
Alle Fragen und Antworten zum Thema Polio
Polio gilt weltweit als nahezu ausgerottet, aber noch immer erkranken Kinder an der Krankheit. In diesem Blog erklären wir Ihnen alles, was Sie über Poliomyelitis, auch bekannt als Kinderlähmung, wissen müssen und was UNICEF im Kampf gegen die Krankheit unternimmt.
von Stefanie Hack
Die Poliokrankheit (Poliomyelitis)
Der Gazastreifen galt 25 Jahre lang als poliofrei. Dann brach der Krieg aus – mit katastrophalen Folgen für Kinder und ihre Familien. Hunderttausende Menschen mussten fliehen und suchten Zuflucht in überfüllten Notunterkünften. Dort fehlt es an sanitären Anlagen und medizinischer Versorgung. Unter solchen Bedingungen ist die Gefahr von Krankheitsausbrüchen groß. Gleichzeitig war die Impfquote infolge des Krieges stark zurückgegangen.
Im Sommer 2024 trat in Gaza erstmals wieder ein Fall von Polio bei einem Kleinkind auf. UNICEF reagierte gemeinsam mit seinen Partnern umgehend: Inmitten des Krieges und trotz anhaltender Gewalt und zerstörter Infrastruktur wurden fast 600.000 Kinder im Gazastreifen gegen Polio geimpft.
UNICEF unterstützte die Lieferung der Impfdosen und stellte Kühlboxen bereit. Mobile Gesundheitsteams impften Kinder überall im Gazastreifen. Die Polio-Impfkampagne war eine der weltweit gefährlichsten und schwierigsten Impfkampagnen. Eine Ausbreitung der Krankheit konnte verhindert werden.
Oben sehen Sie den Trailer zur Dokumentation „Gaza’s Silent Threat“, die die Polio-Impfkampagne von UNICEF und Partnern im Gazastreifen zeigt. Zum Film in ganzer Länge gelangen Sie hier.
Was ist Polio beziehungsweise Kinderlähmung und wie wird die Krankheit übertragen?
Poliomyelitis (als Polio abgekürzt) ist eine akute Infektionskrankheit, die das zentrale Nervensystem angreifen und zu schweren Behinderungen oder im schlimmsten Fall zum Tod führen kann.
Übertragen werden Polioviren durch Schmierinfektion, können aber auch durch die Atemluft oder über durch Fäkalien verunreinigtes Wasser übertragen werden. Die Gefahr einer Übertragung ist besonders unter schlechten hygienischen Bedingungen hoch.
Polioviren, die zu den Enteroviren gehören, können bei ungeimpften Personen zu einer paralytischen Form der Kinderlähmung führen, die Muskelschwäche und dauerhafte Lähmungen verursacht. Eine regelmäßige Auffrischung der Impfung ist entscheidend, um die Immunität gegen Polio aufrechtzuerhalten und das Wiederauftreten von Poliofällen zu verhindern.
Welche Poliosymptome gibt es?
Bei vielen Menschen verläuft eine Ansteckung mit Polio ohne oder mit nur milden und allgemeinen Krankheitssymptomen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen.
Wenn die Polioviren das zentrale Nervensystem angreifen, kann es zu einer paralytischen Form der Kinderlähmung kommen. Das kommt etwa bei einer von 200 Infektionen vor. Die Lähmungen treten meist zunächst in den Beinen auf und können sich auf die Arme und auch die Atmenmuskulatur ausbreiten. Wenn die Atemmuskulatur betroffen ist, kann Polio tödlich verlaufen, weil das selbstständige Atmen unmöglich wird.
Da insbesondere Kinder unter fünf Jahren gefährdet sind, wird Polio auch als „Kinderlähmung“ bezeichnet.

Sozialarbeiter Zawadi Kasereka aus der Demokratischen Republik Kongo bei einer Impfkampagne in der Provinz Nord-Kivu. Als Kind ist er an Polio erkrankt und hat eine Lähmung davongetragen. Nun setzt er sich dafür ein, dass alle Kinder eine Impfung bekommen. "Als jemand, der an Polio erkrankt war, verstehe ich die Schmerzen und Einschränkungen, die diese Krankheit verursacht. Durch Impfungen können wir verhindern, dass andere Kinder dasselbe durchmachen müssen."
© UNICEF/UNI867557/UshindiIst Polio heilbar?
Polio ist nicht heilbar. Es gibt jedoch effektive Impfungen, die vor einer Infektion schützen. Diese Impfungen sind entscheidend, um die Verbreitung des Virus zu verhindern, wenn die Krankheit einmal ausgebrochen ist. Auffrischungsimpfungen sind ebenfalls wichtig, um den Schutz gegen Polio aufrechtzuerhalten.
Ist Polio für Erwachsene gefährlich?
Zwar sind Kinder besonders gefährdet, aber auch Erwachsene können sich mit dem Virus anstecken, wenn sie keinen ausreichenden Impfschutz haben. Wie bei Kindern kann die Krankheit auch bei Erwachsenen zu Lähmungen führen, denn es gibt keine Medikamente zur Behandlung.
Poliofälle weltweit: Verbreitung der Kinderlähmung
Wurde Polio ausgerottet?
Die gute Nachricht ist: Die gefährliche Kinderlähmung ist fast ausgerottet – Impfungen sei Dank. Seit 1988 ist die Zahl der von Polio betroffenen Kinder um 99,9 Prozent zurückgegangen. Viele Länder gelten dank einer hohen Grundimmunisierung und Auffrischungsimpfungen als poliofrei.
Zwei der drei wilden Poliovirus-Stämme konnten erfolgreich ausgerottet werden. Typ 2 wurde 2015 als ausgerottet zertifiziert, und im Oktober 2019 wurde auch die Ausrottung des wilden Poliotyps 3 bestätigt. Typ 1 der wilden Poliovariante ist nur noch in zwei Ländern endemisch: Afghanistan und Pakistan. Wir stehen also kurz davor, die Krankheit vollständig auszurotten.
In welchen Ländern gibt es noch Kinderlähmung?
Pakistan und Afghanistan sind die letzten beiden verbliebenen Länder der Welt, in denen die Krankheit endemisch ist, das heißt, dass sie dort fortwährend auftritt.

In Afghanistan bekommt die fünfjährige Ayesha eine orale Polioimpfung.
© UNICEF/UNI823687/AziziAber auch in Ländern auf dem afrikanischen und asiatischen Kontinent erkranken Kinder weiterhin an Polio. Die Mehrheit dieser Kinder lebt in den ärmsten und abgelegensten Gemeinden mit einem begrenzten Zugang zu lebensrettenden Impfungen und Gesundheitsdiensten.
Trotz der immensen Fortschritte bei der weltweiten Ausrottung der Kinderlähmung erhalten Millionen Kinder noch immer keine Impfung. Ursachen sind neben einem eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsdiensten auch Konflikte, Klimakatastrophen oder zuletzt die Coronapandemie, die zu Verzögerungen oder Unterbrechungen von Impfkampagnen führen.
Drei Coronapandemiejahre haben zum größten Rückgang der Routineimpfungen seit 30 Jahren geführt. Während der Coronapandemie kam es zu einer viermonatigen Aussetzung der Poliokampagnen in mehr als 30 Ländern. Millionen Kinder erhielten keinen Impfschutz. Beispielsweise verpassten 2021 6,7 Millionen mehr Kinder die dritte Dosis der Impfung gegen Polio im Vergleich zu 2019.

Zwei Gesundheitshelferinnen gehen im Sudan von Haus zu Haus, um Kinder gegen Polio zu impfen. Frauen spielen eine zentrale Rolle bei Impfkampagnen, weil sie oft am besten in der Lage sind, andere Frauen und Kinder zu erreichen.
© UNICEF/UN0822654/Mojtba Moawia MahmoudIm Jahr 2022 traten neue Poliofälle in Ländern auf, die jahrzehntelang poliofrei waren, wie zum Beispiel in Malawi, Israel und den USA. Diese Fälle erinnern uns daran, dass Kinder in allen Ländern so lange gefährdet sind, bis alle Formen von Polio verschwunden sind. Wir müssen alles tun, um dieses Ziel zu erreichen.
Kinderlähmung in Deutschland
Deutschland ist seit den 1990er-Jahren frei von Polio. 1992 wurden die letzten beiden importierten Fälle registriert. Da die Krankheit bis zur Einführung der Polio-Impfung in den 1960er-Jahren aber weit verbreitet war, gibt es auch heute noch polioinfizierte Menschen in Deutschland, die unter den Spätfolgen ihrer Virus-Erkrankung leiden.
Die Impfung gegen Kinderlähmung
Was ist die Polioimpfung und welche Impfstoffe gibt es?
Es gibt zwei Polioimpfstoffe: den oralen Lebendimpfstoff und den inaktivierten Impfstoff (Totimpfstoff). Beide sind wirksam und sicher und werden weltweit in unterschiedlichen Kombinationen eingesetzt, je nach den örtlichen epidemiologischen und programmatischen Gegebenheiten, um den bestmöglichen Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.
Bei der Schluckimpfung handelt es sich um einen Lebendimpfstoff, der lebende, aber abgeschwächte Polioviren enthält, die noch vermehrungsfähig sind und mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Kontaktpersonen können sich daran infizieren und bilden im Normalfall selbst Antikörper gegen das Virus. Die orale Polioimpfung ist kostengünstig und einfach zu verabreichen, aber sehr wirksam. Nur wenige Tropfen des Impfstoffs, verabreicht über mehrere Dosen, immunisieren ein Kind gegen Polio.

Die vierjährige Vania aus Afghanistan zeigt stolz ihren Finger. Der ist markiert – das heißt, dass sie ihre Polioimpfung bekommen hat.
© UNICEF/UNI785261/KhayyamIn Deutschland wird ein Impfstoff mit inaktivierten („toten“) Polioviren in Form einer Spritze verabreicht. Kinder werden schon als Säuglinge gegen Kinderlähmung geimpft. Sie erhalten den Impfstoff erstmals im Alter von acht Wochen, die zweite und dritte Dosis ebenfalls noch im ersten Lebensjahr. Nach diesen drei Impfdosen haben sie eine vollständige Grundimmunisierung. Im Vorschulalter und als Jugendliche benötigen sie Auffrischungsimpfungen. Der Impfschutz durch die Polio-Impfung hält danach etwa zehn Jahre an.
Poliovirus: Was ist der Unterschied zwischen "wilder Polio" und der sogenannten "Impfpoliomyelitis"?
Als "wilde Polio" bezeichnet man das natürlich vorkommende Poliovirus. Die so genannte "Impfpoliomyelitis" dagegen ist die Form der Erkrankung, die unter sehr speziellen Bedingungen durch die orale Polioimpfung selbst ausgelöst werden kann. Sie kommt nur dann vor, wenn zu wenige Menschen innerhalb einer Gemeinschaft einen Impfschutz haben und wenn sie darüber hinaus in schlechten hygienischen Verhältnissen leben.
Der Grund: Wenn Kontaktpersonen, die sich an den abgeschwächten Polioviren infizieren, die über den Stuhl ausgeschieden werden, keine Antikörper bilden, kann das Virus mutieren und damit neue Polioinfektionen auslösen. Nicht der orale Polioimpfstoff ist also das Problem, sondern die zu geringe Impfquote in einer Region.
Wie wird Kinderlähmung (Poliomyelitis) behandelt?
Bislang gibt es kein Medikament zur Behandlung von Polio. Kinderlähmung ist nicht heilbar und kann nur durch eine Impfung vorgebeugt werden. Deshalb ist es so wichtig, jedes Kind in jedem Land der Welt mit dem Polioimpfstoff vor der gefährlichen Krankheit zu schützen.
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Was unternimmt UNICEF im Kampf gegen Kinderlähmung?
Die Globale Initiative zur Ausrottung der Poliokrankheit
Die Globale Initiative zur Ausrottung der Kinderlähmung (Global Polio Eradication Initiative, GPEI) wurde 1988 mit dem Ziel gegründet, jedes Kind in jedem Land mit dem Polio-Impfstoff zu schützen. Die GPEI wird von nationalen Regierungen geleitet und von sechs Partnern unterstützt: UNICEF, der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Rotary International, den U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC), der Bill and Melinda Gates Foundation (BMGF) und der Impfallianz GAVI. Die GPEI ist die weltweit größte Initiative im Bereich der öffentlichen Gesundheit.
Die Rolle von UNICEF in der GPEI
UNICEF organisiert die Beschaffung und Verteilung von über einer Milliarde Dosen von Polioimpfstoffen jährlich und beschafft Gefrierräume, Kühlräume, Kühlschränke, Kühlboxen oder Temperaturüberwachungsgeräte, sodass Impfstoffe sicher gelagert und transportiert werden.
UNICEF-Mitarbeitende schulen Gesundheitspersonal im Umgang mit der Kühlkette, damit Impfstoffe während des langen Transportes und der Lagerung sicher sind. So hilft UNICEF dabei, jährlich etwa 400 Millionen Kinder gegen Polio zu impfen.

Uganda: Oneka Alfred (rechts) und sein Kollege Businge Solomon bereiten sich auf ihre Haus-zu-Haus-Impfungen vor. Die Impfstoffe werden in mit Kühlakkus gepolsterte Impstoffträger gelegt, damit sie gekühlt bleiben.
© UNICEF/UN0634694/TibaweswaErfolge im Kampf gegen Polio
Seit 1988 die Globale Initiative zur Ausrottung von Polio startete, wurden mehr als 2,5 Milliarden Kinder geimpft, die Zahl der an Polio erkrankten Menschen ist um 99,9 Prozent zurückgegangen, und zwei der drei Typen des wilden Polio-Virus wurden ausgerottet.
Während der Coronapandemie hat sich darüber hinaus gezeigt, welche Bedeutung die für Polio-Impfungen geschaffene Infrastruktur, Personal und Know-how auch für die Bekämpfung anderer Gesundheitsnotfälle haben.
- 900.000poliobedingte Todesfälle
wurden verhindert
- 2,5 Mrd.Kinder weltweit
wurden gegen Polio geimpft
- 99,9 %weniger Polio-Fälle
gibt es seit 1988
Häufige Fragen zu Polio (Kinderlähmung)
Polio ist nicht heilbar, aber mit Impfungen können Kinder vor einer Infektion geschützt werden. Auffrischungsimpfungen sind ebenfalls wichtig, um den Schutz gegen die Krankheit aufrechtzuerhalten.
Polio ist weltweit fast ausgerottet – mithilfe von Impfungen ist die Zahl der Poliofälle bei Kindern seit 1988 um 99,9 Prozent zurückgegangen.
Zwei der drei wilden Poliovirus-Stämme konnten erfolgreich ausgerottet werden. Typ 1 der wilden Poliovariante ist nur noch in zwei Ländern endemisch: Afghanistan und Pakistan.
Polioviren werden durch Schmierinfektion übertragen, können aber auch durch die Atemluft oder über durch Fäkalien verunreinigtes Wasser übertragen werden. Wenn Menschen unter schlechten hygenischen Bedingungen zusammenleben, ist die Gefahr einer Übertragung besonders hoch.
Den besten Schutz vor Polio bietet eine Impfung. Es gibt zwei Impfstoffe gegen Polio, einen oralen Lebendimpfstoff und einen Totimpfstpff. Kinder sollten möglichest früh gegen Kinderlähmung geimpft werden, am besten bereits in den ersten Lebenswochen.
Oft treten bei einer Polioinfektion keine oder nur milde, allgemeine Symptome wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen auf.
Greifen Polioviren das zentrale Nervensystem an, kann es zu einer paralytischen Form der Kinderlähmung kommen. Das kommt etwa bei einer von 200 Infektionen vor. Die Lähmungen treten meist zunächst in den Beinen auf und können sich auf die Arme und auch die Atmenmuskulatur ausbreiten. Wenn die Atemmuskulatur betroffen ist, kann Polio tödlich verlaufen, weil das selbstständige Atmen unmöglich wird.
Die Bezeichnungen Poliomyelitis (als Polio abgekürzt) und Kinderlähmung meinen diesselbe Krankheit. Da die Krankheit Lähmungen hervorrufen kann und besonders Kinder unter fünf Jahren gefährdet sind, wird Polio umgangsprachlich als Kinderlähmung bezeichnet. Poliomyelitis ist der medizinische Fachbegriff.
Es gibt zwei Polioimpfstoffe: den oralen Lebendimpfstoff und den inaktivierten Impfstoff (Totimpfstoff). Bei der Schluckimpfung handelt es sich um einen Lebendimpfstoff, der lebende, aber abgeschwächte Polio-Viren enthält, die noch vermehrungsfähig sind und mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Der Totimpfstoff besteht aus abgetöteten Krankheitserregern, die sich im Körper nicht vermehren können.
Beide Impfstoffe sind wirksam und sicher und werden weltweit in unterschiedlichen Kombinationen eingesetzt, je nach den örtlichen epidemiologischen und programmatischen Gegebenheiten, um den bestmöglichen Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.
Wir stehen kurz davor, Polio vollständig auszurotten. Seit 1988 ist die Zahl der von Polio betroffenen Kinder um 99,9 Prozent zurückgegangen.
In Pakistan und Afghanistan ist die Krankheit allerdings noch endemisch, das heißt, dass sie dort fortwährend auftritt. Außerdem erhalten weltweit immer noch viele Kinder keine Impfung aufgrund von Konfliken, Klimakatastrophen oder dem fehlenden Zugang zu Gesundheitseinrichtungen. UNICEF setzt daher alles daran, jedes Kind weltweit mit Impfungen zu erreichen.
UNICEF hat eine große Expertise im Bereich Impfungen. Jedes Jahr organisieren wir die Beschaffung und Verteilung von über einer Millarde Impfdosen und helfen dabei, etwa 400 Millionen Kinder gegen Polio zu impfen.
Wir kaufen Impfstoffe ein, organisieren den sicheren Transport, stellen Kühlräume- und Boxen bereit und schulen Gesundheitspersonal.

Stefanie Hack arbeitet als Redakteurin mit dem Fokus Nothilfe. Im Blog schreibt sie über die weltweite Arbeit von UNICEF und entwicklungspolitische Themen.