Mutige Helfer, starke Familien: Dokumentation über den Kampf gegen Polio in Gaza
„Gaza’s Silent Threat“ ist ein bewegender Film von UNICEF, der die außergewöhnlichen Bemühungen der Teams vor Ort beleuchtet, die im Herbst 2024 eine der gefährlichsten Polio-Impfkampagnen durchgeführt haben, um Hunderttausende Kinder inmitten des Kriegschaos vor der Krankheit zu schützen.
In der Dokumentation geben uns die Impfteams einen seltenen Einblick in die Herausforderungen ihrer Arbeit im Kriegsgebiet. Gleichzeitig bezeugt die Dokumentation nachdrücklich die Auswirkungen des Krieges auf die Gesundheit der Kinder – und ist eine Hommage an den Mut von Familien und Gesundheitspersonal.
Im Gazastreifen spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab. Seit Beginn des Konflikts, der mit dem entsetzlichen Anschlag auf Israel begann, wurden laut Berichten mehr als 18.000 Kinder getötet und über 34.000 verletzt. Die Not der Kinder ist kaum noch in Worte zu fassen, jeder Tag ist für sie ein Überlebenskampf.
80 Prozent der Gesundheits-, Wasser- und Sanitärinfrastruktur wurden seit Oktober 2023 durch die Kriegshandlungen zerstört. Dies schuf ideale Bedingungen für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten. Im Sommer 2024 wurden Polioviren im Abwasser nachgewiesen – wenig später traten nach über 25 Jahren erstmals wieder Fälle von Polio auf.
Gemeinsam mit Partnern reagierte UNICEF schnell: In einer der gefährlichsten und schwierigsten Impfkampagnen, die wir je durchgeführt haben, schafften wir es, in einer ersten Impfkampagne im Herbst vergangenen Jahres rund 560.000 Kindern unter zehn Jahren gegen Kinderlähmung zu impfen. Dafür lieferten wir trotz zerstörter Straßen, unterbrochener Versorgungswege und anhaltender Gewalt mehr als 1,6 Millionen Impfdosen, notwendige Kühlboxen und weitere Ausrüstung.
Ich danke Gott immer dafür, dass ich bei dieser Kampagne dabei bin. Wenigstens tue ich etwas in meinem Leben, worauf ich stolz sein kann: Das Leben von Kindern zu retten.

Nur durch den unermüdlichen Einsatz der humanitären Mitarbeitenden vor Ort, wie Dr. Younis R. Awadallah und Fairuz Abuwarda, konnte dies erfolgreich gelingen.
Über 90 Prozent der Kinder unter zehn Jahren konnten mit der Impfkampagne im Gazastreifen gegen Polio geimpft werden. Da Anfang dieses Jahres, zu Beginn der Waffenruhe, erneut Erreger im Abwasser nachgewiesen wurden, erhielten in einer erneuten Impfkampagne im Februar 2025 rund 603.000 Kinder eine Immunisierung, etwa 40.000 Kinder mehr als in der vorangegangenen. Die Waffenruhe ermöglichte es, auch Kinder mit Impfungen zu erreichen, die vorher noch keinen Schutz erhalten hatten. Mit erneutem Einsetzen der Kampfhandlungen nur wenige Wochen später, wurden weitere größere Impfkampagnen unmöglich.
Der Gedanke, die Kinder im Stich zu lassen, machte mir Angst. Kinder sind nicht verantwortlich für das, was geschieht. Unsere Arbeit erfordert, dass wir anwesend sind. Wenn nicht, wer würde dann helfen?

Mit Ihrer Spende helfen Sie, Kinder vor Polio zu schützen – auch in Krisengebieten, wo jede Impfung Leben retten kann.
Hintergrundinfos: Häufige Fragen und Antworten
Herrscht in Gaza eine Hungersnot?
Seit Beginn der Impfkampagne im September 2024 hat sich die humanitäre Lage in Gaza auf katastrophale Weise weiter zugespitzt. Kinder kämpfen unter apokalyptischen Bedingungen ums Überleben. In Folge der monatelang stark eingeschränkten Hilfslieferungen und schwerer Angriffe sind Kinder in akuter Lebensgefahr. Es mangelt an allem – Lebensmitteln, Trinkwasser, medizinischer Versorgung. Der Hunger hat ein drastisches Ausmaß erreicht: Die Schwellenwerte bei zwei von drei Indikatoren, die auf eine Hungersnot hindeuten, wurden bereits teilweise überschritten. Mehr als 320.000 Kinder - also alle Kinder unter fünf Jahren im Gazastreifen - sind von akuter Mangelernährung bedroht. Kinder sterben bereits an den Folgen von Mangelernährung.
Nur durch eine rasche und massive Ausweitung der Hilfslieferungen zu Land, wird es möglich sein, die drohende Hungersnot abzuwenden und zu verhindern, dass noch mehr Kinder im Gazastreifen sterben. Die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Schutz von Gesundheitspersonal und Zivilisten, insbesondere von Kindern, sind nicht verhandelbar. UNICEF fordert deswegen weiterhin einen sofortigen Waffenstillstand, den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe, den Schutz der Kinder und die Freilassung aller Geiseln.
Was ist Polio und wie wird die Krankheit übertragen?
Poliomyelitis (als Polio abgekürzt) ist eine hoch ansteckende akute Infektionskrankheit, die das zentrale Nervensystem angreifen und zu schweren Behinderungen oder zum Tod führen kann. Das Virus kann in das Gehirn und Rückenmark einer infizierten Person eindringen und zu unterschiedlichen Krankheitsverläufen führen.
Polioviren, die zu den Enteroviren gehören, können bei ungeimpften Personen zu einer paralytischen Form der Kinderlähmung führen, die Muskelschwäche und dauerhafte Lähmungen verursacht. Eine regelmäßige Auffrischung der Impfung ist entscheidend, um die Immunität gegen Polio aufrechtzuerhalten und das Wiederauftreten von Poliofällen zu verhindern.
Typisch sind vor allem die bleibenden Lähmungen, die der Polio-Erreger hervorrufen kann. Übertragen wird die Krankheit über Schmierinfektionen von Mensch zu Mensch. Eine von 200 Infektionen verursacht dauerhafte Lähmungen, die vor allem in den Beinen auftreten.
Mehr Informationen zu Polio finden Sie in unserem Blog.
Polio in Gaza: Wie ist die Situation derzeit?
Die Lage der Kinder im Gazastreifen ist katastrophal. Es fehlt an allem: Nahrung, Trinkwasser, Medikamenten, Zeltplanen und Orten, an denen Kinder Zuflucht suchen können. Die Wasserversorgungs- und Abwasserinfrastruktur in Gaza wurde weitestgehend zerstört oder beschädigt. Dadurch breiten sich gefährliche Krankheiten immer weiter aus, auch die Gefahr einer Ausbreitung der Poliovieren besteht weiterhin.
Wie ist die aktuelle Lage in Gaza?
Die aktuelle Situation im Gazastreifen ist fatal. Menschen sterben, weil sie keine humanitäre Unterstützung erhalten, die Mangelernährung hat ein katastrophales Ausmaß erreicht. Bei Kindern ist sie seit Februar um 180 Prozent gestiegen. Durch die fast drei Monate andauernde Blockade der Hilfslieferungen waren die Warenlager leer und Treibstoff fehlte, um beispielsweise Generatoren in Krankenhäusern und Trinkwasseranlagen zu betreiben. Der ungehinderte und sichere humanitäre Zugang war nicht möglich, um Familien mit lebensrettender Hilfe zu erreichen.
Seit Ende Mai erreichen wieder eingeschränkt Hilfslieferungen die Menschen – doch sie reichen bei weitem nicht aus und es ist auch weiterhin kein fortlaufend ungehinderter und sicherer humanitärer Zugang möglich. Es gibt kaum noch Trinkwasser und Lebensmittel, Krankheiten breiten sich aus. Die Ernährungssituation ist dramatisch: Das Risiko einer Hungersnot ist laut der aktuellen Analyse der Integrated Food Security Phase Classification (IPC) sehr hoch. Die Schwellenwerte bei zwei von drei Indikatoren, die auf eine Hungersnot hindeuten, wurden bereits teilweise überschritten.
UNICEF fordert weiterhin eine Waffenruhe, den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe im gesamten Gazastreifen, den Schutz der Kinder und die Freilassung aller Geiseln. Auf unsere Projektseite halten wir Sie über die aktuelle Lage der Kinder in Gaza und die konkrete UNICEF-Nothilfe auf dem Laufenden.
Wie hilft UNICEF in Gaza?
Im Gazastreifen setzt sich UNICEF schon seit vielen Jahren für die Grundversorgung der Kinder ein, insbesondere in den Bereichen Ernährung, Wasser und sanitäre Versorgung sowie Bildung und psychosoziale Unterstützung. Auch in den vergangenen Monaten haben die UNICEF-Teams alles in ihrer Macht Stehende getan, um trotz der großen Zerstörung und der Gefahr durch Bombardierungen, Minen und Blindgänger Hilfe für Kinder zu leisten.
Seit dem Zusammenbruch der Waffenruhe im März sind Kinder in Gaza in einem Alptraum gefangen und haben inzwischen kaum Zugang zu grundlegender Hilfe. Sie leiden unter dem Krieg, haben keinen sicheren Ort und große Angst. Dazu kommt der schreckliche Hunger.
UNICEF ist und war die ganze Zeit vor Ort im Gazastreifen und leistet unter schwierigsten Umständen Hilfe für Kinder und Familien. Im Juli konnte UNICEF 147 Lastwagen mit Hilfsgütern nach Gaza bringen, darunter Babynahrung, Milch und hochkalorische Energiekekse.
Wer hat die Dokumentation mit produziert?
„Gaza’s Silent Threat“ ist das Ergebnis der Zusammenarbeit einer angesehenen und talentierten Gruppe von Kolleg*innen und Partner*innen, darunter die ausführenden Produzent*innen Tanya Turkovich und Jonathan Crickx, die Produzent*innen Maria Fernanda Lauret, Rawan Eleyan und Juan Haro sowie das Redaktionsteam Emily Kinskey und Alaa Seoudy. Die Regie führte Maria Fernanda Lauret. Für die Kameraführung waren Mohammed Natteel und Ahmed Abu Ajwa zuständig. Die Koordination im Feld übernahmen Sami Alhaw, Rawan Eleyan und Kazem Abdalmugni.
Spenden für Gaza
UNICEF leistet humanitäre Hilfe in Gaza. Unterstützen Sie den Einsatz für Kinder mit Ihrer Spende für Gaza.