie zu schützen. Eine gute erste Reaktion in dieser Situation ist jedoch zum Beispiel: "Vielen Dank, dass du mir das erzählt hast." So erhöhen Sie die Chance, dass Ihr Kind sich auch beim nächsten Mal an Sie wendet, wenn es online auf Probleme stößt.
3. Blicken Sie hinter die Technik
Schieben Sie nicht alles auf die mobilen Endgeräte oder Apps. Oft stecken auch andere Ursachen dahinter, warum ein Kind seine Geräte in einer bestimmten Weise nutzt. Wenn Ihr Teenager beispielsweise übermäßig viel Zeit in sozialen Medien verbringt und ständig seinen Feed – personalisiert ausgespielte Inhalte –aktualisiert, dann fragen Sie nach, was wirklich dahintersteckt. Vielleicht sorgt sich Ihr Kind, was andere von ihm denken. Oder es fühlt sich in der Schule oder unter Gleichaltrigen unsicher.

Die Freundinnen Daphne, Christy und Tina (sechs, fünf und sieben Jahre alt) schauen sich gemeinsam Zeichentrickfilme auf dem Smartphone von Christys Mutter an.
© UNICEF/UNI834072/HazimSetzen Sie für Ihre Familie passende Grenzen
4. Definieren Sie klare "Ja"- und "Nein"-Regeln
Mit "Ja"-Regeln legen Sie fest, was Ihr Kind tun soll: Wie verhält es sich online respektvoll? Was bedeutet es, verantwortungsvolle digitale Bürger*innen zu sein? Wie sieht ein gesunder Umgang mit Technik in Ihrer Familie aus?
„Nein“-Regeln dagegen sind Dinge, die Ihr Kind nicht tun soll, zum Beispiel andere Kinder online zu ärgern oder schikanieren. Dazu gehören auch Dinge, die Ihr Kind aus Sicherheitsgründen online nicht tun sollte, persönliche Daten preisgeben etwa.
Machen Sie Ihrem Kind klar, dass Fehler passieren dürfen und dass es in Ordnung ist, noch zu lernen. Ermutigen Sie es, offen mit Problemen zu Ihnen zu kommen, ohne Angst vor Strafen. Das schafft Vertrauen und hilft, den digitalen Alltag sicherer zu gestalten.
5. Schaffen Sie technikfreie Zonen
Setzen Sie als Familie klare Grenzen: Legen Sie technikfreie Tageszeiten oder Orte fest. Sie können auch eine feste Ablage für Geräte einrichten, wo sie während der technikfreien Phasen aufbewahrt werden – etwa eine "Dockingstation". Hilfreich ist es, wenn Sie Geräte am Abend zu einer abgesprochenen Zeit aus dem Kinderzimmer entfernen. Das fördert erholsamen Schlaf, den Bildschirme leicht stören können.
6. Legen Sie klare Regeln für Inhalte fest
Achten Sie darauf, dass Ihre Kinder nur altersgerechte Online-Inhalte nutzen. Sorgen Sie dafür, dass Kinder und Jugendliche vor dem Herunterladen neuer Apps oder dem Besuch neuer Plattformen um Erlaubnis fragen. Aktivieren Sie auch die verfügbaren Kindersicherungen wie Bildschirmzeitlimits, Inhaltsfilter oder Einschränkungen für In-App-Käufe.

Harshita Rawal (14 Jahre; hier mit ihrer Mutter) nimmt in Indien von Zuhause aus an einem Programm teil, bei dem sie im eigenen Tempo Kurse zu digitaler Produktivität und Finanzkompetenz absolvieren kann.
© UNICEF/UNI490389/Panjwani
Achten Sie auf die Gerätenutzung Ihres Kindes
7. Entdecken Sie gemeinsam neue Technologien
Erkunden Sie gemeinsam mit Ihrem Kind altersgerechte neue Apps und Technologien. Nehmen Sie sich Zeit dafür, zusammen etwas anzuschauen oder auszuprobieren – und sprechen Sie anschließend darüber. Ältere Kinder können Ihnen zeigen, was sie online tun: Welche Apps sie mögen, welche Themen sie interessieren und wie sie ihre Zeit im Netz verbringen.
8. Wissen, wann Zurückhaltung gefragt ist
Überlegen Sie, ob und wie Sie die Aktivitäten Ihres Kindes auf dem Gerät im Blick behalten, und informieren Sie Ihr Kind vorher darüber. Das gilt besonders für jüngere Kinder oder solche, die ein neues Gerät, etwa ein Smartphone, zum ersten Mal nutzen.
Mit zunehmendem Alter und mehr Erfahrung können Sie Ihrem Kind schrittweise mehr Freiraum geben, der seinem Entwicklungsstand entspricht. Behalten Sie jedoch im Auge, was es online macht, und bleiben Sie darüber mit Ihrem Kind im Austausch.

Derik Mazariegos (19) und Geovani Mendoza (21) machen auf dem Hauptplatz von Guatemala-Stadt ein Selfie. "Unsere Smartphones sind voller Selfies. Wir verbringen viel Zeit damit. Wir wissen, dass das Internet gefährlich sein kann, aber es ist auch ein Ort, an dem wir uns vernetzen können. Es kommt nur darauf an, das Handy richtig einzusetzen", weiß Derik Bescheid.
© UNICEF/UN0585528/WillocqSeien Sie ein Vorbild für Ihre Kinder, wenn es darum geht, gesunde digitale Gewohnheiten zu entwickeln
9. Handeln Sie als Team
Achten Sie bewusst darauf, wie oft und in welcher Weise Sie selbst digitale Geräte nutzen – das ist oft eine Herausforderung! Arbeiten Sie mit Ihren Kindern zusammen, um gesunde Gewohnheiten und klare Grenzen zu setzen. So vermeiden Sie die übliche „Ich gegen Du“-Haltung, die zwischen Eltern und Kindern entstehen kann. Sie schaffen stattdessen eine positive "Wir gegen die Herausforderungen dieser Technologien"-Dynamik in Ihrer Familie.
10. Spielen Sie gemeinsam
Nutzen Sie die Möglichkeiten der Technik, um mit Ihren Kindern Spaß zu haben. Probieren Sie Apps oder Spiele aus, die Sie zusammen spielen können. Schauen Sie sich Videos an, um neue Spielideen zu entdecken oder gemeinsame Interessen oder Hobbys zu fördern – sei es Kochen, Sport oder Musik.

Indonesien: Desy Ariyani hilft ihrer achtjährigen Tochter Jihan Aulia Talitha beim Lernen zu Hause.
© UNICEF/UNI389223/WilanderDr. Jacqueline Nesi ist Assistenzprofessorin in der Abteilung für Psychiatrie und menschliches Verhalten der Brown University. Seit mehreren Jahren erforscht sie die Rolle sozialer Medien für die psychische Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Sie ist Mutter und Autorin eines Eltern-Ratgeber-Newsletters sowie Mitbegründerin eines Kurses für Eltern, die ihre Kinder im digitalen Zeitalter großziehen.
** Der Blogartikel erschien im englischsprachigen Original unter https://www.unicef.org/parenting/child-care/healthy-digital-habits. Wir haben ihn für Sie übersetzt und redaktionell etwas angepasst. **

Susanne Nandelstädt arbeitet als Online-Redakteurin für UNICEF. Im Blog schreibt sie über UNICEF-Projekte weltweit.