Interview Ursula Auginski_2

„Hätte jedes Kind die gleiche Sicherheit und die gleichen Chancen: Die Welt wäre rund um den Globus ein Ort des Friedens.“

Ursula Auginski leitet die UNICEF-Gruppe München und Oberbayern. Im Interview mit Svea Kemper vom UNICEF München-Medienteam spricht sie über Kinderrechte und Chancengleichheit, über ihre Arbeit und ihren Antrieb, sich für UNICEF zu engagieren.

Svea Kemper: Liebe Ursula, welche Ziele verfolgst du mit deiner Arbeit?

Ursula Auginski: Zuerst einmal bedanke ich mich für dein Interesse an meiner Arbeit für UNICEF, liebe Svea. Meine Ziele sind eng mit den Zielen von UNICEF verknüpft: Wo auch immer ich in der Welt um mich blicke, bei jedem Konflikt, in jeder Notlage sind Kinder immer diejenigen, die am meisten betroffen sind. Sie sterben an Hunger, leiden unter Verwahrlosung, erleiden Krankheiten, die unter anderen Bedingungen gar nicht erst entstehen würden. Sie bleiben ohne Bildung und somit ohne eine Möglichkeit, ihr Leben einmal eigenständig und besser gestalten zu können. Kinder benötigen am meisten Schutz und Hilfe. Ich unterstütze daher gemeinsam mit allen UNICEF-Engagierten die Ziele des internationalen Kinderhilfswerks, jedem Kind ein sicheres, gesundes, bildungsnahes und selbstverwirklichendes Leben zu ermöglichen. Ich setze mich ein für globale Chancengerechtigkeit auf Basis der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen.

Was beinhaltet die Kinderrechtskonvention und welche Rolle spielt UNICEF bei der Umsetzung dieser?

Die UN-Kinderrechtskonvention hat in 54 Artikeln die weltweiten Kinderrechte festgelegt. Das Werk verzeichnet Grundrechte wie das Recht auf Unversehrtheit, Gesundheit, medizinische Versorgung und eine intakte Umwelt. Das Recht auf einen Geburtsregistereintrag, das Recht auf Erziehung durch die eigenen Eltern. Das Recht auf Bildung, freie Selbstentfaltung, freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit. Außerdem das Recht auf Schutz vor Verfolgung zum Beispiel durch Rassismus oder in Kriegs- und Krisenlagen. Es lohnt sich, die Konvention einmal ganz durchzulesen. Fast alle Staaten haben die Konvention auch ratifiziert. Dennoch ist es noch ein gutes Stück Weg bis zur Umsetzung des guten Willens, bis zur Realisierung einer Absichtserklärung. Deshalb setzen wir uns mit Informations- und Spendenveranstaltungen dafür ein, dass in der Öffentlichkeit die Notwendigkeit der Verwirklichung der Kinderrechte immer bekannter wird.

Was fasziniert dich an der Arbeit für Kinder?

Die unmittelbare, direkte Art von Kindern, ihr Leben in der Gegenwart, ihre Fantasie, ihre Neugier, ihre Lernfähigkeit begeistern mich. Ich bewundere ihre grundsätzliche Hilfsbereitschaft und mitfühlende Art. Kinder sind ein Fingerzeig in die Zukunft. Kinder gestalten die Welt von morgen und so, wie wir sie heute darauf vorbereiten und unterstützen, so können sie Entsprechendes später einmal weitergeben, darauf aufbauen und weiterentwickeln. Bei uns in Deutschland genießen Kinder in der Regel elterliche Fürsorge, spielen mit Geschwistern und Freunden, besuchen die Schule, entscheiden sich frei für ein Studium, einen Beruf. Später wählen sie ihre Partner*innen frei, wählen frei und geheim die Regierung, nehmen Grundrechte wie Meinungs- und Religionsfreiheit wahr. Dabei mitwirken zu können, dass alle Kinder in den Genuss ihrer Grundrechte kommen und alle ihre Möglichkeiten und Potenziale ausschöpfen, das fasziniert mich an meiner Arbeit.

Ursula Auginski

Ursula Auginski leitet seit 2019 die UNICEF-Gruppe München-Oberbayern.

© UNICEF München

UNICEF stellt als internationales Kinderhilfswerk das Wohl aller Kinder in den Vordergrund. Beeinflusst die Verbesserung der Situation von Kindern die Welt von morgen?

Die Rechte der Kinder sind leider oft nur ein Privileg. Die globale UNICEF-Arbeit will Schutz und Gerechtigkeit für alle Kinder auf der Welt. Hätte jedes Kind die gleiche Sicherheit und die gleichen Chancen: Die Welt wäre rund um den Globus ein Ort des Friedens. Insofern ist die Arbeit für Kinder auch ein Politikum.

Was hat dich dazu bewogen, die AG-Leitung von UNICEF München und Oberbayern zu übernehmen?

Das unmittelbar sinnstiftende Engagement bei UNICEF bedeutet mir viel. Und als mir die ehrenamtliche Leitung der UNICEF-Gruppe München und Oberbayern angeboten wurde, habe ich nicht lange überlegt. Die Leitung von über einhundert Freiwilligen in unserer Gruppe ist eine verantwortungsvolle, herausfordernde und auch kreative Aufgabe, denn bei uns vereinen sich viele unterschiedliche Menschen jeder Altersgruppe und mit den unterschiedlichsten persönlichen Motivationen, sich für UNICEF zu engagieren. Nach einer eineinhalbjährigen Vakanz der Leitungs-Position war es wichtig geworden, in dieser sehr heterogenen Gruppe eine neue Stabilität zu verankern und gemeinsam mit den Ehrenamtlichen eine zukunftsfähige Ausrichtung zu definieren.

Du leitest jetzt seit etwas über einem Jahr die UNICEF-Gruppe München und Oberbayern, welche Veränderung hast du zuerst angestoßen?

Sehr schnell habe ich ein Campaigning-Team gegründet, das speziell an den Bedürfnissen und Möglichkeiten junger Berufstätiger im Vollzeit-Job orientiert ist. Es gab Interessenten, die in den anderen Teams nicht aktiv werden konnten und quasi „on hold“ auf ein Engagement bei uns warteten. Viele junge Berufstätige möchten sich entsprechend ihrer zeitlichen Ressourcen vorwiegend digital organisieren, bedienen sich zunehmend digitaler Organisations-Applikationen. Das neue Team entwickelt hochmotiviert innovative Kampagnen und Aktionsideen.

Mit UNICEF verbindet man den persönlichen Kontakt bei den Infoveranstaltungen und Spenden-Aktionen. Wie kann die Arbeit aktuell vor dem Hintergrund von Corona fortgeführt werden?

Wegen Corona ist das „analoge“ Engagement vor Ort wie bei Straßenaktionen oder Spendenevents noch etwas ausgebremst, aber digitale Alternativen sind auf dem Weg. So hat beispielsweise das Aktionsteam Kinderrechte eine digitale Schulstunde ausgearbeitet, die von UNICEF-Gruppen in anderen Städten Deutschlands übernommen wurde.

Was gehört zu deinen Aufgaben als UNICEF AG-Leitung und wie ist die UNICEF Gruppe in München und Oberbayern aufgestellt?

Die wachsende Digitalisierung der UNICEF-Arbeit hat besonders in 2020 durch die Corona-Krise hohe Priorität. Generell geht es aber bei meiner Aufgabe in erster Linie um den Zusammenhalt, den Teamspirit und die Organisation dieser großen UNICEF-Gruppe, um die Kommunikation und das Vermitteln von Informationen und Perspektiven. Wir sind als Großstadtgruppe allein in München in mehrere Teams aufgeteilt, darunter ein Juniorteam und eine Hochschulgruppe. Dazu kommen die saisonal Engagierten in der Vorweihnachtszeit für den UNICEF-Grußkartenverkauf. Außerdem zählen zu uns im Raum Oberbayern drei lokale Teams sowie ein weiteres Juniorteam und eine weitere Hochschulgruppe. Besonders in der Münchner Hochschulgruppe engagieren sich auch viele junge Menschen aus anderen Ländern. Die Engagierten sind selbstständig und verantwortungsbewusst in ihren Teams mit unterschiedlichen Schwerpunkten aktiv und es gilt für mich, alle Aktiven und Aktivitäten synergetisch zu koordinieren und gemeinschaftlich an der Zukunft unserer Gruppe zu bauen.

Hast du ein persönliches Vorbild?

UNICEF ist mit seinen humanitären Idealen und seiner globalen Infrastruktur perfekt für jemanden wie mich. Allein könnte ich gar nicht so viel bewegen. Zusammen mit den vielen Ehrenamtlichen, die sich für UNICEF engagieren, kommen wir gemeinsam unseren Zielen näher. Dieser Einsatz verbindet uns untereinander und miteinander, schafft Synergien und bereitet viel Freude. Ein einziges persönliches Vorbild, dem ich nacheifre, gibt es in diesem Sinne für mich also nicht. Ich glaube an die Kraft der Gemeinschaft und würde es eher so formulieren, wie es die Poetry Slamerin Julia Engelmann bei der Gestaltung einer unserer UNICEF-Grußkarten-Editionen beschrieben hat: „Lasst uns an uns selber glauben“. Diesen Aufruf möchte ich uneingeschränkt jedem Kind, jedem Menschen auf der Welt weitergeben: Glaubt an euch selber, ergreift jede Chance, um ein glücklicher Mensch zu werden, der sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen frei und selbstständig gestaltet.

Vielen Dank für das Gespräch, Ursula!