Fotoreportagen

Was für ein Theater!


von Kristina Müller

Ein sandiger Platz in einem kleinen Dorf im Norden Burundis. Viele Menschen haben sich bereits zusammengefunden und warten gespannt darauf, was gleich kommt. Ich auch.

Zusammen mit der UNICEF-Mitarbeiterin Rose mische ich mich unter die Menge, die langsam einen Kreis bildet. Plötzlich springen einige Erwachsene und Jugendliche in die Mitte und beginnen zu tanzen und zu singen. „Das ist die Gruppe der Schauspieler. Sie kündigen die Vorstellung an“, raunt mir Rose ins Ohr. Und es wirkt! Kinder, Frauen und Männer kommen aus allen Richtungen herbei. Unser Begleiter Alberto, Mitglied der Schauspielervereinigung Tubiyage („Lass uns sprechen!“), hat plötzlich ein Megaphon in der Hand. Der Platz in der Mitte wird freigemacht. Es geht los, das interaktive Theater in Tangara!

Von Krankheiten und Zauberkräften

Alice (links) ist 12 Jahre und spielt gerne Theater – wie hier in einem Stück zum Thema Hygiene.Ein Mädchen und eine junge Frau rennen in den Kreis. Sie kratzen sich wie wild am ganzen Körper und die Menge bricht in Gelächter aus. Ich verstehe zwar kein Kirundi, aber es wird auch so deutlich, dass es um das Thema Hygiene geht.

Heute treten zwei Gruppen auf. Die Nachwuchstruppe führt Szenen zu Körperhygiene und Händewaschen auf. Fragen zu Kindergesundheit und Schwangerschaft werden von erwachsenen Schauspielern dargestellt. Ich bin mindestens genauso begeistert und gebannt von den kleinen Theaterstücken wie die Menge um mich herum. Es ist eine lebendige, dynamische Atmosphäre – selbst der plötzliche Regen ändert daran nichts.

Burundi Kinder Theater UNICEF
© UNICEF/Kristina Müller

Gemeinsam mit dem Publikum werden nach jeder Aufführung die einzelnen Rollen besprochen. „Was gab es hier für ein Problem? Was ratet ihr den Personen?“, richtet Moderator Alberto die Frage an alle. Die Zuschauer kommentieren. Und auch die Schauspieler erklären nochmal ihre Botschaften.

Die erwachsenen Schauspieler thematisieren das Thema Schwangerschaft. Die weiß geschminkte, mit einer Rassel hantierende „Heilerin“ aus dem nächsten Stück löst laute Rufe, Lachen und skeptische Kinderblicke aus. Beschwörend rät sie der schwangeren Frau, sich nicht von einem Arzt untersuchen zu lassen. Eine Dorfnachbarin hingegen überzeugt die werdende Mutter, dass Vorsorgeuntersuchungen in einer Gesundheitsstation für sie und ihr ungeborenes Kind wichtig sind.

Veränderungen anstoßen

„Hier gibt es keine Fernseher, da ist so eine Vorstellung wie heute etwas Besonderes. Wir erreichen sehr viele Menschen – sie haben Spaß und setzen sich gleichzeitig mit Problemen aus ihrem Alltag auseinander“, erklärt mir Schauspieler Alberto die Bedeutung des interaktiven Theaters. „Und gerade für die Kinder und Jugendlichen ist es eine Chance, sich in ihrer Gemeinde einzubringen und Dinge zu verändern.“

Über 80 Jugendgruppen für interaktives Theater gibt es bereits in Burundi. UNICEF arbeitet eng mit der Vereinigung „Tubiyage“ zusammen, um die jungen Darsteller zu schulen und zu unterstützen. Von der Themenfindung bis hin zur szenischen Umsetzung erarbeiten die Nachwuchsschauspieler unter Anleitung erfahrener Akteure ihre Stücke selber.

Burundi Straßentheater UNICEF Tubiyage
© UNICEF/Kristina Müller

Das interaktive Theater ist ein Element, das UNICEF für Aufklärungsarbeit in den Dörfern nutzt. Aber es geht nicht nur darum, die Bevölkerung für Themen wie Gesundheit, Hygiene, Kinderschutz oder Bildung zu sensibilisieren. Jeder kann sich beteiligen und mithelfen, Probleme zu lösen. Das stärkt die Dorfgemeinschaft und den Einzelnen.

Alice, das Mädchen aus der allerersten Szene heute, verrät mir im Anschluss, warum sie Theaterspielen liebt. „Weil ich dabei viel lerne und mutiger werde“.

Sie interessieren sich für Burundi und die UNICEF-Arbeit in einem der ärmsten Länder der Welt? Lesen Sie hier alle Berichte von meinem Aufenthalt in Burundi.

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Autor*in Kristina Müller

Kristina Müller ist Presse-Assistentin und bloggt zu aktuellen UNICEF-Themen und Veranstaltungen.