Justin Jin, China/Belgien
China: Hochleistungskinder
Für Jahrzehnte hat der chinesische Staat die Ein-Kind-Politik propagiert, um Bevölkerungswachstum und Armut einzudämmen. Als klar wurde, dass dies zu einer Überalterung der Gesellschaft führen würde, überdies zu einem Frauenmangel (weil vor allem weibliche Embryonen abgetrieben wurden), kam die Wende: Seit 2021 heißt es nun, möglichst drei Kinder sollte jedes Ehepaar haben. Nur: Speziell die neue chinesische Mittelklasse möchte nun gar nicht unbedingt mehr als ein Kind. Mindestens im urbanen Aufsteiger-Milieu sind dafür zwei Trends verantwortlich: die Priorisierung beruflicher Karrieren und die hohen Kosten einer Kinderbetreuung, wie sie von ehrgeizigen Eltern von der Geburt eines Babys an angestrebt wird.
Der in Hongkong geborene Fotograf Justin Jin dokumentiert diesen Wandel, fokussiert auf die Städte: auf die luxuriöse Betreuung Neugeborener durch professionelle Nannys, weil die Mütter möglichst schnell aus dem Wochenbett in den Beruf zurückwollen. Auf den Wettbewerb von Eltern, ihre Kinder auch auf außerschulischen Feldern glänzen zu lassen. Oder auch jene Paare in gehobenen Positionen, denen Kinder generell zu teuer wären. Und die lieber Hunde als Kinder wollen. Kindheit in China: Auf dem Land sieht sie sicher noch ganz anders aus. In den Metropolen steht sie zunehmend unter Kontrolle neuer Normen; Hochleistungskinder sind erwünscht.
Der Fotograf: Justin Jin, China / Belgien
Justin Jin, Jahrgang 1974, hat Philosophie und Sozialwissenschaften an der Cambridge University studiert und startete seine Berufskarriere in London und als Peking-Korrespondent für die Agentur Reuters, bevor er als freier Fotograf und Autor begann, für internationale Medien wie New York Times, National Geographic und GEO zu arbeiten.
Jin, der heute in Brüssel lebt, wurde mehrfach ausgezeichnet; seine Foto-Reportagen waren unter anderem im Rijksmuseum Amsterdam und beim Visa Pour l’Image Festival in Frankreich zu sehen.