UNICEF-Aktionen

Keine Zeit verlieren


von Christian Schneider

Manchmal werde ich gefragt, ob die Begegnung mit Not leidenden Kindern in Krisengebieten nicht erschütternd, ja unerträglich ist. Aber allen, die mich fragen, erzähle ich vor allem von einem Moment, der mich besonders ermutigt hat: Das war die kurze Begegnung mit den Kleinkindern in einer Station für die besonders schwer Mangelernährten im Flüchtlingslager Dadaab, Kenia. Denn da war spürbar, dass wir diese Kinder retten können, dass die einfache Therapie selbst dann wirkt, wenn es scheinbar keine Hoffnung mehr gibt.

Christian Schneider besucht ein Flüchtlingslager in Kenia.  ©UNICEF/Njuguna

Christian Schneider besucht ein Flüchtlingslager in Kenia.

© UNICEF/Njuguna

Genau darum geht es jetzt in der Sahelzone. UNICEF schlägt Alarm, um auf die Krise in acht Ländern der Region aufmerksam zu machen und eine Hungersnot, noch, abzuwenden. Unser deutscher Kollege Roland Kupka sagt uns, dass immer mehr stark unterernährte Kinder in den von UNICEF unterstützten Ernährungszentren eintreffen. Er erklärt, dass die alljährliche (!) Hungerperiode in der Sahelregion in diesem Jahr die Menschen früher und härter trifft. Kupka ist einer der Spezialisten, die mithelfen, dass UNICEF mit vielen Partnern bereits 700.000 Kinder mit therapeutischer Nahrung und medizinischer Hilfe versorgen kann. UNICEF hatte Monate zuvor gewarnt und mit den vorhandenen Mitteln, so gut es ging, die Hilfe verstärkt. Aber inzwischen ist die Zahl der geschwächten Kinder so groß, dass dringend mehr gebraucht wird. Deshalb bitten wir auch unsere Spender in Deutschland herzlich um Unterstützung.

Kind wird auf Mangelernährung untersucht. ©UNICEF/Asselin

Ein Kind in Niger wird auf Mangelernährung untersucht.

© UNICEF/Asselin


Wir werden nicht alle Kinder retten können, aber wir müssen es versuchen. Schon in Zeiten, die die Menschen im Sahel normal nennen müssen, stirbt eines von acht Kindern in den ersten fünf Lebensjahren. In einem Jahr sind es fast 1,9 Millionen. Heute wird in Genf der UNICEF-Exekutivdirektor Anthony Lake nach seiner Reise in die Krisenregion berichten, wie dringlich es ist, jetzt zu helfen und eine Katastrophe abzuwenden. Am Telefon aus dem Tschad beschrieb er uns sehr besorgt den Zustand der gerade aufgenommenen Kinder in den Ernährungsstationen, viele an der Schwelle zum Tod. UNICEF unterstützt allein im Tschad Hunderte solcher Einrichtungen. Es müsse wirklich schnell gehen, sagte Lake. Beeindruckt hat ihn bei alledem die Stärke, mit der sich die Menschen im Tschad gegen die Krise stemmen. Diese Menschen seien keine Opfer oder Objekte unseres Mitleids, sie brauchen unsere Hilfe im Kampf um das Überleben. Und um ihre Menschenwürde.

Afghanistan: UNICEF-Geschäftsführer mit Schülerinnen in einem Learning Center | © UNICEF
Autor*in Christian Schneider

Christian Schneider ist Vorsitzender der Geschäftsführung des Deutschen Komitees für UNICEF, ein Schwerpunkt der Arbeit ist seit Jahren die Situation von Kindern in Krisenregionen. Er hat Ethnologie, Politikwissenschaften und Publizistik studiert und war vor der Zeit bei UNICEF als Journalist für verschiedene Tageszeitungen tätig.