Burkina Faso: Schüler in Gefahr
Das Kindermagazin GEOlino stellt in jeder Ausgabe ein UNICEF-Projekt vor. In Heft 5/2020 erschien ein Bericht über Daniel, der in Burkina Faso vor der Terrorgruppe Boko Haram fliehen musste.
Daniel ist zwölf Jahre alt und lebt im Norden von Burkina Faso. Als seine Schule von Terroristen überfallen wird, zieht er mit seinem Bruder in eine andere Gemeinde – und geht dort weiter zur Schule.
Der Lehrer brüllt ein Kommando. Sofort werfen sich alle Schüler auf den Boden und legen die Hände schützend über ihre Köpfe. Regungslos verharrt Daniel zwischen den anderen Jungen und Mädchen auf dem staubigen Boden zwischen den Schulbänken und wartet, bis der Lehrer Entwarnung gibt. „Gut gemacht!“ Genau wie in dieser Übung sollen sich die Kinder verhalten, falls Terroristen die Schule überfallen – und das ist leider nicht unwahrscheinlich.
In Burkina Faso, Mali, Niger und weiteren Ländern in West- und Zentralafrika überfallen islamistische Terrorgruppen immer wieder Schulen oder auch ganze Dörfer. Die vielleicht bekannteste Gruppe heißt Boko Haram, was so viel bedeutet wie „westliche Bildung ist Sünde“. Für die Gruppe gehört einzig der Koran, die heilige Schrift des Islam, auf den Stundenplan, nicht Mathe oder Englisch.
Mit ihren Überfällen haben die Kämpfer dafür gesorgt, dass viele Schulen bereits geschlossen wurden. Auch Daniels alte Schule. Der Zwölfjährige stammt eigentlich aus der Kleinstadt Aribinda im Norden von Burkina Faso. Eines Tages kamen die Kämpfer. „Sie verbrannten alle unsere Bücher und Schreibhefte und griffen unsere Lehrer an“, berichtet Daniel. Schlimmer noch: „Sie haben den Vater meines Freundes ermordet. Ich war einfach nur noch traurig und hatte riesige Angst.“ Seitdem fällt der Unterricht aus.
Damit Daniel weiter zur Schule gehen kann, schickten seine Eltern ihn mit seinem großen Bruder nach Dori. Die Gemeinde liegt etwa anderthalb Autostunden von Aribinda entfernt. Sein Bruder kümmert sich gut um Daniel, hilft ihm beim Lernen, sorgt dafür, dass er regelmäßig etwas zu essen bekommt. Aber Daniel quält das Heimweh. „Meine Freunde fehlen mir. Und ich habe Angst, dass ihnen etwas passiert. Ich bin jetzt von fast allen getrennt, die mir nahestehen.“ Obwohl er weiß, wie wichtig das Lernen ist, sitzt er nie ohne Angst auf der Schulbank. Schließlich könnte jederzeit wieder jemand mit einer Waffe hereinstürmen.
Viele Menschen haben sich dem Schrecken des Terrors bereits gebeugt: Eltern schicken ihre Kinder nicht mehr in die Schule, weil sie fürchten, dass ihnen dort etwas passiert. Oder die Gemeinden schließen Schulen vorsorglich. In West- und Zentralafrika werden so knapp zwei Millionen Kinder bereits am Lernen gehindert. Sie alle werden es einmal schwer haben, einen guten Beruf zu erlernen.
Um diesen Kindern zu helfen, unterstützt UNICEF die noch geöffneten Schulen mit Material, richtet Sicherheitsbereiche ein, wo die Kinder ohne Angst lernen können, und hat außerdem ein Radio-Bildungsprogramm auf die Beine gestellt. Die daran beteiligten Jungen und Mädchen können damit von zu Hause aus lernen. Sie bekommen Radiogeräte zum Empfang des Programms, und ein Betreuer besucht sie regelmäßig, um zu sehen, ob alles klappt.
Und Daniel? Der reißt sich zusammen und hält durch. „Ich sehne mich nach Frieden für mein Land“, sagt er. Denn ihm ist klar: Nur wenn der Terror aufhört, kann er wieder nach Hause.