Wie wollen wir leben?
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Wie wollen wir leben?

Im UNICEF-Geburtstagsjahr​​​​​​ fragen wir uns selbst und viele unserer Unterstützer*innen, wie wir in Zukunft leben wollen.


von Katharina Kesper

Antworten auf eine große Frage

„Die Hoffnung der Welt richtet sich auf die kommenden Generationen“, heißt es in der Gründungserklärung von UNICEF vom 11. Dezember 1946. Viele Kinder haben auch im Jahr 2021 noch keine Chance auf ein gutes, geschütztes Aufwachsen – und ihre dramatische Lage wird oft übersehen.

Für genau diese Kinder setzt UNICEF sich seit 75 Jahren leidenschaftlich ein – mit einer Vielzahl von Unterstützer*innen! Und genau diese Vielzahl und bunte Palette an UNICEF-Unterstützern beantworten aus ihrem persönlichen Blickwinkel heraus unsere zukunftsweisende Geburtstags-Frage: Wie wollen wir leben?

Von jung bis alt, von unbekannt bis prominent, von lokal verbunden bis weit gereist, von Wirtschaft und Politik bis hin zu Spendern, Paten und Ehrenamtlichen: In diesem Blogbeitrag sammeln wir Antworten von Menschen, die sich für UNICEF engagieren.

Martha

ist 18 Jahre alt und engagiert sich seit einigen Jahren im UNICEF-JuniorTeam in Dresden. Die Antwort auf die Frage "Wie wollen wir leben?“ beantwortet uns Martha per Video. Sie sagt: "Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, dass die Welt ein gerechterer Ort wird, an dem Kinderrechte kein Privileg sind, sondern Realität für jedes Kind."

"Wir wollen in Zukunft in einer gerechteren Welt leben."

"Ich will in einer Welt leben, die Kindern mehr Raum gibt. Die ihnen Gehör schenkt, die die Kinderrechte hochhält, die Kinder fördert und fordert und an sie glaubt."

Tobias Krell

geht als Checker Tobi seit 2013 in seiner KiKa-Sendung Wissensfragen auf den Grund. Er schreibt uns, wie fasziniert er von der Wissbegier von Kindern ist und warum sie seiner Meinung nach eine noch viel größere Bühne brauchen.

Checker Tobi
© Hans-Florian Hopfner

"Seit acht Jahren mache ich Kinderwissensfernsehen. In unserer Sendung versuchen wir, Kindern die Welt zu erklären – und es gibt (fast) kein Thema, das wir unseren jungen Zuschauer*innen nicht „zumuten“ würden. Warum? Weil wir täglich erleben, wie wissbegierig Kinder sind. Wie gern sie gefordert und gefördert werden. Wie groß ihr Gerechtigkeitssinn ist. Weil sie hinterfragen und reflektieren, weil sie sich interessieren und weil sie sich engagieren.

Klimawandel, Krieg und Frieden, Nachhaltigkeit: Die Perspektiven der Kinder haben uns noch jedes Mal begeistert, überrascht und uns Mut gemacht. Bei einigen unserer Reisen durfte ich Kinder treffen, die so ganz anders aufwachsen als die Kinder in Deutschland.

In Vanuatu zum Beispiel, wo das Leben von den Launen eines ständig aktiven Vulkans bestimmt wird. In Dharavi, Mumbai, dem größten Slum Asiens, wo Kinder kein eigenes Bett haben und tagtäglich um sauberes Trinkwasser kämpfen müssen. In Grönland, wo der Schulweg nicht mal eben mit dem Schulbus absolviert werden kann. Egal, wo auf der Welt mir Kinder begegnet sind: Überall sind sie neugierig, offen, stark. Und überall machen sie Mut.

Wie wollen wir also leben?

Ich will in einer Welt leben, die Kindern mehr Raum gibt. Die ihnen Gehör schenkt, die die Kinderrechte hochhält, die Kinder fördert und fordert und an sie glaubt. Die Kinderarbeit abschafft, Chancengleichheit herstellt, Solidarität lebt. Ich will in einer Welt leben, in der Kinder Kinder sein können und wo sie genau deshalb ernst genommen werden.

Für so eine Welt setzt sich UNICEF seit nunmehr 75 Jahren ein. Das ist von unschätzbarem Wert.

Luise Morgeneyer

ist Gründerin, Autorin und Influencerin. Für unsere Geburtstags-Frage reist sie gedanklich noch einmal zurück in ihre Kindheit.

Wir müssen aufhören, die unerschöpfliche Phantasie und Kreativität von Kindern zu
ersticken, sondern sie befruchten, ihnen jeden Weg offen halten.

Luise Morgeneyer, Influencerin
Luise Morgeneyer

"Als ich sieben Jahre alt gewesen bin, habe ich mir, daran erinnere ich mich genau, geschworen, niemals zu vergessen, wie es ist ein Kind zu sein und wie eines zu denken. Ich war oft so wütend auf die Erwachsenen, darüber dass sie einfach nicht verstehen wollten, wer ich war oder was ich brauchte. Heute frage ich mich: Konnte ich wirklich wissen, was ich brauchte und wollte und konnte?

Nicht im Hinblick darauf, dass es Erwachsene besser wussten, sondern erschrocken über das Fehlen von Facetten und Nuancen und Superlativen in den mir gegebenen Möglichkeiten. Mir wurde nie das Angebot gemacht, mich in eine Frau zu verlieben (also habe ich mich das auch selber nicht gefragt) oder es war immer klar, dass meiner Schulzeit ein Studium oder eine Ausbildung folgte (also habe ich auch keine Alternativen erträumt). Die Zwischentöne und Trampelpfade finden Kinder, meine ich, von ganz alleine – wenn das eigene Ziel weniger klar definiert ist durch Erwachsene.

Luise Morgenmeyer
© David Haase

Wir müssen aufhören, die unerschöpfliche Phantasie und Kreativität von Kindern zu
ersticken, sondern sie befruchten, ihnen jeden Weg offen halten.

Indem wir Raum lassen für verschiedene Träume und unterschiedliche Aussichten benennen, werden diese für Kinder auch zu real existierenden Möglichkeiten. Perspektiven und weite, freie Horizonte geben ihnen Kraft und Motivation. Ganz nach dem Motto: Alles ist möglich. Denn es ist alles möglich.

Die Herausforderung für uns dabei? Über die eigens gegangenen und erkundeten Wege hinaus zu blicken und anzuerkennen, dass es da noch so viel mehr gibt. Dann: den eigenen Horizont erweitern, Kinder auf unsere Schultern heben und sie noch mehr sehen lassen, ihnen mehr Farben zum Träume geben als die, die wir vielleicht selbst zur Verfügung hatten.

Wenn wir statt unserer Zukunft, ihre Zukunft sehen, statt unserer Perspektive, ihre Perspektive in den Mittelpunkt rücken und bereit für jede mögliche Antwort sind, bereit, zu fragen: Wie wollt ihr leben? Dann kann es gelingen, altruistisch zu sein und darauf zu vertrauen, dass Kinder ganz genau wissen, was das Beste für sie ist.

All das gilt vor allem für Mädchen und junge Frauen, für Trans, inter, non-binary oder queere Kinder und Jugendliche, sowie Schwarze Jugendliche und Kinder und Kinder und Jugendliche of Color. Um ihre Perspektiven nicht nur sichtbar, sondern auch wirklich erreichbar zu machen, braucht es Frauenquoten, gendergerechte Sprache, gezielte Förderung, mehr sexuelle Aufklärung und Schutz vor sexuellem Missbrauch und Belästigung, sowie das Aufbrechen und Beseitigen rassistischer Strukturen.

"Ich möchte in einer Welt leben, die ein echtes Zuhause für uns alle ist."

Dennis Balslev

ist CEO und CSO von IKEA Deutschland. Er zeichnet mit seiner Antwort ein Bild von einem "echten Zuhause für Kinder" und appelliert gleichzeitig an ein gemeinsames zukunftsorientiertes Handeln.

Dennis Balslev
© Inter IKEA Systems B.V.

"Ich möchte in einer Welt voller Respekt und wahrer Gleichberechtigung leben und die die Grenzen unseres Planeten respektiert. Eine Welt, die ein echtes Zuhause für uns alle ist. Wir beeinflussen mit unserem Handeln heute die Zukunft aller Kinder.

Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Rechte der Kinder zu achten und ihr zukünftiges Zuhause zu bauen. Wir können das gemeinsam durch Zusammenarbeit schaffen. Ich freue mich, dass UNICEF auf diesem Weg ein starker und vertrauenswürdiger Partner von IKEA ist.

"75 Jahre nach der Gründung von UNICEF wünsche ich den Kindern vor allem eine friedliche Welt."

Christian Schneider

ist seit 2010 der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. Auf seinen Reisen in die Krisenregionen dieser Welt nimmt er sich immer wieder Zeit für die Geschichten der Kinder, die er trifft.

Nepal Erdbeben: UNICEF-Geschäftsführer Christian Schneider besucht Kinder
© UNICEF/DT2015-36781/Narendra Shrestha

„Wie wollen wir leben?“ – was hätten Mädchen und Jungen im zerstörten Nachkriegseuropa auf diese Frage geantwortet, als UNICEF zum ersten Mal für Kinder im Einsatz war? Aus der eigenen Familiengeschichte wissen viele von uns, wie sehr diese Kinder, die dann unsere Eltern oder Großeltern wurden, das Ende der Bomben herbeigesehnt hatten.

Viele wünschten sich nichts dringender, als nach langer Flucht endlich anzukommen und eine fröhlichere Kindheit zu erleben, in die Schule zu gehen, den Krieg hinter sich zu lassen. Sehr viele hätten sicher einfach von einem warmen Essen pro Tag gesprochen, oder von einem Dach über dem Kopf.

Es stellt der Welt und den dafür Verantwortlichen ein deutliches Zeugnis aus, dass mir Kinder bei Besuchen in Syrien und den Nachbarländern Jordanien oder Libanon, bei Gesprächen im Südsudan, in Somalia oder der Ukraine heute dieselben traurigen Wünsche diktieren.

75 Jahre nach der Gründung von UNICEF wünsche ich deshalb den Kindern vor allem eine friedliche Welt. Ich wünsche jedem Kind – und nicht erst der nächsten Generation – ein Leben ohne die tägliche Angst, ohne die verlorenen Jahre in Flüchtlingscamps, in denen Kinder nicht einen einzigen Tag verbringen sollten.

Die gute Nachricht ist: Die Kinder von heute können und werden unsere Welt gestalten.

Rund um den Globus gibt es unglaublich viele junge Menschen, die für genau diese friedliche Welt eintreten, die eine Idee von einem gesunden, sicheren und diesem Planeten nachhaltig zumutbaren Menschenleben haben.

Viele, wenn auch nicht ausreichend viele Ältere haben gelernt, dass Kinder nicht nur zukünftige Erwachsene sind, sondern junge Menschen, denen wir schon jetzt viel zutrauen und denen wir zuhören sollten. Kinder und Jugendliche haben das Recht darauf. Wenn wir sie darin unterstützen und sie ernst nehmen, bin ich zuversichtlich, dass sie eine Zukunft schaffen, in der ich auch sehr gern leben möchte. Am besten fangen wir heute damit an.

"Kinder sind unsere Zukunft!"

Dr. Gerd Müller

ist Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Das BMZ unterstützt die weltweite UNICEF-Arbeit. Während seiner Amtszeit hat Minister Müller auf vielen Projektreisen UNICEF-Mitarbeiter*innen kennengelernt und die UNICEF-Arbeit vor Ort erlebt. Er wünscht sich eine bessere, gerechtere Welt für jedes Kind.

"Für mich bedeutet das, Kinder und Jugendliche zu sehen, zu hören und ernst zu nehmen, statt über ihre Köpfe hinweg politische Entscheidungen zu treffen."

Roman Sidig

ist 23 Jahre alt und leitet die UNICEF-Hochschulgruppe in München. Ihm ist der Blick zurück bei einer Frage nach vorne wichtig.

Roman Sidig
© Roman Sidig

Um zu beantworten, wie wir in Zukunft leben wollen, braucht es eine ganze Menge Reflexionsvermögen bezüglich unserer Vergangenheit und Bewusstsein für unsere Gegenwart.

In der Vergangenheit haben wir die Kinderrechtskonvention ratifiziert und weltweit Nothilfe geleistet. In 75 Jahren Einsatz für Kinderrechte gibt es viele Erfolge bei UNICEF zu feiern. Dennoch darf das nicht bedeuten, sich auf diesen Erfolgen auszuruhen.

Ein Bewusstsein für die Gegenwart hilft uns dabei, uns an Wendepunkten zu orientieren, um in voller Kenntnis all der Ungleichheiten, die wir gezwungen sind zu tolerieren, gesellschaftlich sowie politisch orientiert unsere Arbeit zu tätigen.

Wenn uns die letzten 75 Jahre eines gezeigt haben, dann, dass unsere Arbeit gerade in unserer momentanen globalen Situation wichtiger ist als jemals zuvor. Wenn wir darüber nachdenken, wie wir bislang gelebt haben, kristallisiert sich für mich heraus, wie wir jetzt leben wollen.

Für mich bedeutet das, Kinder und Jugendliche zu sehen, zu hören und ernst zu nehmen, statt über ihre Köpfe hinweg politische Entscheidungen zu treffen. Kinder sind Visionäre, die aktiv unser Leitbild formen und uns dabei helfen, gemeinsam wichtige Veränderungen herbeizuführen.

Nicht für sie, sondern mit ihnen können wir unser Handeln zukünftig neu denken, ihren Stimmen Gehör schenken, Bewusstsein schaffen und zeigen, dass die Vision einer kindergerechten Welt gemeinsam eine kindergerechtere Realität werden kann – für jedes Kind, denn unsere Kinder sind unsere Zukunft.

"Alle Kinder müssen die Chance bekommen, ihr Leben und ihr Lebensumfeld selber gestalten zu können."

Sabine Hafer

leitet in Osnabrück die ehrenamtliche Gruppe von UNICEF. Aus einer Projektreise nach Sambia vor einigen Jahren zog sie unfassbare Kraft und Motivation, die sie bis heute wegweisend in der Frage "Wie wollen wir leben?" begleitet.

Sabine Hafer
Bild 1 von 2 © Sabine Hafer
Sambia: Kinder posieren für ein Gruppenfoto.
Bild 2 von 2 © KH Umland

Etwas zurückzugeben war vor 26 Jahren meine Motivation, mich ehrenamtlich für UNICEF zu engagieren. 2006 hatte ich die tolle Möglichkeit eine Projektreise mit UNICEF nach Sambia zu begleiten. Das hat mich inhaltlich der UNICEF-Projektarbeit und vor allem emotional den Kindern so viel näher gebracht.

Die Freude über die kleinen Dinge des Lebens wie sprudelndes Wasser dank einer mechanischen Pumpe ließen die Kinderherzen höher schlagen. Neben vielen eindrücklichen Begegnungen, ist mir vor allem eines immer klarer geworden:

Alle Kinder müssen die Chance bekommen, ihr Leben und ihr Umfeld selber gestalten zu können. Diese Aufgabe kann nur mit Hilfe einer global agierenden Organisation wie UNICEF bewältigt werden.

Deshalb unterstützte ich die Arbeit von UNICEF – und tue das auch weiterhin. Der Weg ist das Ziel. Also gehen wir in Osnabrück auf die Straße, für den Kampf gegen Mangelernährung, sammeln Spenden für Kinder in Not und berichten über die Kinder dieser Welt. Wir Erwachsenen sind gemeinschaftlich dafür da, dass alle Kinder die Chance bekommen, unser aller Zukunft mitzugestalten!

Sie möchten mehr zu UNICEF im Geburtstagsjahr 2021 lesen? Wir tragen hier alle Blogbeiträge für Sie zusammen.

InfoUNICEF feiert seinen 75. Geburtstag

Am 11. Dezember 1946 wurde das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen gegründet – mit einem klaren Ziel: Kindern zu helfen und ihnen die Chance auf ein besseres Leben zu bieten. Unsere Arbeit ist heute dringender als je zuvor, denn die Zukunft der Kinder ist angesichts von Hunger, Armut und Ungleichheit in großer Gefahr. Unter der Frage "Wie wollen wir leben?" möchten wir auf die großen Aufgaben aufmerksam machen, die noch vor uns liegen und für die wir weiter Unterstützung benötigen.

Katharina Kesper
Autor*in Katharina Kesper

Katharina Kesper ist Chefin vom Dienst bei UNICEF und bloggt über kraftvolle Geschichten von Kindern, über die Arbeit der Organisation auf der ganzen Welt, über UNICEF-Helfer*innen und besondere Begegnungen.