Kinder weltweit

Jugendliche sind #wählerisch – Teil II


von Jessica Hanschur

Was wünscht sich die Jugend von der Politik?

Bei unserer Umfrage "ich bin #wählerisch" zur Bundestagswahl 2017 haben wir herausgefunden, dass sich Jugendliche sehr wohl für politische Entscheidungen interessieren – besonders, wenn sie selbst davon betroffen sind. Das wollten wir genauer wissen: Wie würden sich Jugendliche in der Politik gerne mehr einbringen? Wo sehen sie Chancen? Lesen Sie hier die Antworten von drei Jugendlichen aus dem UNICEF-JuniorBeirat, denen vor allem zwei Dinge wichtig sind: Sie wollen mehr gehört und vor allem ernst genommen werden.

Wählerisch: Der UNICEF-JuniorBeirat steht für politische Partizipation

Partizipation? Für den UNICEF-JuniorBeirat steht fest: Auf jeden Fall!

© UNICEF/DT2016/Jessica Hanschur

Fühlen sich Jugendliche politisch beteiligt?

Hattest du ausreichend Möglichkeiten, dich an der (Bundes-) Politik zu beteiligen? Wenn nein, was würdest du dir wünschen, um dich besser beteiligt und gesehen zu fühlen?

Marlene:
Ich hatte Möglichkeiten, mich zu beteiligen – aber vor allem deshalb, weil ich Mitglied in einer politischen Jugendorganisation war und auch über UNICEF die Möglichkeit zur Beteiligung hatte. Das ist nicht selbstverständlich. Die Politik sollte die Beteiligungsmöglichkeiten verbessern und so selbst dazu beizutragen, dass das politische Interesse von noch mehr Jugendlichen geweckt wird.

Yasmin:
Das stimmt. Es gibt viele Jugendliche, die sich engagieren wollen oder neue Ideen haben. Und natürlich gibt es auch Erwachsene, die sich für eine Jugendbeteiligung einsetzen. Eines der Probleme ist, dass die Kommunikation oft nicht optimal ist und Jugendliche so nicht die Unterstützung bekommen, die sie für eine Beteiligung brauchen.

Sandra:
Anders als für Erwachsene gibt es für junge Menschen keine institutionalisierte Partizipationsmöglichkeit, um in der Bundespolitik mitzumischen. Auch die Umfragen, die vom Bundespresseamt ausgehen, richten sich an Menschen über 18, sodass repräsentative Meinungsbilder und Standpunkte von Kindern und Jugendlichen gar nicht erst bei der Regierung ankommen können.

Wählerisch: Marlene bei der Youth Assembly in New York

Bild 1 von 3 | Marlene (3. v. r.) in New York bei der Youth Assembly der UN: “Durch meine Mitgliedschaft in einer politischen Jugendorganisation und auch über UNICEF hatte ich die Möglichkeit, mich zu beteiligen.“

© privat
Wählerisch: Ein Gruppenbild des UNICEF-JuniorBeirats

Bild 2 von 3 | Partizipation bei UNICEF: Der UNICEF-JuniorBeirat berät UNICEF Deutschland bei Aktionen und Projekten.

© UNICEF/DT2016/Jessica Hanschur
Wählerisch: Marlene in einem Sitzkreis bei einer Veranstaltung in Schweden

Bild 3 von 3 | Marlene (Mitte) bei einer Veranstaltung des Europäischen Jugendparlaments in Schweden.

© privat

Wie hast du die Bundestagswahl erlebt? Haben Themen eine Rolle gespielt, die dich betreffen?

Sandra:
Für mich war es die erste Bundestagswahl, die ich aktiv verfolgt habe und es war aufregend, spannend und frustrierend zugleich. Ich fand es enttäuschend, wie kurz Themen wie Umwelt und Jugend kamen und auch wie wenig hier in der Vergangenheit gehandelt wurde.

Marlene:
Die Bundestagswahl war ziemlich chaotisch. Zum einen, weil die AfD in den Bundestag eingezogen ist und zum anderen, weil die Sondierungs- und Koalitionsgespräche sehr lange gedauert haben. Das ist schade, weil so wichtige Themen wie Kinderrechte, politische Partizipation und Bildung ziemlich in den Hintergrund gerückt sind.

Wählerisch: UNICEF-Mitarbeiter im Gespräch mit Steffen Seibert

Mit der Umfrage "ich bin #wählerisch" zur Bundestagswahl 2017 wollten wir herausfinden, was Jugendliche in Deutschland bewegt. In einem Gespräch mit Regierungssprecher Steffen Seibert hat sich der UNICEF-JuniorBeirat über die Ergebnisse der Umfrage ausgetauscht.

© Bundesregierung/Denzel

Hast du das Gefühl, dass Jugendliche in Deutschland allgemein an wichtigen, sie betreffenden Entscheidungen beteiligt werden?

Sandra:
Nein, überhaupt nicht. Wenn Jugendliche heutzutage an wichtigen Entscheidungen beteiligt werden, ist das oft einfach nur Glück oder Zufall. Es gibt noch zu wenig Initiativen und Mechanismen, die dafür sorgen, dass die Stimme jedes Kindes einen Platz in Entscheidungsprozessen findet.

Wählerisch: Sandra zeigt stolz ihren Besucherausweis

Bild 1 von 3 | Im Sommer 2017 vertrat Sandra UNICEF Youth bei der COP (Klimagipfel der Vereinten Nationen) und der COY (Conference of Youth zum Klimagipfel) in Bonn.

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Wählerisch: Jugendliche mit einem Plakat beim Klimagipfel für Jugendliche

Bild 2 von 3 | Bei der COY stand der Austausch zwischen jungen Menschen aus der ganzen Welt im Vordergrund, um einander die Herausforderungen des Klimawandels näher zu bringen.

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Wählerisch: Beim Klimagipfel informierte Sandra über die UNICEF-Arbeit

Bild 3 von 3 | Bei der COP informierte Sandra (l.) über die UNICEF-Arbeit im Bereich des Klimawandels und tauschte sich darüber aus, wie Menschen aus aller Welt gegen den Klimawandel kämpfen.

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Yasmin:
Ich finde schon, dass in Deutschland viele Versuche unternommen werden, um Jugendliche an wichtigen Entscheidungen zu beteiligen. Oft endet das aber leider in einer „Pseudo-Beteiligung“. Obwohl man Jugendliche immer wieder nach Ihrer Meinung fragt, werden sie am Ende doch nicht wirklich ernst genommen.

Marlene:
Über Organisationen wie UNICEF zum Beispiel können wir uns schon beteiligen. Auch der Bundestag und die Parteien organisieren Veranstaltungen, die es Jugendlichen und jungen Erwachsenen ermöglichen sollen, ihre Meinung einzubringen. Schade ist aber, dass man, wenn man häufiger an diesen Veranstaltungen teilnimmt, wirklich sehr oft die gleichen jungen Menschen wiedersieht. Das bedeutet für mich, dass man eben schon ein gewisses Engagement selbst mitbringen muss. Und das ist nicht immer leicht.

Wählerisch: Marlene macht mit bei der Aktion Red Hand Day

Partizipation in Action: Gemeinsam mit dem UNICEF-JuniorTeam Oldenburg ging Marlene zum Red Hand Day auf die Straße und forderte „Stopp! Kein Einsatz von Kindern als Soldaten!“

© privat

"Wir wünschen uns Veränderung – jetzt!"

Was wären konkrete Maßnahmen, um Jugendliche mehr und besser politisch zu beteiligen?

Marlene:
Es ist vor allem wichtig, auf Jugendliche, die vielleicht noch gar keinen Bezug zur Politik haben, zuzugehen. Das kann zum einen durch eine Förderung von zum Beispiel Jugendgemeinderäten auf kommunaler Ebene geschehen oder zum anderen durch eine vielseitigere Vermittlung von politischen Inhalten und ihrer Bedeutung für Jugendliche. Dann kann Beteiligung auch Spaß machen.

Sandra:
Ich fände es gut, wenn Abgeordnete sich langfristig konkrete Gedanken machen, wie sie die Jüngsten in ihrem Wahlkreis vertreten können. Ein erster Schritt wäre es auch schon, regelmäßige Umfragen für eine jüngere Zielgruppe zu organisieren, sodass bei heißdiskutierten Themen auch die Standpunkte von Jüngeren ihren Weg in den Bundestag finden.

Was machst du, wenn du findest, dass du an einer Entscheidung nicht beteiligt wurdest und an wen wendest du dich als erstes?

Marlene:
Das kommt natürlich darauf an, auf welcher Ebene diese Entscheidung gefällt wurde und wie sie einen selber betrifft. Klar kann man übers Internet heutzutage einiges rausfinden. Ich glaube aber, dass Jugendliche, die noch etwas jünger sind oder kaum politische Erfahrung haben, das nicht unbedingt tun. Und wenn sie es tun, werden sie nicht immer ernst genommen. Viele Jugendliche wissen das und probieren deshalb gar nicht erst, sich zu beschweren oder ihre Meinung zu einem Thema zu sagen.

Yasmin:
Als Jugendlicher muss man sehr viel Eigeninitiative zeigen. Wenn man etwas verändern will oder seine Ideen verbreiten will, dann muss man aktiv und präsent werden.

Zum Weltkindertag 2017 nahm Yasmin an einer Veranstaltung des Europäischen Parlaments teil und diskutierte gemeinsam mit Jugendlichen aus ganz Europa über die Zukunft von jungen Menschen in der EU.

Sandra:
So sehr „Generation Social Media“ das nun auch klingen mag: ich schreibe den Entscheidungsträgern auf Twitter, in der Hoffnung, dass es auf irgendjemanden trifft, der mir dazu eine Antwort geben kann. Meine Freunde und ich besuchen auch Veranstaltungen oder nehmen an Aktionen teil. Leider haben aber viele dieser Aktionen keine langfristige Wirkung. Oft empfinde ich einfach nur Frust und weiß mir nicht zu helfen, wenn Entscheidungsprozesse so konzipiert sind, dass ich mich dazu gar nicht erst ausdrücken soll, unabhängig davon, ob sie mich betreffen oder nicht.

Yasmin:
Jugendliche haben oft so viele und kreative Ideen. Alleine deshalb müssen sie dabei unterstützt werden, diese in Aktionen zu verpacken und mit ihrer Meinung und ihren Standpunkten ein großes Publikum zu erreichen.

Jugendbeteiligung in Deutschland: Was denken Sie?

Jugendlichen fehlt es aus ihrer Sicht offensichtlich an Möglichkeiten, die Politik mitzugestalten. Was halten Sie davon? Schreiben Sie uns – beziehungsweise den drei Jugendlichen. Über Ihre Anregungen und Kommentare freuen wir uns.

Übrigens: In unserer Rubrik "Informieren" finden Sie auch die Forderungen, die UNICEF Deutschland zur Bundestagswahl an die Politik gestellt hat.

Lesen Sie auch den ersten Teil dieser Blog-Reihe: Jugendliche sind #wählerisch – Teil I

Jessica Hanschur arbeitet im Bereich Jugendkommunikation und bloggt über die UNICEF-Arbeit mit Jugendlichen im Bereich UNICEF Youth.

Simone Morawitz berichtet aus der Pressestelle über alle aktuellen UNICEF-Themen.

Jessica Hanschur, UNICEF Deutschland
Autor*in Jessica Hanschur

Jessica Hanschur arbeitet im Bereich Jugendkommunikation und bloggt über die UNICEF-Arbeit mit Jugendlichen.