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UNICEF im jüngsten Land der Welt: Südsudan


von Beatrix Hell

Es ist spannend, aus erster Hand zu erfahren, wie die Arbeit für UNICEF in einem neuen Staat aussieht! Yasmin Haque, Leiterin von UNICEF in Südsudan, war in Köln und hat von ihrer nicht immer leichten Aufgabe berichtet. Yasmin ist Ärztin und hat schon in einigen Ländern für UNICEF gearbeitet: in ihrer Heimat Bangladesch, in Sri Lanka, Ghana und jetzt in Südsudan.

Dr. Yasmin Haque in Köln. ©UNICEF

Dr. Yasmin Haque in Köln.

© UNICEF

Mit Enthusiasmus erzählt sie von Afrika, zeigt Fotos von lachenden Kindern, einfachen strohgedeckten Hütten, Schotterstraßen und den typischen Langhornrindern. Sie sind der wichtigste Besitz und zugleich Zahlungsmittel für die Nomaden. Selbst der Wert einer heiratsfähigen Frau wird in Rindern bemessen: Je größer und attraktiver die Frau ist, desto mehr Rinder sind als Brautpreis fällig.

Immer wieder bestätigt die Kollegin all das, was auch ich am afrikanischen Kontinent so liebe: die Farben, die Gerüche, die Geräusche, die Fröhlichkeit und vor allem das Lachen und die Hilfsbereitschaft der Menschen. Um uns einen noch besseren Eindruck zu geben, wäre Yasmin Haque gerne in afrikanischer Kleidung gekommen – schade, dafür war es in Deutschland leider zu kalt.

Hilfe ist dringend nötig

In Südsudan steht UNICEF vor großen Herausforderungen. Die jüngste Nation der Welt wurde am 9. Juli 2011 gegründet und ist damit gerade mal ein halbes Jahr alt. So groß die Freude über die Unabhängigkeit bei der Bevölkerung auch ist, so sehr sind die Menschen weiter auf Hilfe von außen angewiesen. Das Land muss von Grund auf wieder aufgebaut werden – das macht Yasmin Haque deutlich.

Südsudan gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Mehr als die Hälfte der Südsudanesen leben unterhalb der Armutsgrenze und haben nicht genug zu essen. Die wirtschaftliche Situation ist nach dem jahrelangen Bürgerkrieg sehr schwierig. Immer wieder flammen ethnische Kämpfe auf – trotz des offiziellen Friedensschlusses. Während der langen Auseinandersetzungen wurden viele Felder nicht bestellt, die Ernten fielen gering aus. Weit über 350.000 Flüchtlinge sind aus Nordsudan zurückgekehrt und brauchen einen Platz zum Leben und ein Auskommen. Hinzu kommen noch die vielen Inlandsvertriebenen. Es gibt kaum Straßen; die wenigen Schotterpisten versinken in der Regenzeit im Schlamm und sind unbefahrbar.

Auch an ausgebildeten Kräften mangelt es: Beispielsweise stehen landesweit gerade mal zwölf Hebammen für die neun Millionen Einwohner zur Verfügung. Nur 30 Prozent der Südsudanesen können lesen und schreiben, bei Frauen liegt die Alphabetisierungsrate sogar nur bei zehn Prozent. Unter diesen Voraussetzungen ist es eine riesige Herausforderung, Fachkräfte auszubilden.

Typische strohgedeckte Hütte. ©UNICEF

Typische strohgedeckte Hütte.

© UNICEF

Die Probleme fasst Yasmin Haque so zusammen: Südsudan ist für Kinder einer der gefährlichsten Orte der Erde. Jedes siebte Kind stirbt vor seinem fünften Geburtstag. Nur eins von fünf Kindern beendet die Grundschule. 94 Prozent der Mädchen und Jungen sind nicht ausreichend geimpft, 70 Prozent der Bevölkerung weiß nichts über die Risiken durch unsauberes Wasser. 40 Prozent aller Mädchen werden schon als Minderjährige verheiratet. Es gibt zwei Millionen junger Menschen zwischen 14 und 25 Jahre. Die überwiegende Mehrheit geht nicht zur Schule.

Kinderrechte verwirklichen

Dennoch hat der Frieden für die Kinder auch schon viel gebracht: Die Kindersterblichkeit ist seit dem Friedensschluss deutlich gesunken. 1,6 Millionen mehr Kinder wurden 2011 eingeschult. Aber zwei Millionen besuchen noch immer keine Schule. UNICEF hat auch mitgeholfen, dass 3.000 Kindersoldaten aus den bewaffneten Truppen entlassen wurden und Hilfe bekommen.

Jetzt nach der Unabhängigkeit setzt UNICEF verstärkt alles daran, den Kindern wirksam zu helfen. Hier wenige Beispiele:

  • UNICEF bohrt in den Gemeinden Brunnen und hilft, Latrinen zu bauen
  • UNICEF bildet Lehrer aus und verbessert so die Qualität des Schulunterrichts
  • UNICEF setzt sich für die Registrierung aller Kinder bei der Geburt ein, damit sie zur Schule gehen oder einen Arzt aufsuchen können.
  • UNICEF hilft von HIV/Aids betroffenen Kindern
  • UNICEF versucht, Hilfsgüter lokal herstellen zu lassen.

Für die Kollegen vor Ort ist Juba, die Hauptstadt der neuen Nation, keine Stadt, in der es Zerstreuung und Abwechslung gibt. Die Arbeit für Kinder steht für alle im Vordergrund. Viele Mitarbeiter leben in containerähnlichen Wohnblocks. Dennoch sieht Yasmin Haque es als Privileg, hier arbeiten zu dürfen. Herzlichen Dank, Yasmin, für Dein Engagement und die spannenden Einblicke!

Beatrix Hell
Autor*in Beatrix Hell

Beatrix Hell berichtet über Neues aus den Projektländern.