Pressemitteilung

Gazastreifen: Mangelernährung bei mehr als 5.000 Kindern allein im Mai festgestellt

Seit Anfang 2025 wurden durchschnittlich 112 Kinder pro Tag zur Behandlung aufgenommen 

Amman / Köln

Asmaa (1) wird auf Mangelernährung untersucht.

Asmaa (1) wird auf Mangelernährung untersucht. 

© UNICEF/UNI804916/El Baba

Die humanitäre Lage im Gazastreifen spitzt sich weiter zu: Allein im Mai mussten 5.119 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren wegen akuter Mangelernährung behandelt werden.

Nach Angaben der von UNICEF unterstützten Ernährungszentren im Gazastreifen entspricht dies einem Anstieg von fast 50 Prozent gegenüber den 3.444 Kindern, die im April 2025 behandelt wurden – und einem Anstieg von 150 Prozent im Vergleich zum Februar, als während eines Waffenstillstands Hilfslieferungen noch in größerem Umfang möglich waren.

Moderate akute Mangelernährung (MAM) und schwere akute Mangelernährung (SAM)

Die Entwicklungen von moderater akuter Mangelernährung (MAM) und schwerer akuter Mangelernährung (SAM) sind hier abgebildet.

© UNICEF

636 der 5.119 Kinder leiden an schwerer akuter Mangelernährung – der tödlichsten Form der Mangelernährung. Sie benötigen dringend lebensrettende Hilfe, doch sauberes Wasser, medizinische Versorgung und Behandlungsmöglichkeiten sind im Gazastreifen kaum noch verfügbar. Seit Februar ist die Zahl der schwer mangelernährten Kinder um 146 Prozent gestiegen.

„In nur 150 Tagen – vom Jahresbeginn bis Ende Mai – wurden 16.736 Kinder im Gazastreifen aufgrund von Unterernährung behandelt. Das sind durchschnittlich 112 Kinder pro Tag“, sagte Edouard Beigbeder, UNICEF-Regionaldirektor im Nahen Osten und Nordafrika. „Jeder einzelne dieser Fälle wäre vermeidbar. Doch Kindern wird der dringend benötigte Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Hilfe verwehrt. Es sind von Menschen getroffene Entscheidungen, die Kinderleben kosten. Israel muss dringend die uneingeschränkte und umfassende Lieferung lebensrettender Hilfsgüter über alle Grenzübergänge hinweg ermöglichen.“

Sollte sich die Lage nicht umgehend verbessern, warnt UNICEF, wird die Zahl akut mangelernährte Kinder in den kommenden Wochen weiter steigen – und möglicherweise den höchsten Stand seit Beginn des Konflikts erreichen. Vor 20 Monaten noch gab es keine dokumentierten Fälle schwerer Mangelernährung bei Kindern im Gazastreifen.

UNICEF konnte in den vergangenen drei Wochen Hunderte Paletten mit Hilfsgütern zur Vorbeugung und Behandlung von Mangelernährung in den Gazastreifen bringen. Doch diese Lieferungen reichen bei weitem nicht aus. Akut mangelernährte Kinder benötigen dringend gebrauchsfertige therapeutische Nahrung.

Der anhaltende Konflikt hat zentrale Wasser-, Abwasser- und Gesundheitssysteme im Gazastreifen beschädigt oder vollständig zerstört. Die Möglichkeiten zur Behandlung schwerer Mangelernährung sind dadurch massiv eingeschränkt: Von ursprünglich 236 Behandlungszentren sind infolge von Vertreibungen und fortlaufendem Beschuss nur noch 127 funktionsfähig.

Unterdessen geht den UN-Organisationen der Treibstoff aus. Seit dem Ende des Waffenstillstands wurde der humanitären Gemeinschaft wiederholt der Zugang zu neuen oder bereits vorhandenen Treibstoffbeständen im Gazastreifen verwehrt.

Dies hat direkte, gravierende Auswirkungen auf Kinder und ihre Familien. Ohne Treibstoff müssen essenzielle Dienste wie die Wasseraufbereitung und die Gesundheitsversorgung eingestellt oder auf unsicheres Wasser zurückgegriffen werden. Bereits jetzt lässt sich jeder vierte Krankheitsfall im Gazastreifen auf akuten wässrigen Durchfall zurückführen. Zudem gibt es Verdachtsfälle von Hepatitis A, einer hoch ansteckenden Krankheit, die schnell tödlich verlaufen kann. Steigende Temperaturen in den kommenden Wochen drohen die Lage weiter zu verschärfen.

Wenn Mangelernährung und Krankheit gleichzeitig auftreten und unbehandelt bleiben, entsteht ein lebensbedrohlicher Teufelskreis. Schlecht ernährte Kinder sind anfälliger für schwere Erkrankungen wie akuten Durchfall. Umgekehrt verschlimmern akute und langanhaltende Durchfallerkrankungen den Gesundheitszustand und führen zu Mangelernährung.

„Es muss jetzt alles unternommen werden, um eine Verschärfung der Hungersituation, die Ausbreitung von Mangelernährung und Krankheiten und letztlich das vermeidbare Sterben von Kindern zu verhindern“, sagte Beigbeder. „Humanitäre Hilfe und kommerzielle Güter müssen über alle verfügbaren Grenzübergänge hinweg in den Gazastreifen gebracht und schnell, sicher und mit Würde an Familien in Not geliefert werden – ganz gleich, wo sie sich befinden.“

UNICEF appelliert erneut an alle Konfliktparteien, die Gewalt unverzüglich zu beenden, die Zivilbevölkerung – insbesondere Kinder – zu schützen, das humanitäre Völkerrecht sowie die Menschenrechte zu achten, die sofortige Bereitstellung humanitärer Hilfe zu ermöglichen und alle Geiseln umgehend freizulassen.

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Christine Kahmann

Christine KahmannSprecherin - Nothilfe

030-275807919presse@unicef.de