Fotoreportagen

Syrische Flüchtlinge im Irak


von Christian Schneider

DIESSEITS DER HOFFNUNG

Viele syrische Flüchtlingskinder leben mit ihren Familien in Flüchtlingslagern in den Nachbarländern Syriens. Am Wochenende war ich im Flüchtlingslager Domiz im Irak.

Syrische Flüchtlingskinder: Christian Schneider im Flüchtlingslager Domiz

Christian Schneider im irakischen Flüchtlingslager Domiz

© UNICEF Irak/ Bruere

Bei den ersten Schritten über die staubigen Wege des irakischen Flüchtlingslagers Domiz gehen mir die Worte von UNICEF-Direktor Anthony Lake durch den Kopf. Vor wenigen Stunden erst hatte er sich äußerst besorgt an die Weltöffentlichkeit gewandt. Über 400.000 Menschen in der umkämpften syrischen Stadt Homs seien in einer verzweifelten Lage, sehr viele von ihnen Frauen und Kinder. Diese Menschen machen dieser Tage Furchtbares durch: ohne Ausweg aus dem Kessel der Gewalt, abgeschnitten von lebenswichtiger Hilfe. Im dritten Jahr schon ruft UNICEF dazu auf, die Kinder in Syrien endlich vor der Gewalt zu schützen. Vergebens: Tausende sind dem Krieg zum Opfer gefallen. Hunderttausende Jungen und Mädchen haben Dinge erlebt, die sie auch als Erwachsene nicht mehr aus dem Kopf bekommen werden.

Überleben im Flüchtlingslager Domiz

Die Menschen, denen ich an diesem Morgen in Domiz begegne, haben ihre Heimat noch rechtzeitig verlassen. Viele stammen aus den Kurdengebieten Syriens, sie wollten sich auf die sichere Seite in den kurdischen Teil des Irak retten. Aber da ist auch die Frau, die uns eindringlich vom Bombengewitter in Damaskus erzählt, dem sie mit ihren Kindern entflohen ist. Sie lacht, lässt sich gern fotografieren – froh, in Sicherheit zu sein. Und da ist mein argentinischer UNICEF-Kollege Jorge Carvalho, der die Sorge um die Kinder und den unbedingten Willen, ihnen ein halbwegs erträgliches Leben zu bieten, in seinen freundlichen Augen trägt. „Stell dir vor, es gibt hier Kinder, die nicht zur Schule gehen möchten, weil sie das zu sehr an ihr altes Leben erinnert“, sagt er. „Sie halten das einfach noch nicht aus.“

Mehr als aushalten kann man das Leben in Domiz nicht: Das Lager ist übervoll. Etwa 45.000 Menschen haben diesseits der Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre syrische Heimat Zuflucht gesucht. Angelegt wurde das Camp vor gut einem Jahr für gerade einmal halb so viele Menschen. Zwischen Zelten, einfach gemauerten Hütten und Containern, die sich über die Anhöhe erstrecken, steht seifiges, graues Wasser in schmalen Rinnsalen. Es stinkt. Und fast glaube ich, das Wasser beginnt gleich zu kochen, denn die Sonne brennt in diesen Tagen mit Temperaturen bis 45 Grad auf das Lager nieder.

Eines zumindest ist für die Flüchtlinge hier sicher: das Überleben. UNICEF sorgt gemeinsam mit seinen Partnern für Trinkwasser, hat sanitäre Anlagen eingerichtet – hier wie in allen von der Krise betroffenen Ländern ein Schwerpunkt unserer Hilfe.

Hilfe für die Flüchtlingskinder

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen gibt Gutscheine aus, mit denen die Familien in einem speziellen Supermarkt ihre eigenen Lebensmittel kaufen können. So sind sie nicht auf die milde Gabe von Essensrationen angewiesen. Es gibt ihnen etwas mehr Würde im Flüchtlingsalltag – und die Chance, auch Obst oder frisches Gemüse einzukaufen.
In der Jiyan-Schule, die wie die beiden anderen Camp-Schulen von UNICEF unterstützt wird, gibt es angereicherte Kekse, um die Kinder zu stärken. Innere Kraft gibt ihnen auch das Sommerprogramm an der Schule, das UNICEF mitorganisiert hat. Im Innenhof der Containerschule singen die Kinder, spielen Geige, oder, wie der nachdenkliche Mustafa Ibrahim, traditionelle Instrumente wie die Saz.

Mustafa geht hier in Domiz in die 8. Klasse. Eines seiner 15 Lebensjahre hat Mustafa nun schon im Lager verbracht. Ich weiß nicht, wo er in Syrien gelebt hat. Mit 15 müsste er dort vielleicht für die bewaffneten Einheiten Dienste übernehmen. Oder bekäme selbst eine Waffe in die Hand. Er müsste Schutz suchen vor Schüssen und zittern vor den Einschlägen der Granaten. Und eines wäre sicher nicht sicher: sein Leben.

Wir rufen immer noch dringend zu Spenden für syrische Flüchtlingskinder auf: Jede Spende zählt, um Kindern wie Mustafa zu helfen.

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Nothilfe Syrienkrise
Afghanistan: UNICEF-Geschäftsführer mit Schülerinnen in einem Learning Center | © UNICEF
Autor*in Christian Schneider

Christian Schneider ist Vorsitzender der Geschäftsführung des Deutschen Komitees für UNICEF, ein Schwerpunkt der Arbeit ist seit Jahren die Situation von Kindern in Krisenregionen. Er hat Ethnologie, Politikwissenschaften und Publizistik studiert und war vor der Zeit bei UNICEF als Journalist für verschiedene Tageszeitungen tätig.