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Impfaufklärung von Tür zu Tür


von Beatrix Hell

Derzeit hilft UNICEF in der Demokratischen Republik Kongo, eine Impfkampagne gegen Kinderlähmung vorzubereiten. 2006 ist das Polio-Virus hier wieder aufgetreten. Eingeschleust über die Grenze aus Angola, sind schon fast 200 Kongolesen seit 2010 erkrankt.

Polio-Schluckimpfung. ©UNICEF/Pirozzi

Ein Mädchen in Kinshasa erhält eine Polio-Schluckimpfung.

© UNICEF/Pirozzi

Woran liegt es, dass das Virus trotz zahlreicher landesweiter Impfaktionen eine Gefahr bleibt? Warum ist die Impfrate in dem afrikanischen Land so niedrig?

Hindernisse bei Impfaktionen

Schon ein Blick auf die Landkarte verdeutlicht es mir: In einem Land, das sechs bis sieben Mal größer ist als Deutschland, sind viele Regionen kaum zugänglich. Riesige Regenwälder, hohe Gebirgszüge und wenige Straßen erschweren die Verbindung in abgelegene Gebiete. Darunter leidet auch die medizinische Versorgung des Landes. Jeder Medikamententransport ist aufwändig und kostspielig. Dies gilt vor allem für den sehr Hitze empfindlichen oralen Polio-Impfstoff. Er muss mit Flugzeugen, Motorrädern, Booten, Fahrrädern und zu Fuß – bei -20°C / -25°C gekühlt – bis zum Einsatzort gebracht werden. Oft eine logistische Meisterleistung, die UNICEF unterstützt.

Aufgrund der Abgeschiedenheit vieler Dörfer ist es zudem schwierig, alle Bewohner über das medizinische Angebot zu informieren und zu Impfungen aufzurufen. Oft gibt es keine Elektrizität, kein Fernsehen oder Radio. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass auch kongolesische Eltern Sorge wegen schädlicher Impf-Nebenwirkungen haben.

Der Widerstand gegen eine Impfung basiert in manchen Regionen aber vor allem auf kulturellen und religiösen Vorbehalten. So predigt Marco Kiabuta, ein religiöser Führer in einem Dorf in Nord-Katanga: „Wir brauchen keine Impfung, weil wir nur einen Doktor haben und das ist Gott.“

Gesundheitshelfer, religiöse Führer und Dorfchefs überzeugen

Um die Impfbereitschaft zu erhöhen, setzen UNICEF und seine Partner verstärkt auf Aufklärung. Es gilt, die Menschen von der wichtigen Impfung zu überzeugen, um die weitere Ausbreitung der verheerenden Infektionskrankheit zu verhindern. Dafür arbeitet UNICEF mit Hilfsorganisationen, lokalen Initiativen und Gemeinden zusammen und bietet Schulungen an. Auch traditionelle und religiöse Führer wie Dorfchefs und Priester werden zur Mitarbeit gewonnen. Denn gerade sie haben aufgrund ihrer Anerkennung als Autorität einen leichteren Zugang zur Bevölkerung. Ihren Worten wird Glauben geschenkt.
Am wirkungsvollsten hat sich die Kommunikation im persönlichen Kontakt bewiesen. Geschulte Gemeindemitarbeiter, Gesundheits- und Impfhelfer gehen als so genannte „Mobilizer“ von Tür zu Tür, von Familie zu Familie und klären über die Gefahr und den Schutz vor Kinderlähmung auf. Im direkten Gespräch lassen sich individuelle Fragen sofort klären und Vorurteile leichter abbauen – diese Erfahrung machen alle „Mobilizer“.

Zwei Tropfen gegen das heimtückische Virus

Das Polio-Virus wird durch Tröpfchen übertragen und kann innerhalb weniger Stunden in Gehirn und Rückenmark gelangen. Bei relativ wenigen Infizierten kommt es zu Lähmungen, die im Extremfall tödlich sein können. Polio hat aber die heimtückische und gefährliche Eigenschaft, dass auch infizierte Menschen, bei denen die Krankheit nicht ausbricht, das Virus weiterverbreiten können.

Vor diesen Gefahren schützen zwei Tropfen Polio-Impfstoff. Um die Übertragung des Virus zu stoppen, müssen möglichst alle Kinder im ersten Lebensjahr viermal eine Schluckimpfung erhalten. Eine Region gilt dann als poliofrei, wenn drei Jahre lang kein einziger Fall mehr aufgetreten ist.

UNICEF und seine Partner kämpfen weiter. „Solange es noch immer Polio-Erkrankungen in der Demokratischen Republik Kongo gibt, wird es auch weiter Impfkampagnen geben“, betont Jeremie Kusunga Mayinga, Priester, Universitätsprofessor und „Mobilizer“ aus Überzeugung.

Beatrix Hell
Autor*in Beatrix Hell

Beatrix Hell berichtet über Neues aus den Projektländern.