Mädchenbeschneidung in Uganda: Ein Mädchen schaut unter ihrem Kopftuch hervor

Gemeinsam gegen weibliche Genitalverstümmelung

200 Millionen Mädchen und Frauen weltweit leiden an den Folgen weiblicher Genitalverstümmelung. Einer brutalen Praktik mit oft lebenslangen, gravierenden Auswirkungen. Wir von UNICEF setzen uns dafür ein, Mädchen vor diesem Leid zu schützen.

Auf dieser Seite geben wir fundierte Hintergrundinformationen zum Thema und zeigen, wie Sie mit UNICEF konkret etwas dazu beitragen können, die Praktik zu beenden. Zudem finden Sie eine Liste mit Anlaufstellen für Betroffene sowie ein aufrüttelndes Video zu dem Thema.

FGM im Sudan: Eine Freiwillige klärt eine junge Mutter über Mädchenbeschneidung auf

Dieses kleine Mädchen im Sudan soll niemals beschnitten werden! Eine Freiwillige erklärt seiner Mutter und Großmutter, welche schrecklichen Folgen weibliche Genitalverstümmelung haben kann.

© UNICEF/UNI166471/Noorani
InfoWarum sprechen wir nicht mehr von "Mädchenbeschneidung"?


Bis vor einigen Jahren war der Begriff "Mädchenbeschneidung" geläufig und findet sich deshalb oft noch in älteren Texten. Inzwischen hat sich international die Einschätzung durchgesetzt, dass der Begriff zu verharmlosend klingt und daher nicht angemessen ist.

Seitdem verwenden auch wir von UNICEF den etwas sperrigeren, aber korrekten Begriff "weibliche Genitalverstümmelung" (Englisch: Female Genital Mutilation, kurz FGM). Denn es geht um eine brutale und diskriminierende Praxis, die gravierende Folgen für das Leben und die Gesundheit von Mädchen und Frauen hat.

Weibliche Genitalverstümmelung hat gravierende Folgen

Als weibliche Genitalverstümmelung werden alle Praktiken bezeichnet, bei denen die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane aus nicht medizinischen Gründen teilweise oder vollständig entfernt beziehungsweise verletzt werden. Im Englischen spricht man von "Female Genital Mutilation", kurz FGM.

Äthiopien: Magfira hat ihre Freundin Mekiya vor der Beschneidung bewahrt

Magfira (links) und Mekiya sind beste Freundinnen. Als Magfira hörte, dass Mekiya beschnitten werden soll, alarmierte sie die Behörden. Mekiya sagt, ihre beste Freundin habe sie gerettet.

© UNICEF/UN0410885/Ayene

Im schlimmsten Fall führt die Genitalverstümmelung innerhalb weniger Stunden oder Tage zum Tod des Mädchens. Andere Frauen leiden ihr Leben lang unter häufig auftretenden Infektionen und Schmerzen, zum Beispiel durch Narbenbildung und Fisteln, sowie Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt oder auch Unfruchtbarkeit. Zudem ist die Verstümmelung für die Mädchen oft ein traumatisches Erlebnis, das sie ihr Leben lang verfolgt.

Fragen und Antworten

Allgemeine Fragen

Weltweit sind mindestens 200 Millionen Mädchen und Frauen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen – mehr als die Hälfte von ihnen lebt in Ägypten, Äthiopien und Indonesien. Diese Zahl bezieht sich auf 31 Länder, aus denen repräsentative Zahlen vorliegen. Die Dunkelziffer liegt jedoch wahrscheinlich deutlich höher.

Mehr als vier Millionen Mädchen weltweit sind jährlich von Genitalverstümmelung bedroht.

Obwohl die weibliche Genitalverstümmelung weltweit als Menschenrechtsverletzung anerkannt ist, sind bis 2030 rund 68 Millionen Mädchen der Gefahr ausgesetzt.

Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen schätzt, dass infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie die Zahl der weltweit gefährdeten Mädchen in den kommenden zehn Jahren um weitere zwei Millionen steigen wird.

Die Begründungen sind vielschichtig und komplex.

Manche Gemeinden befürworten die weibliche Genitalverstümmelung als Mittel zur Kontrolle der Sexualität von Mädchen, zur Wahrung ihrer Keuschheit oder als Voraussetzung für eine Ehe.

Meist liegen der Praxis tief verankerte traditionelle Überzeugungen zugrunde. So gelten Mädchen und Frauen, die nicht beschnitten sind, in vielen Dörfern als unrein. Eltern fürchten, dass ihre Töchter ausgegrenzt werden könnten und sie nicht heiratsfähig seien. Besonders verbreitet sind diese Vorstellungen in abgelegenen Gebieten, wo viele Mädchen nicht zur Schule gehen.

Die Einschätzung, die Beschneidung sei ein religiöses Gebot, ist weit verbreitet, stimmt jedoch nicht. Keine Religion weltweit empfiehlt die weibliche Verstümmelung.

Die weibliche Genitalverstümmelung ist vor allem in westlichen, östlichen und nordöstlichen Regionen Afrikas, in einigen Ländern Asiens sowie im Nahen Osten verbreitet. Insbesondere Länder wie Somalia, Guinea und Djibouti weisen Raten auf – dort sind mehr als 90 Prozent der Mädchen betroffen.

Aber auch in Europa und Lateinamerika ist die Praktik präsent.

Hinweis: Der folgende Text thematisiert explizit Gewalt an Frauen. Wenn Sie / wenn du darauf sensibel reagierst, lesen Sie / lies bitte nicht weiter.


Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet die folgenden vier Typen:

  • Typ I: Die Klitoris und / oder die Klitorisvorhaut werden teilweise oder komplett entfernt.
  • Typ II: Die Klitoris und die kleinen Schamlippen werden teilweise oder vollständig entfernt. Die großen Schamlippen bleiben erhalten.
  • Typ III: Wird Infibulation genannt. Zunächst werden die äußeren weiblichen Geschlechtsteile teilweise oder vollständig entfernt. Danach wird die Vaginalöffnung verengt. Dazu wird ein bedeckender, narbiger Hautverschluss erzeugt durch das Zusammenheften oder -nähen der Wundränder.
  • Typ IV: Unter Typ IV zählt die WHO alle anderen schädigenden Eingriffe, die die weiblichen Genitalien verletzen und keinem medizinischen Zweck dienen, zum Beispiel: Ritzen, Einschneiden, Stechen im Genitalbereich.

Der Eingriff findet meistens unter katastrophalen hygienischen Bedingungen und ohne Betäubung statt.

Typ I und II treten am häufigsten auf, dies ist je nach Land unterschiedlich. Typ III, die Infibulation, tritt bei etwa 10 Prozent aller betroffenen Frauen auf, am häufigsten in Somalia, im Sudan und in Dschibuti.

Das von UNICEF veröffentlichte Video thematisiert nacheinander alle vier Typen.

Die körperlichen und psychischen Folgen sind schwerwiegend und können im schlimmsten Fall zum Tod führen. Die Praktik ist schmerzvoll und findet häufig unter katastrophalen hygienischen Bedingungen und ohne Betäubung statt.

Zu den unmittelbaren Komplikationen zählen starke Schmerzen, Schock, Blutverlust, Wundbrand, Tetanus oder Infektionen. Viele Frauen leiden ihr Leben lang unter häufig auftretenden Infektionen und Schmerzen, zum Beispiel durch Narbenbildung und Fisteln, sowie Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt oder auch Unfruchtbarkeit. Zudem ist die Verstümmelung für die Mädchen oft ein traumatisches Erlebnis, das sie ihr Leben lang verfolgt.


Eine Untersuchung, die die damalige Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey im Juni 2020 vorgestellt hat, nennt die Zahl von 66.707 Frauen in Deutschland, die eine Genitalverstümmelung erlebt haben. Damit sei die Zahl in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen.

Es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.

Zur Rechtslage weltweit: Bei der weiblichen Genitalverstümmelung handelt es sich um eine schwere Verletzung der Menschenrechte und einen schweren Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention, etwa des Rechts auf Gesundheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit.

Auch in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ist die Beendigung von schädlichen Praktiken wie FGM sowie Früh-, Kinder- und Zwangsheirat verankert (Ziel 5.3).

Zur Rechtslage in Deutschland: Neben zahlreichen Konventionen und Resolutionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union wird die Verstümmelung weiblicher Genitalien hierzulande seit September 2013 als eigener Straftatbestand gemäß § 226 a Strafgesetzbuch (StGB) eingestuft und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Hilfe für Betroffene

Bundesweites Hilfetelefon

Das bundesweite Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" ist unter der kostenlosen Nummer 08000 - 116 016 erreichbar. Neben den betroffenen Frauen können sich auch Angehörige, Freund*innen und Menschen aus dem sozialen Umfeld sowie Fachkräfte an das Hilfetelefon wenden. Das Angebot ist barrierefrei, anonym und mehrsprachig und steht rund um die Uhr zur Verfügung.

stop mutilation e.V.

Der Verein setzt sich gegen die Genitalverstümmelung bei Mädchen in Europa und Afrika ein. In der Beratungsstelle in Düsseldorf finden betroffene Mädchen und Frauen Hilfe bei gesundheitlichen, kulturellen und rechtlichen Fragen. Zudem hilft der Verein, wenn ein Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung bedroht ist.

Desert Flower Center Waldfriede

Das Desert Flower Center im Krankenhaus Waldfriede in Berlin bietet Beratung, psychosoziale Betreuung und medizinische Hilfe. Es gibt eine offene Sprechstunde und eine Selbsthilfegruppe. Hier können Sie / kannst du anonym Kontakt aufnehmen.

Terre des Femmes

Terre des Femmes – Menschenrechte für die Frau e.V. hat eine Kontaktliste zusammengestellt. Sie enthält für jedes Bundesland Ansprechpartner*innen zu medizinischen, juristischen und sozialen Fragen zum Thema.

Netzwerk Integra

Im Netzwerk Integra haben sich 33 Organisationen zusammengeschlossen, die sich bundes- und weltweit für die Abschaffung weiblicher Genitalverstümmelung engagieren. Ziel des Netzwerkes ist es insbesondere, Informationen auszutauschen und die Öffentlichkeit aufzuklären.

Welche medizinischen Möglichkeiten es gibt, ist individuell und muss mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden. Betroffene, die sich beraten lassen möchten, können hier einen Gesprächstermin mit Dr. Cornelia Strunz vom Desert Flower Center Waldfriede vereinbaren.

Laut Dr. Strunz ist in vielen Fällen eine Rekonstruktion möglich mit dem Ziel, dass "die Frauen sich in ihrer Haut wieder wohlfühlen". Mehr zu dem Thema steht auch in dem Buch "Female Genital Mutilation. Medizinische Beratung und Therapie genitalverstümmelter Mädchen und Frauen", das im De Gruyter Verlag erschien und dessen Mitherausgeberin Strunz ist.

So können Sie mit UNICEF helfen

Wir setzen uns für die Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung ein und unterstützen Länder dabei, entsprechende Gesetze und Richtlinien zu erarbeiten und umzusetzen.

Darüber hinaus leisten wir vor Ort Aufklärungsarbeit, etwa in Schulen und Gemeinden. Dabei sprechen wir von Jugendlichen über Eltern bis zu Dorfältesten alle Generationen an.

Eine Geschichte, die Hoffnung macht

Sehen Sie in der Bildergalerie die Geschichte eines 15-jährigen Mädchens in Uganda, das verheiratet und genitalverstümmelt werden sollte und den Mut hatte, Hilfe zu suchen:

Mädchenbeschneidung in Uganda: Ein Mädchen hält ein Tuch über seinen Kopf

Bild 1 von 6 | Sie war erst 15, als ihr Vater entschied, dass es Zeit für sie sei zu heiraten. So ist es üblich in der Kultur der Pokot in Uganda.

© UNICEF/UNI377866/Bongyereirwe
Mädchenbeschneidung in Uganda: Ein Mädchen zeichnet

Bild 2 von 6 | Wenn die Mädchen verheiratet werden, werden sie oft auch genitalverstümmelt. Die Praktik gilt als Übergangsritual vom Mädchen zur Ehefrau.

© UNICEF/UNI380647/Bongyereirwe
Mädchenbeschneidung in Uganda: Ein Mädchen sitzt auf dem Boden

Bild 3 von 6 | Doch dieses Mädchen, dessen Namen wir zu seinem Schutz nicht nennen, verbündete sich mit sechs weiteren Mädchen und ging zur Polizei.

© UNICEF/UNI377768/Bongyereirwe
Mädchenbeschneidung in Uganda: Mädchen schauen auf einen Laptop

Bild 4 von 6 | Die Polizei stellte den Kontakt zu UNICEF her. Speziell ausgebildete Mitarbeiter*innen unterstützten die Jugendliche. Heute geht sie wieder zur Schule, wo sie unter anderem auch über ihren Körper und die Folgen der Genitalverstümmelung aufgeklärt wird.

© UNICEF/UNI381414/Bongyereirwe
Mädchenbeschneidung in Uganda: Ein Mädchen geht mit ihrem Vater weg

Bild 5 von 6 | UNICEF sprach außerdem mit ihrem Vater. Er schloss mit seiner Tochter eine Vereinbarung: Sie muss vorerst nicht heiraten, sondern soll die Schule beenden.

© UNICEF/UNI377138/Bongyereirwe
Mädchenbeschneidung in Uganda: UNICEF-Helferin im Gespräch mit Jugendlichen

Bild 6 von 6 | Wir von UNICEF treten dafür ein, so viele Mädchen wie möglich vor der Genitalverstümmelung zu schützen.

© UNICEF/UNI377890/Bongyereirwe

Die Geschichte der 15-Jährigen und ihres Vaters zeigt, dass Aufklärung zu einem Umdenken führen kann. Deshalb setzen wir von UNICEF im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung vor allem auf Bildung. Hier stellen wir ein Hilfsprojekt aus Gambia vor und zeigen, wie Sie helfen können:

Mädchen schützen in Gambia
UNICEF tritt in Dialog mit Jugendlichen, jungen Paaren und Dorfältesten, um ein Umdenken zu bewirken.

Ein Video macht einen abstrakten Begriff spürbar

Engagierte Studierende an der Kunsthochschule für Medien in Köln haben in einem Seminar ein bewusst aufrüttelndes Video entwickelt, um Aufmerksamkeit auf die Praktik zu lenken. Der Spot von Hannah-Lisa Paul für UNICEF, mit Worten und Stimme der selbst betroffenen Aktivistin Sara Aduse spricht die Vorstellungskraft der Betrachter*innen an. Er soll ein Gefühl dafür vermitteln, was das für viele nicht-betroffene Menschen abstrakte Wort "Genitalverstümmelung" bedeutet.

Wir haben uns entschlossen, das Video zu veröffentlichen und möchten so dazu beitragen, das Tabu um FGM zu brechen.

Weibliche Genitalverstümmelung ist eine schwere Kinder- und Menschenrechtsverletzung. Die Weltgemeinschaft hat sich mit der Agenda 2030 das Ziel gesetzt, sie zu beenden. Wir alle sind Teil dieser Gemeinschaft. Deshalb ist es wichtig, so viele Menschen wie möglich zu informieren und zu sensibilisieren. So können wir gemeinsam dazu beitragen, Mädchen zu schützen.

Die Menschen hinter dem Video

Das findet auch Sara Aduse. Sie stammt aus Äthiopien und wurde selbst beschnitten. Im Video hören Sie ihre Stimme. Im Interview berichtet sie, was ihr dabei geholfen hat, heute so stark über ihre Erfahrungen sprechen zu können. Und sie hat einen klaren Appell: "Es ist an der Zeit, dieses Ritual in die Geschichtsbücher zu verabschieden. Weil es grauenvoll, traumatisierend und schmerzhaft ist."

Sara Aduse, Aktivistin gegen FGM / C
© Sara Aduse

Das Video entstand in Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule für Medien in Köln. Lesen Sie hier im Interview mit Regisseurin Hannah-Lisa Paul, warum sie den Spot mit der Grapefruit gedreht hat.

Gemeinsam schaffen wir Aufmerksamkeit: Teilen Sie das Video

"Wenn wir auch nur ein Mädchen vor der Beschneidung bewahren können, hat es sich gelohnt", sagt Hannah-Lisa Paul, Regisseurin des aufrüttelnden Videos. Lassen Sie uns das Wissen über das häufig tabuisierte Thema weibliche Genitalverstümmelung vergrößern. So können wir gemeinsam Mädchen schützen.

Helfen Sie mit, Aufmerksamkeit zu schaffen und aufzurütteln. Teilen Sie das Video. Vielen Dank!

Mädchenbeschneidung in Ägypten: Zwei junge Frauen lächeln in die Kamera
© UNICEF/UN0199030/Noorani