Pressemitteilung

Jeder zweite Flüchtling ist ein Kind

Köln

UNICEF-Jahrespressekonferenz anlässlich des Weltflüchtlingstages

UNICEF fordert mehr Hilfe und besseren Schutz für Flüchtlingskinder

Geschäftsbericht 2008: Bundesbürger wichtige Stütze der UNICEF-Hilfe

UNICEF ruft bei seiner Jahrespressekonferenz anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20.6. zu verstärkter Hilfe und besserem Schutz für Kinder in Krisengebieten auf. Nach Schätzungen von UNICEF ist jeder zweite der rund 42 Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen auf der Welt ein Kind oder Jugendlicher. Ihr Schicksal darf nicht aus dem Blick geraten:

  • Nahezu die Hälfte der über 100 Millionen Kinder, die weltweit nicht zur Schule gehen, leben in Konfliktländern - viele dieser Kinder wurden aus ihren Dörfern vertrieben.
  • Vergewaltigungen werden in zahlreichen Konflikten systematisch als Kriegswaffe eingesetzt. Minderjährige Flüchtlinge werden oft zur Prostitution gezwungen.
  • In einigen Krisenländern ist die Not so groß, dass sich Kinder aus Verzweiflung bewaffneten Gruppen anschließen. Laut Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen verletzen derzeit 56 Armeen und Milizen das Verbot der Rekrutierung Minderjähriger.

„Während die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit heute vor allem auf die Finanzkrise gerichtet ist, droht das Leid der Kinder in Krisenländern wie der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan, in Pakistan oder Sri Lanka in Vergessenheit zu geraten. Dies dürfen wir nicht zulassen“, erklärte der Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Jürgen Heraeus.

Heraeus legte in Berlin auch den Geschäftsbericht des Deutschen Komitees für UNICEF für das Jahr 2008 vor. UNICEF Deutschland hat im Jahr 2008 Einnahmen in Höhe von 72,5 Mio Euro aus Spenden und dem Verkauf von Grußkarten erzielt. „Damit war das Deutsche Komitee bei den Spenden die Nr. 2 unter 36 nationalen UNICEF-Komitees in den Industrieländern. Die Bundesbürger sind damit eine der wichtigsten Stützen für die weltweite UNICEF-Hilfe“, sagte Heraeus.

Dramatische Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo

Anlässlich des Weltflüchtlingstages weist UNICEF besonders auf die katastrophale Lage der Kinder im Osten der Demokratischen Republik Kongo hin. Dort sind allein über eine Million Menschen auf der Flucht - die meisten davon Kinder und Frauen. In einem Brief an den UN-Sicherheitsrat schrieben Eltern aus der Region: „Wir verurteilen das herrschende schuldige Schweigen unserer Führer und der internationalen Gemeinschaft. All diese Verbrechen, deren Täter oft bekannt sind, geschehen in einer Umgebung völliger Straflosigkeit.“

UNICEF warnt davor, dass sich die Lage in den kommenden Wochen weiter zuspitzen könnte. Eine Militäraktion von kongolesischen und ruandischen Truppen wird erwartet. Hunger, Überfälle auf Schulen und Krankenhäuser, Entführungen, Vergewaltigungen, Zwangsarbeit und Rekrutierungen als Soldaten sind bereits jetzt an der Tagesordnung. Immer wieder löst die Gewalt große Flüchtlingsströme aus. Viele der völlig entkräfteten Familien sind in den vergangenen Monaten und Jahren bereits mehrfach geflohen. Nach Schätzungen von UNICEF sind noch mindestens 8.000 Kindersoldaten in Milizen und Streitkräften im Einsatz.

Anfang Juni vergewaltigten Soldaten einer Miliz vier Geschwister. Unter den Opfern war auch ein dreijähriges Mädchen, das an den Folgen starb. UNCEF geht davon aus, dass nahezu die Hälfte der Vergewaltigungsopfer in der Region Kinder und Jugendliche sind. Allein in der Provinz Süd-Kivu wurden im letzten Jahr 2.283 Opfer von Vergewaltigungen registriert; in den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es 1.335. Die Dunkelziffer ist noch höher. Nur 79 Opfer (sechs Prozent) erhielten in den ersten 72 Stunden nach dem Überfall medizinische Hilfe.

Brief von Eltern an den UN Sicherheitsrat

Im April 2009 richteten Eltern aus dem Ostkongo einen verzweifelten Hilferuf an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. In dem Brief, der von 62 lokalen Nichtregierungs-organisationen unterzeichnet ist, heißt es:

„Wir haben große Sorgen. Unsere Kinder mussten in all den Kriegsjahren immer wieder fliehen. Als Flüchtlinge haben wir kein Geld, um sie zur Schule zu schicken. Tausende Kinder wurden von ihren Eltern getrennt. Unsere Schulen wurden geplündert und niedergebrannt. Oder sie wurden zu Orten gemacht, wo man Soldaten rekrutiert und ausbildet. Wo es noch Schulen gibt, herrscht permanente Unsicherheit. Unsere Kinder sind Zielscheibe der Kämpfer. Viele gehen deshalb nicht mehr zur Schule und verbringen ihre Zeit auf der Straße. Wie wird ihre Zukunft sein? (…)

UNICEF-Hilfe

UNICEF arbeitet über ein Netzwerk von nationalen und internationalen Partnern in allen Provinzen im Ostkongo. UNICEF stellt den größten Teil an Hilfsgütern wie Plastikplanen, Wasserkanister, Materialien für Latrinen, Moskitonetzen und technischem Gerät für die Nothilfe zu Verfügung. UNICEF trug im vergangenen Jahr maßgeblich zur Gesundheits-versorgung für über 3,5 Millionen Menschen in der Krisenregion bei und stattete 600.000 Kinder mit Lernutensilien aus. 15.000 Opfer sexueller Gewalt wurden im letzen Jahr durch verschiedene Maßnahmen unterstützt.

Geschäftsbericht 2008: Gutes Gesamtergebnis

Mit Einnahmen in Höhe von 72,5 Mio Euro aus Spenden und dem Verkauf von Grußkarten war UNICEF Deutschland erneut eine der wichtigsten Stützen für die weltweite UNICEF-Hilfe. Nur in Japan kamen mehr Mittel aus privaten Spenden für UNICEF zusammen.

83,05 Prozent der Einnahmen in Deutschland flossen in die UNICEF-Arbeit in 150 Ländern. 1,82 Prozent wurden für die satzungsgemäße inländische Arbeit eingesetzt - zum Beispiel für die Kampagnenarbeit für Kinderrechte und die Bildungsarbeit in Schulen. Die Verwaltungskosten betrugen 6,70 Prozent, die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung betrugen 8,43 Prozent. Diese Aufteilung erfolgte anhand der Leitlinien zur Kostenzuordnung des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) wurde mit diesem abgestimmt.

Gegenüber dem Vorjahr lagen die Einnahmen um 23,5 Prozent niedriger. Dies ist auf die Führungskrise Anfang 2008 zurück zu führen. Vor diesem Hintergrund bewertet UNICEF das Gesamtergebnis positiv.

Spendenkonto: 300.000, Bank für Sozialwirtschaft BLZ 370 205 00, Stichwort: Kongo