Menschen für UNICEF

WDR-Kinderrechtepreis 2020

Wie können Kinder ihr Umfeld aktiv mitgestalten? Zum Beispiel beim Projekt „Spielplätze statt Schrottplätze“ in Köln! Es hat beim diesjährigen WDR-Kinderrechtepreis den dritten Platz gemacht. UNICEF-Mitarbeiterin und Jury-Mitglied Kerstin Bücker war vor Ort.


von Kerstin Bücker

Dranbleiben für Kinderrechte

„Das Leben ist etwas normaler, wenn man weiß, wo man hingehen kann“ sagt Valentina. Bei der Jurysitzung zum WDR-Kinderrechtepreis ließ die Zehnjährige nicht locker: Das Projekt „Backyard“ für Straßenkids in Dortmund war ihr klarer Favorit. Coronabedingt per Videokonferenz diskutierte eine Jury aus acht Kindern und acht Erwachsenen lebhaft über Für und Wider der vielen starken Initiativen aus NRW, die sich 2020 beworben hatten.

WDR-Kinderrechtepreis 2020: Die Jury aus Kindern und Erwachsenen.

Lebhafte Diskussion per Videokonferenz: Alle wollten zu Wort kommen und für ihr Projekt kämpfen – da war gute Moderation gefragt.

© Screenshot/privat

Mit dem Kinderrechtepreis zeichnet der WDR bereits seit 1994 Initiativen in NRW aus, die die Kinderrechte vorbildlich und unkonventionell umsetzen. Denn ob Kinder in ihren Rechten respektiert werden zeigt sich ganz konkret vor Ort, in ihren Wohnvierteln, den Schulen, im öffentlichen Raum.

Das Projekt „Spielplätze statt Schrottplätze“, bei dem Kinder mit Hilfe eines Brandbriefs einen Skateplatz durchgesetzt hatten, beeindruckte besonders die Erwachsenen. „Spielplätze sind aber nicht so wichtig wie Schlafplätze und Essen!“, argumentierte Valentina beharrlich, und weitere Kinder aus der Kinderjury unterstützten sie.

And the winner is...

Weiter ging die Diskussion der Jury, Kinder und Erwachsene tauschten Argumente aus, wogen ab, warfen Fragen auf: Welches Projekt ist besonders nachhaltig, welches hoch aktuell oder integrativ? Ist es toll, wenn Kinder ihre Ideen ohne viel Hilfe durch „Große“ umsetzen – oder ist es besser, wenn Erwachsene den Kindern helfen? Oder ist das vielleicht gar kein Entweder-oder?

Schließlich die Einigung! Auf den ersten Platz kommt der „Soulbuddies e.V.“ aus Rheda-Wiedenbrück, eine Initiative für Kinder und Jugendliche in psychischen Problemlagen. Er erhält 2.500 Euro Preisgeld.

WDR-Kinderrechtepreis 2020: Milla aus der Kinderjury.

Milla, 10, aus der Kinderjury übergab den ersten Preis an die Initiative „Soulbuddies e.V.“.

© WDR/Ben Knabe

„Backyard“ für Straßenkids in Dortmund erhält den zweiten Preis und damit 2.000 Euro. Und „Spielplätze statt Schrottplätze“ der Grundschule im Süden in Köln erhält den mit 1.000 Euro dotierten dritten Preis.

WDR-Kinderrechtepreis 2020: Meraz freut sich über die Urkunde.

Bild 1 von 4 | Verleihung des 3. Preises in Köln-Meschenich: Meraz nimmt stolz seine Urkunde für das Projekt „Spielplätze statt Schrottplätze“ entgegen.

© WDR/Ben Knabe
WDR-Kinderrechtepreis 2020: Kinder und Moderator André Gatzke.

Bild 2 von 4 | WDR-Moderator André Gatzke skatete nach der Preisverleihung am Kölnberg mit den Kindern um die Wette.

© WDR/Ben Knabe
Dortmund: Das Projekt Backyard erhält den zweiten Preis.

Bild 3 von 4 | Den zweiten Preis erhielt das Projekt „Backyard“ für Straßenkinder in Dortmund.

© WDR/Ben Knabe
WDR-Kinderrechtepreis 2020: Päckchen mit Spielideen.

Bild 4 von 4 | Ein Päckchen mit Spielideen und keinen Überraschungen half der Kinderrechte-Jury, die Diskussion am Bildschirm gut durchzuhalten.

© Agentur Härmanz

Besuch beim Projekt „Spielplätze statt Schrottplätze“

Wenige Wochen später lerne ich die Kinder selbst kennen, die sich so vehement für bessere Spielbedingungen in ihrem Hochhausviertel Kölnberg eingesetzt haben.

Kölnberg: Mutter und Tochter vor einem Plakat des neuen Skateparks.

„Hier dürfen Kinder spielen!“ – mit dem neuen Skateplatz haben die Mädchen und Jungen am Kölnberg endlich einen sicheren Ort nur für Kinder.

© Leonie Braun

Stolz nehmen Hanna und Meraz in der Schulaula die Urkunden entgegen, als Stellvertreter für ihre Klasse. In ihrem Brandbrief an die Bezirksvertretung hatten die Kinder erschreckende Zustände vor den Hochhäusern dokumentiert: „Überall gibt es tote und lebende Ratten“, „kaum Spielmöglichkeiten für ältere Kinder – Ballspielen ist verboten“, „Alkoholflaschen, Kronkorken und Scherben“. Und sie hatten direkt einen Vorschlag mitgeschickt. Dabei bezogen sich die Kinder auf die weltweit gültigen Kinderrechte, die sie im Unterricht kennengelernt hatten – besonders ihr in Artikel 31 verbrieftes „Recht auf Spiel“.

WDR-Kinderrechtepreis 2020: Brief an die Bezirksvertretung.

"Unsere Rechte werden verletzt, da die Spielplätze dort total eklig sind und es fast keine Spielgeräte gibt". Mit diesem Brief wandten sich die Kinder vom Kölnberg an die Bezirksvertretung.

© privat

So kam die Sache ins Rollen. Die Bezirksvertretung lud die Kinder ein, brachte alle an einen Tisch. In Workshops wurde ausgelotet, was die Kinder sich wünschen, wer helfen kann und wie das zu finanzieren ist. Jetzt ist der Skateplatz fertig, die Kinder aus den Hochhäusern können sich treffen und mit ihren Rollern und Skateboards um die Ecken kurven. Weitere Spielmöglichkeiten sind in Planung.

Kinder und Erwachsene haben aus dem Projekt viel gelernt – zum Beispiel, dass Demokratie mit Zuhören anfängt. Und dass Beharrlichkeit sich auszahlt: „Ihr habt durchgehalten und nicht aufgegeben“, betonte dann auch Moritz, eines der Kinder in der Jury bei der Preisverleihung. „Das finden wir gut!“

Deshalb ist dem WDR-Kinderrechtepreis weiter viel Aufmerksamkeit zu wünschen – damit engagierte Initiativen bekannt werden und das Bewusstsein für die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland weiter wächst. Denn: „Kinderrechte schaffen Zukunft“ – das ist das Motto des diesjährigen Weltkindertags von UNICEF und dem Deutschen Kinderhilfswerk. Und Zukunft für Kinder wird ganz praktisch gemacht: Vor Ort, dort wo Mädchen und Jungen zur Schule gehen, spielen – und mitentscheiden!

Kerstin Bücker
Autor*in Kerstin Bücker

Kerstin Bücker leitet den Bereich Kommunikation und Kinderrechte bei UNICEF Deutschland und war Mitglied der Erwachsenenjury beim WDR-Kinderrechtepreis 2020.