Fotoreportagen

"Cash-Transfer": Hilfe für die ärmsten Familien in Malawi


von Maren Platzmann

Von Anfang an war mein Job in Malawi höchst spannend.

Ich habe schon in einigen Krisengebieten gearbeitet, etwa im Südsudan, in der Demokratischen Republik Kongo oder in der Ukraine. Ich war dort zuständig für das "Cash-Transfer"-Programm, eine besondere Form der Hilfe für die Ärmsten.

Kongo: Maren Platzmann mit Farmern in Nord Kivu

Maren im Gespräch mit Farmen aus North Kivu in der Demokratischen Republik Kongo über die beste Unterstützung von Familien in Krisenregionen.

© UNICEF DR Congo/2013/Daniel Ruiz

Im Moment arbeite ich für UNICEF in Malawi. Im Rahmen des "Cash-Transfer"-Programms unterstützen wir Bedürftige mit kleinen Geldbeiträgen. Der Vorteil: Sie wissen selbst am besten, was am nötigsten gebraucht wird, und können entscheiden, was von dem Geld angeschafft wird – Essen, Kleidung, Medikamente oder Schulmaterialien.

Blog

Cash Transfers in Afghanistan und weltweit: Warum Bargeld auch ein Hilfsgut ist

Nicht in allen Situationen ist das "Cash-Transfer"-Programm möglich, dann ist die direkte Versorgung mit Hilfsgütern sinnvoller. Doch dort, wo das Programm gut umgesetzt werden kann, ist es eine sehr gute Unterstützung für Familien. Sie kurbeln nicht nur die örtliche Wirtschaft an, sondern lassen den Familien auch eine Wahl und ihre Würde. Zudem fördern sie Eigenverantwortung und Hilfe zur Selbsthilfe.

Malawi: Ein staatlicher Buchhalter gibt Paulino Gideon Geld

Im Rahmen des „Cash Transfer“-Programms zahlt ein Mitarbeiter der örtlichen Behörde Familienvater Paulino Gideon aus Mchinji sein Geld aus.

© UNICEF Malawi/2016/Amos Gumulira

Nach den Kriegsgebieten war meine Arbeit im friedlichen Malawi eine völlig neue Erfahrung. Das Land leidet nicht unter Gewalt, sondern unter Hunger in Folge von häufigen Überschwemmungen und Dürre. Für mich war es aufregend zu sehen, wie Nothilfe und Kinderschutz beim "Cash-Transfer" effektiv ineinandergreifen.

Daniels Geschichte

Ein gutes Beispiel ist Daniel Kagwanji aus dem Dorf Kabulika, der mit seiner Frau eine Stunde von der Hauptstadt entfernt in einem Strohverschlag lebt. Für seine Kinder hat er etwas entfernt ein kleines Haus gebaut. Sie hüten die Ziegen, er baut Mais an. „Die ganze Familie hängt von der Landwirtschaft ab“, berichtete er. „Wir haben Land, aber nicht die Geräte und die Menschen für die Feldarbeit.“ Die Dürre hat die Situation noch verschlechtert.

Das "Cash-Transfer"-Programm, das teilweise von der Deutschen Entwicklungsbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unterstützt wird, brachte einen Hoffnungsschimmer. „Von dem Geld haben wir Nahrung und Schulmaterial angeschafft“, freute sich Daniel. Es reichte auch noch, um mit anderen Bauern einen Traktor mieten und die Felder zu bestellen zu können.

Malawi: Kefasi and Filesi Jackson beim Kartoffelschälen

Cash Transfer gegen den Hunger: Kefasi and Filesi Jackson aus Mbachundu schälen Kartoffeln, die sie von dem UNICEF-Geld kaufen konnten.

© UNICEF Malawi/2016/Amos Gumulira

UNICEF unterstützt die Regierung bei der Umsetzung von Mtukula Pakhomo, wie das Programm in der verbreiteten Chichewa-Sprache heißt. Zehn Prozent der ärmsten Familien werden erreicht, auch Menschen mit Behinderung und Alte. Die meisten erhalten 7.000 Kwacha, das sind rund 9 Euro pro Monat.

Je nach Größe der Familie und der Zahl der schulpflichtigen Kinder ist es mehr. Aber manchmal reicht auch das nicht. Besonders in den Zeiten zwischen den Ernten ist das Geld knapp. UNICEF hat deshalb zur Überbrückung in den Hungerzeiten zusätzlich Nahrungsmittel verteilt.

Malawi: Vier Kinder sitzen vor ihrem Haus mit ihren Schulbüchern

Failodi, Kachingwe, Nomisa and Kondwani aus Mbachundu freuen sich über die neuen Schulbücher, die sie dank der Unterstützung von UNICEF erhalten haben.

© UNICEF Malawi/2016/Amos Gumulira

Ich bin nach Lilongwe gekommen, um das Programm noch besser auf die Bedürfnisse der Familien zuzuschneiden. Dazu haben wir uns mit Mitarbeitern von drei Ministerien, vier Nichtregierungsorganisationen, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Welternährungsprogramm zusammengesetzt und eine Mission in vier Distrikte gestartet, die am meisten unter schlechten Ernten leiden.

In Malawi bestimmen die Gemeinden selbst, wer Hilfe erhält. Wir wollten herausfinden, ob dies wirklich die am meisten Benachteiligten sind. Dazu wollten wir mit allen Beteiligten sprechen und unterschiedliche Sichtweisen kennenlernen. Auf der einen Seite sichern internationale Standards den Ärmsten natürlich Priorität zu. Auf der anderen Seite ist die Auffassung verbreitet, dass manche Familien schon genug Unterstützung erhalten, sei sie auch noch so klein.

Mission nach Mzimba

Ich habe ein Team von vier Kollegen für zehn Tage nach Mzimba im Norden Malawis begleitet. Früh am Morgen ging es los. Wir mussten unsere eigenen Decken, Power Banks und festes Schuhwerk mitbringen. Strom und Netz sind in dieser schwer erreichbaren Region selten. Manchmal geht es nur mit kleinen Booten weiter.

Nach vier Autostunden waren wir da: Lisnet und Paul vom Ministerium für Soziales, sowie Sanama und Zika von NGOs. Mzimba ist normalerweise eine quirlige Stadt, aber als wir ankamen, war dort gerade ein Treffen mit Offiziellen und traditionellen Chiefs. Wir suchten uns einen Schlafplatz und hatten das Glück, den Distriktbeauftragten zu erwischen. Er versprach uns, am nächsten Tag bei den Interviews mit Behörden und Betroffenen zu helfen.

Wir wollten herausfinden, was die Menschen über das bisherige Prozedere denken. Finden sie unser "Cash-Transfer"-Programm gerecht? Fühlen sie sich ausreichend informiert und fließt das Geld in die richtigen Kanäle? Bekommen bedürftige Familien zusätzlich Nahrungsmittel und wie kommen sie überhaupt in Hungerzeiten zurecht?

Ich hatte das Glück, mit Chief Jere Mkosi höchstpersönlich sprechen zu können. Das Team war ein bisschen nervös, weil die traditionellen Führer in Malawi immer noch sehr mächtig sind.

Lisnet warf mir schnell noch einen Chitenje über, den üblichen Stoffumhang. Sie erklärte mir, dass Stühle in seinem Büro nicht erlaubt seien und niemand höher als er sein darf. Außerdem darf man ihm die Hand nur nach Aufforderung schütteln. Trotz des strengen Protokolls erwies sich der Chief als sehr hilfreich und schilderte uns ausführlich seine Eindrücke.

In den nächsten Tagen haben wir noch mit vielen Familien und Behördenvertretern gesprochen und vielseitige und wichtige Informationen bekommen. Diese werde ich nun in meine Analyse und Verbesserungsvorschläge für das Programm einbauen.

Es war mir eine große Freude und ein Privileg, das "Cash-Transfer"-Programm in Malawi weiter verbessern zu helfen. Ich werde traurig sein, wenn ich wieder meine Sachen packen und das Land verlassen muss.

Ich hoffe sehr, dass meine Zeit hier uns einen Schritt weitergebracht hat und armen Familien hilft, auf eigenen Füßen zu stehen.

Maren Platzmann
Autor*in Maren Platzmann

Die deutsche UNICEF-Mitarbeiterin Maren Platzmann ist in Belgien in der Nähe von Aachen aufgewachsen. Sie hat Politikwissenschaften studiert und vorher bei einer kleinen Hilfsorganisation in Köln gearbeitet.