© UNICEFUkraine-Krieg: Olya und Maryna haben sich im Spilno-Zentrum kennen gelernt
Kinder weltweit

"Dank des Spilno-Zentrums habe ich jetzt eine Freundin"

Olya und Maryna mussten beide vor dem Krieg in der Ukraine fliehen. Neben dieser Erfahrung teilen sie noch viel mehr: eine enge Freundschaft! Sie trafen sich auf der Flucht in einem Spilno-Zentrum für Kinder und Jugendliche. Spilno bedeutet "zusammen". Doch das können die beiden viel besser erklären:


von Laura Sandgathe

Freundschaft ist ...

"... jemanden zu haben, mit dem man eine gute Zeit verbringen kann."

Das Leben von Olya aus Chuhuiv und Maryna aus Kiew lässt sich in zwei Teile teilen: In die Zeit vor dem 24. Februar 2022 und die Zeit danach. Vor dem 24. Februar 2022 träumte Olya davon, einmal ihr eigenes Restaurant zu eröffnen. Maryna besuchte ein Fachgymnasium, sie wollte Robotik-Ingenieurin werden.

Dann, mit dem russischen Angriff auf die Ukraine, schien es, als würden die Träume der beiden 15-Jährigen in sich zusammenfallen. Es begann die neue Zeit, geprägt von Angst, Flucht, Unsicherheit. Doch die neue Zeit hat sie auch zusammengebracht, und das ist eine gute Nachricht, wie Olya und Maryna sagen.

Sie trafen sich in Svaliava in der Region Zakarpattya im Westen der Ukraine. Beide hatten vor den Angriffen fliehen müssen und waren nun auf der Suche nach neuem Halt. Beide meldeten sich im Spilno-Zentrum an. Das ist eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die hier von der lokalen Nichtregierungsorganisation Cultural Platform Zakarpattya mit Unterstützung von UNICEF betrieben wird. "Spilno" bedeutet "zusammen". Es ist ein Ort, um zu spielen, zu lernen, sich kreativ auszudrücken. Und um nach der Flucht an einem fremden Ort neue Freund*innen zu finden.

Für Olya und Maryna war es ein Rettungsanker.

Freundschaft ist ...

".... Gedanken und Dinge zu teilen und einander zuzuhören."

Olya fiel das Mädchen mit den braunen kurzen Haaren sofort auf: "Sie war laut. Ich dachte: 'Das gefällt mir.'" Maryna kam zu ihr und fragte: "Darf ich mich neben dich setzen?" – "Klar!" So haben sie sich kennengelernt.

Die beiden Mädchen nahmen im Spilno-Zentrum an verschiedenen Workshops teil. Sie lernten etwas über gesunde Ernährung, wie man Müll vermeiden kann und über Hygiene zum Schutz vor Krankheiten. Nach den Workshops verbrachten Olya und Maryna viel Zeit zusammen. Oft gingen sie lange spazieren.

Ukraine-Krieg: Olya und Maryna posieren mit ihrem Team für ein Foto

Noch schnell ein Erinnerungsfoto: Olya und Maryna posieren am letzten Tag des Spilno Sommer Camps mit ihren Freunden.

© UNICEF/UN0697201/Hudak

"Kommt alle ins Spilno-Zentrum, vor allem, wenn ihr keine Freunde habt", sagt Maryna. "Hier sind viele Leute in eurem Alter und ihr findet auf jeden Fall jemanden, der so denkt wie ihr oder das gleiche Hobby hat. Hier findet ihr auf jeden Fall Freunde!"

Freundschaft ist

"... wenn man gemeinsame Interessen hat und den anderen respektiert."

Im Juni und Juli 2022 besuchten mehr als 5.000 Kinder und Jugendliche aus 34 Gemeinden in Zakarpattya das Spilno-Zentrum. Es waren Kinder aus der Region sowie viele Kinder und Jugendliche, die wegen des Krieges ihr Zuhause verlassen müssen.

Ukraine-Krieg: Maryna und die anderen Kinder im Spilno-Zentrum

Maryna und ihr Teamkollege präsentieren, was sie in einem Journalismus-Workshop gelernt haben.

© UNICEF/UN0697200/Hudak

Im Spilno-Zentrum konnten sie sich selbst ausdrücken und ausprobieren. Sie konnten Theaterregisseure und Schauspielerinnen sein, Journalisten, Designerinnen, Feuerwehrfrauen oder Bürgermeister. Sie lernten, wie man Videos filmt, fotografiert, machten gemeinsam Musik und schauten Filme bis in die Nacht. Außerdem engagierten sich viele ehrenamtlich in den anliegenden Gemeinden.

Über 100 Spilno-Zentren in der Ukraine

Das Spilno-Zentrum in Zakarpattya war ein Sommercamp, das nur für die Sommermonate geöffnet war. Doch die meisten Spilnos sind dauerhafte Einrichtungen. Mit Unterstützung von UNICEF wurden mehr als 100 dieser Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche eröffnet. Es gibt sie zum Beispiel auch in Metro-Stationen, in die Familien bei Raketenalarm flüchten. Die Betreuer*innen tun hier ihr Möglichstes, um die Kinder in der bedrohlichen Situation abzulenken, indem sie mit ihnen spielen, malen, toben – was auch immer die Kinder brauchen.

Ukraine-Krieg: Ein Spilno-Kinderzentrum in der U-Bahn

Dieses Spilno-Zentrum befindet sich unter der Erde, in einer Metro-Station in Charkiw. Hierher können die Kinder kommen, wenn es Raketenalarm gibt. Diese Mädchen sind ins Malen vertieft.

© UNICEF/UN0760147/Pashkina

Etwa 60.000 Kinder und ihre Familien besuchen die Zentren pro Monat. Jetzt im Winter sind vielen der Zentren auch Orte, die geheizt sind und Schutz vor der Kälte bieten, wenn im Land die Heizung ausfällt. Aufgrund der Angriffe auf die Stromversorgung können nicht alle Spilno-Zentren sicher beheizt werden – im Januar waren 55 winterfest (Stand 11. Januar 2023).

"Im Spilno-Zentrum können sich die Kinder daran erinnern, was eine normale Kindheit ist", sagt Maria Artanova, UNICEF-Mitarbeiterin in Dnipro, wo im Januar 2023 ein neues Spilno eingerichtet wurde. "Wir bringen ihnen ein Stück weit das Gefühl von Normalität zurück."

Normalität, Kindheit, Halt, Freundschaft – es sind verschiedene Worte für das, was die Spilno-Zentren bieten und was sie für die Mädchen und Jungen im Krieg so wichtig macht. Maryna bringt ihre neue Freundschaft mit Olya so auf den Punkt: "Wir haben einfach eine Verbindung, das kann man nicht erklären."

Ukraine-Krieg: Olya umarmt im Spilno-Zentrum eine Mentorin

Olya umarmt eine Mentorin.

© UNICEF/UN0697202/Hudak
UNICEF-Redakteurin Laura Sandgathe
Autor*in Laura Sandgathe

Laura Sandgathe ist Online-Redakteurin und Chefin vom Dienst. Sie bloggt über die UNICEF-Arbeit weltweit - über Kinder, Helfer*innen und die Projekte, in denen sie einander treffen.