Zu Besuch beim Bundespräsidenten
Das Kindermagazin GEOlino stellt in jeder Ausgabe ein UNICEF-Projekt vor. In Heft 2/2020 erschien ein Bericht über den Besuch von 13 Kindern beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue.
Herzlichen Glückwunsch! Die UN-Kinderrechtskonvention ist 30 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 13 Kinder und Jugendliche zu sich ins Schloss Bellevue in Berlin eingeladen und mit ihnen über Kinderrechte diskutiert.
Am 20. November um Punkt elf Uhr steigen 13 Schüler die Treppenstufen zum Schloss Bellevue in Berlin hinauf und klopfen an die hölzerne Flügeltür. Sie alle engagieren sich für UNICEF, etwa im Juniorbeirat oder in Junior-Teams, die es in ihren Heimatstädten gibt, und haben deshalb eine Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten. Die Jüngste ist die zehnjährige Sena aus Bielefeld. Sie steht ganz vorn, als der Bundespräsident die Tür öffnet. „Guten Morgen, hallo!“, begrüßt er die Mädchen und Jungen und schüttelt jedem die Hand. Seine Frau, Elke Büdenbender, tut es ihm gleich. Dann führt das Paar seine Gäste ins Amtszimmer – zum ersten offiziellen Akt des Besuchs.
„Ihr seid eingeladen, im Gästebuch zu unterzeichnen, wie andere Staatsgäste auch“, verkündet Frank-Walter Steinmeier. Also nimmt einer nach dem anderen an dem glänzend gelackten Holztischchen Platz und schreibt seinen Namen in das große Buch. Anschließend versammeln sich alle in der Galerie, einem großen Raum mit mehreren Flügeltüren. Dort ist ein quadratischer Tisch eingedeckt. Namensschilder zeigen an, wo die Kinder und Jugendlichen Platz nehmen und vor allem: ihre Meinung sagen dürfen.
Denn heute feiern die Kinderrechte ihren 30. Geburtstag. Der Begriff Kinderrechte ist nur die Abkürzung. Eigentlich heißt das Ganze „Übereinkommen über die Rechte der Kinder“ der Vereinten Nationen. Ein guter Anlass, Mädchen und Jungen selbst zu Wort kommen zu lassen. „Uns interessiert, welche Erfahrungen Sie schon gemacht haben und was Sie sich wünschen, was mehr geschieht“, fordert Frank-Walter Steinmeier seine Besucher zur Diskussion auf. Tatsächlich siezt er seine jungen Gäste.
Und so bringt jeder sein Thema auf den Tisch. Der 17-jährige Jess berichtet etwa, welche Nachteile er hat, weil seine Eltern kein Deutsch sprechen. „Zum Beispiel können sie mir nicht bei Aufsätzen helfen.“
Finja, 14 Jahre, klagt über ihren langen Schulweg mit dem Bus. „Ich wohne in einem kleinen Dorf. Der Bus fährt nur einmal in der Stunde. Das Problem ist, dass ich umsteigen muss. Hat der erste Bus Verspätung, verpasse ich den zweiten. Dann fehlt mir eine ganze Unterrichtsstunde in der Schule. Solche Nachteile haben Stadtkinder nicht.“
Bastian, 17, bringt ein besonders ernstes Thema zur Sprache: Eine Lehrerin hat ihn beleidigt, weil seine Mutter Hartz IV bekommt. Sena wiederum meldet sich schließlich mit dem Stichwort Mobbing zu Wort: „Wie soll man etwas lernen können, wenn man Angst hat, in die Schule zu gehen?“
Und dann ist da noch Felix, 17 Jahre, aus Monkey Bay in Malawi, einem Staat im Südosten Afrikas. Auch er engagiert sich in seiner Heimat für UNICEF und ist für eine knappe Woche nach Deutschland gereist, um den Bundespräsidenten zu treffen. „Ich gehe jeden Tag zwei Stunden zu Fuß zur Schule und nach dem Unterricht zwei Stunden zurück. Wir haben wenig Platz und auch zu wenige Lehrer, daher sind die Klassen überfüllt. Ich bin jetzt in der weiterführenden Schule und arbeite noch nebenbei. Viele meiner Freunde, mit denen ich in der Grundschule war, sind nicht mehr dabei. Sie müssen jetzt Geld verdienen.“
Nach Felix’ Erzählungen bedanken sich der Bundespräsident und die First Lady noch einmal besonders bei ihm für seinen Besuch. Die anderen Mädchen und Jungen sind erst einmal still. Aber: Sein Bericht hat sie auch in ihrer Forderung nach Chancengleichheit bestärkt – für die Kinder in Deutschland und auf der ganzen Welt. Frank-Walter Steinmeier macht sich Notizen auf seinem Tabletcomputer.
„Ich weiß, die können jetzt nicht einfach alles umsetzen, was wir fordern“, sagt Finja, nachdem sich der Bundespräsident für den Besuch der Schüler bedankt hat. „Aber ich habe gesehen, dass sie mitgeschrieben haben. Und allein, dass sie das jetzt alles gehört haben, bringt etwas.“