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Modern Slavery

Filmreihe #2030: Der Tatort „Manila“ zum Thema Kinderhandel

Am 6. Oktober zeigte die Filmreihe #2030 im Delphi LUX den Tatort „Manila“ zum Thema Kinderhandel. Ein anschließendes Publikumsgespräch mit Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger, Judith Siller, Geschäftsführerin vom Weltladen A Janela, und Ann-Katrin Fahrenkamp, Leiterin von UNICEF Berlin, machte deutlich, dass das Thema nicht an Aktualität verloren hat.

Jeden ersten Freitag im Monat präsentiert die Veranstaltungsreihe #2030 einen Film zu den Zielen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Diese Agenda wurde 2015 von allen Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie soll die Grundlage dafür schaffen, den weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und unter Berücksichtigung ökologischer Grenzen zu gestalten.

Am Freitag, den 6. Oktober, zeigte die Filmreihe den Tatort „Manila“ von 1998. Bei einer Ringfahndung auf einer Kölner Autobahn wird ein kleiner asiatischer Junge entdeckt, der aus einem Auto geflüchtet ist. Ängstlich guckt er um sich herum, nickt schüchternd bei Fragen, redet kaum. „I want to go home” sind die ersten Wörter, die das Kind erschöpft flüstert. Bei den Ermittlungen stellt sich heraus, dass der Junge Teil eines interkontinentalen Kinderhandel-Netzwerks ist und sexuell missbraucht wurde. Der Fall führt die Kommissare Max Ballauf und Freddy Schenk auf die Spur des Kinderhändlers und schließlich bis nach Manila, der Hauptstadt der Philippinen. Ein Tatort zu einem Thema, das beklemmt – und in unserem Alltag oft verdrängt wird.

Wie Ann-Katrin Fahrenkamp von UNICEF Berlin im Anschluß an den Film deutlich machte, ist das Problem des Kinderhandels jedoch immer noch so aktuell wie vor 20 Jahren, als der Tatort gedreht worden ist. “Zwar sind in den letzten zwanzig Jahren verschiedene UN-Abkommen und eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschen- und Kinderhandels zustande gekommen, doch Millionen von Menschen, davon 25 % Kinder, sind nach der neuesten ILO-Studie weiterhin Opfer dieses grausamen Verbrechens”, führt Frau Fahrenkamp aus. “Die EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels hat Deutschland dabei erst genau vor einem Jahr umgesetzt: das entsprechende Strafgesetz (§ 232 StGB) trat am 15. Oktober 2016 in Kraft.”

Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie sind riesige Märkte mit enormen Gewinnspannen. Laut ILO wurden z.B. im Jahr 2012 etwa 32 Milliarden US-Dollar durch Menschenhandel umgesetzt. Die Zahlen der UN-Studie über Gewalt gegen Kinder zufolge werden weltweit 1,8 Millionen Kinder pro Jahr zur Prostitution und Pornografie gezwungen und 1,2 Millionen Kinder wie Ware verkauft – viele von ihnen für sexuelle Zwecke. “Weltweit sind 72 % der Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung Frauen und Mädchen”, berichtet Frau Fahrenkamp, “und in Deutschland machen diese sogar 96% der Opfer aus. 76% werden aus dem Ausland hierher verschleppt, besonders aus Osteuropa, während ein Viertel Deutsche sind.”

Not in Kriegs- und Krisengebieten und extreme Armut machen es kriminellen Banden leicht, neue Opfer zu finden. Sie bedienen die große Nachfrage nach billigen Arbeitskräften und nach „sexuellen Dienstleistungen“. “Die ILO”, so Frau Fahrenkamp, “bezeichnet Kinderhandel deshalb als "modern slavery" - als Sklaverei von heute. Kinder werden häufig eingesperrt oder sogar angekettet und können schwer fliehen”. Der Kampf dagegen muss auf verschiedenen Ebenen geführt werden – mit polizeilichen, rechtlichen und politischen Mitteln. Die Opfer brauchen besonderen Schutz und Unterstützung.


Um die tiefer liegenden Ursachen anzugehen, setzt UNICEF in seiner Programmarbeit vor allem auf Prävention mit Bildungs-, Aufklärungs- bzw. Kinderschutzprogrammen, aber versorgt selbstverständlich auch die betroffenen Opfer. “So errichtet UNICEF weltweit Zentren für medizinische und psychische Hilfe, stellt Schulmaterial und Betreuer oder Rechtsanwälte zur Verfügung, schult Polizisten für Frauen- und Kinderschutz und setzt sich für Verschärfungen der Gesetze ein”, schildert Frau Fahrenkamp. “UNICEF fordert und unterstützt außerdem eine Vernetzung der Behörden und NGOs, der Wirtschaft und religiösen Gemeinschaften”. Ein Frau aus dem Publikum fragt: “Was kann ich persönlich denn gegen Kinderhandel tun? Hier in Deutschland?”. Die Antwort der Leiterin von UNICEF Berlin ist klar: “Kommen Sie zu UNICEF und unterstützen Sie unsere Informations- und Spendenarbeit für die weltweiten Hilfsprogramme”.

Zur Bekämpfung von Kinderhandel und Ausbeutung gehört, insbesondere in der westlichen Welt, auch der faire Handel von Produkten, wie ihn Frau Siller von A Janela in Wilmersdorf betreibt bzw. Charlottenburg-Wilmersdorf als erste "FairTrade-Town" in Berlin. Denn in vielen Produkten, die alltäglich konsumiert werden, steckt Kinderarbeit. 150 Millionen Kinder sind weltweit in Kinderarbeit involviert, beispielsweise bei Produkten wie Kleidung, Kakao und Baumwolle. Viel Verantwortung tragen Handelsketten, die oft zu wenig Fairtrade-Produkte anbieten oder diese nicht deutlich positionieren, aber auch der Konsument, der mit einem bewussten Einkaufsverhalten viel zur Verbesserung der Situation beitragen kann. "Fairtrade-Produkte sind zwar teurer als die Produkte des Massenkonsums, aber für den Großteil unserer Gesellschaft durchaus erschwinglich: sie erfordern nur das Bewusstsein, wieviel Schmerz und Blut in anderen Lebensmitteln oder Kleidungsstücken steckt und ein anderes - sprich:moderateres - Konsumverhalten", stellt Frau Fahrenkamp klar."Der Massenkonsum verschmutzt überdies unsere Umwelt und ist nicht nachhaltig". FairTrade-Produkte bieten die Möglichkeit, Familien vor Armut zu schützen und Kindern eine Perspektive zu geben. Durch den fairen Handel und verantwortungsbewußten Konsum kann die Not gemindert und Kinderarbeit und Kinderausbeutung vorgebeugt werden.

Vera Cramer und Ina Georgieva


Weitere Informationen finden Sie hier:

UNICEF gegen Kinderhandel

UNICEF Berlin und Greenpeace gegen Kinderarbeit

Faires Berlin

Weltläden in Berlin (darunter auch A Janela)