Statement

Lage der Kinder in der Demokratischen Republik Kongo spitzt sich dramatisch zu

Statement von Grant Leaity, Leiter von UNICEF in der Demokratischen Republik Kongo, beim heutigen Pressebriefing im Palais des Nations in Genf

Genf/Köln

„Die Gewalt gegen Kinder im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Es gibt kaum einen anderen Ort, an dem es so schwer ist, ein Kind zu sein. Das Land verzeichnet die höchste Anzahl verifizierter Kinderrechtsverletzungen in bewaffneten Konfliktgebieten weltweit.

Im vergangenen Jahr haben die zunehmende Gewalt und Konflikte im Osten des Landes zur schlimmsten Vertreibungskrise in Afrika – und zu einer der schlimmsten weltweit – geführt. Mehr als 2.8 Millionen Kinder im Osten des Landes tragen die Hauptlast der Gewalt.

Jeden Tag werden Kinder vergewaltigt und getötet. Sie werden entführt, von bewaffneten Gruppierungen rekrutiert und eingesetzt – die Berichte, die uns gemeldet werden, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Vor Kurzem habe ich in Nord-Kivu ein Zentrum für Kinder besucht, die von bewaffneten Gruppierungen befreit worden waren Sie waren verlassen in ihrem Dorf aufgefunden worden, schwer mangelernährt… UND an einem Sprengstoffgürtel befestigt. Der immer häufiger werdende Einsatz von improvisierten Sprengsätzen ist nur einer von vielen grausamen Entwicklungen der letzten Zeit.

In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden allein in der Region Nord-Kivu mehr als 38.000 Fälle von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt gemeldet. Das ist ein Anstieg von 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Anders ausgedrückt: In nur einem Jahr gab es 10.000 mehr Berichte über sexualisierter und geschlechtsspezifische Gewalt – und dabei handelt es sich nur um die Fälle, die gemeldet wurden.

Neben diesem noch nie dagewesenen Ausmaß an Gewalt ist das Leben der Kinder im Osten des Landes auch durch Epidemien und Unterernährung gefährdet. Rund 1,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind dort von akuter Mangelernährung bedroht.

Auch Epidemien nehmen zu: Aktuell verzeichnet das Land den schlimmsten Choleraausbruch seit mehr als fünf Jahren. Die Zahl der Masernfälle stieg bis August auf über 780.000 Fälle.

Die Weltgemeinschaft schaut weg. Und lässt die Kinder der Demokratischen Republik Kongo im Stich.

Doch es gibt Hoffnung. Zwei Dinge sind notwendig.

Erstens braucht es mehr finanzielle Mittel: Mit den entsprechenden Mitteln kann UNICEF auf die humanitäre Notsituation reagieren.

In diesem Jahr haben wir dafür gesorgt, dass rund 30.000 Kinder und ihre Familien psychologische Hilfe erhalten haben. Mehr als 500 Kinder, die aus bewaffneten Gruppierungen freigelassen wurden, erhielten Unterstützung bei ihrer Wiedereingliederung in den Alltag. Wir haben Tausende von mangelnährten Kindern unterstützt, die eine stationäre Behandlung benötigten. Und wir haben mehr als 800.000 Menschen Zugang zu sauberem Wasser ermöglicht. Doch das reicht nicht aus.

UNICEF benötigt 400 Millionen US-Dollar, um die Hilfe für Kinder in der Demokratischen Republik Kongo auszuweiten. Seit der Ankündigung der Aufstockung der Nothilfe im Juni dieses Jahres hat unser Appell jedoch lediglich ein Prozent zusätzliche Mittel erhalten, obwohl diese dringend benötigt werden.

Zweitens braucht es den politischen Willen, diesen Konflikt zu beenden. Wir rufen die Regierung der Demokratischen Republik Kongo, die afrikanischen Staaten und die internationale Gemeinschaft dazu auf, gemeinsam eine friedliche Lösung für diese Krise zu finden - eine Lösung, die es Millionen von vertriebenen Familien im Osten der Demokratischen Republik Kongo ermöglicht, in ihr Zuhause zurückzukehren.“

Christine Kahmann

Christine KahmannSprecherin - Nothilfe

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