UNICEF-Aktionen

"U-Report" Uganda – Innovation für Kinder


von Lena Dietz

Sie haben noch nie von „U-Report“ gehört?

Kein Problem, denn auch ich musste mich während meines vierwöchigen Arbeitsbesuchs bei UNICEF in Uganda erst einmal schlau machen. Heute kann ich Ihnen mehr erzählen.

Der U-Report ist eine von vielen UNICEF-Innovationen für Kinder weltweit. Es ist eine einzigartige anonyme Kommunikationsplattform, die per SMS funktioniert und 2011 in Uganda gestartet wurde.

U-Report-SMS in Uganda

Ein U-Reporter liest eine SMS, in der U-Report über Familien-Gesundheitstage informiert, an denen es kostenlose Gesundheitsleistungen gibt.

© UNICEF UGDA/Yusuf Atef/2011

Seitdem wurde es in 15 Ländern weltweit eingeführt und hat wichtige internationale Preise gewonnen. Das System funktioniert in beide Richtungen: Jeder kann Fragen, die über U-Report an alle Nutzer gesendet werden beantworten, kann aber auch selbst Fragen stellen und ein Feedback dazu bekommen.

Das alles eröffnet so viele Möglichkeiten, die sich für mich alle sehr spannend anhören. Grund genug einmal bei meinen Kollegen von UNICEF Uganda nachzuhören. Erik Frisk, Projektmanager für U-Report bei UNICEF Uganda, nimmt sich Zeit und beantwortet mir einige Fragen, auch aus seiner ganz persönlichen Erfahrung.

10 Fragen an Erik zum U-Report Uganda

Die Optionen von U-Report sind unerschöpflich. Es ist als würdest du als Kind in einen Süßigkeitenladen kommen und dir wird gesagt: Iss, es ist alles umsonst!

Erik Frisk
Erik Frisk, UNICEF-Uganda

1. Erik, stell dich doch bitte kurz vor.
Mein Name ist Erik Frisk und ursprünglich komme ich aus Schweden. Aber dort lebe ich seit 2009 schon nicht mehr.

2. Seit wann bist du bei UNICEF und was machst Du hier genau?
Ich bin seit Anfang 2013 dabei, kurz nachdem ich nach Uganda kam. Mein Titel ist „Projektmanager U-Report“, ich kümmere mich also um alles, was mit U-Report zu tun hat und koordiniere. Ich habe das direkt von James Powell übernommen, der U-Report hier 2011 gestartet hat.

3. Hast du hier zum ersten Mal von U-Report gehört?
Nein, das war durch Zufall in Myanmar vor einigen Jahren. Meine Frau hatte eine Freundin, die bei UNICEF gearbeitet hat und mir davon erzählte.

4. Was hast du dir damals gedacht?
Sagen wir es mal so: Es ist deutlich komplexer als ich damals angenommen habe. Die Möglichkeiten, die U-Report eröffnet, sind schier unerschöpflich. Das ist als würdest du als Kind in einen Süßigkeitenladen kommen und dir wird gesagt: Iss, es ist alles umsonst! Du weißt gar nicht, wo du anfangen sollst. Aber wir müssen uns natürlich versuchen, uns auf die wichtigsten Themen zu fokussieren, wie zum Beispiel Gesundheit, Bildung oder Arbeit.

5. Wenn dich heute jemand fragt, was U-Report ist und du musst ganz kurz und knapp antworten, was sagst du dann?
Es ist vor allem ein Kommunikations-Tool, das dazu genutzt wird, um die Stimmen von Jugendlichen, von Bürgern hör- und sichtbar zu machen und sie zu verstärken. Es ist ein Kanal für junge Menschen, um ihre Meinung zu äußern und so Teil der Gemeinschaft zu sein.

Wir nutzen dazu Mobiltelefone, weil die Verbreitung einfach am größten ist. Facebook und andere Social-Media-Kanäle haben mehr Nutzer, aber gerade hier in Uganda ist die lokale Verbreitung von Handys immer noch größer. Vor allem in den entlegenen Gebieten. Aber die anderen Kanäle werden auch noch hinzukommen. Das Schöne ist, dass es in beide Richtungen funktioniert und wir den U-Reportern auch Feedback senden können.

U-Report: Ein Mädchen meldet sich zu U-Report an

Ein Mädchen meldet sich zu U-Report an während eines Workshops in ihrer Gemeinde Kalangala.

© UNICEF UGDA/Caroline Barebwona/2011

6. Du sagst, es gibt so viele Möglichkeiten mit U-Report – was macht ihr denn schon alles damit?
Wir machen zum Beispiel wöchentliche Umfragen zu bestimmten Themen, die wir gemeinsam mit unseren Partnern entwickeln und die vor allem auch von den Nutzern selbst kommen. Wir können diese Umfragen dann entweder an alle Nutzer, an eine bestimmte Gruppe, Region, Geschlecht, oder rein theoretisch sogar an einzelne Personen richten.

Wir machen das meistens in einem abgestuften Verfahren:
Die erste Frage ist eine reine Ja/Nein-Frage. Für die zweite Frage, die wir dann an die schicken, die uns auf die Erste geantwortet haben geben wir dann Antwortmöglichkeiten. Die dritte Frage stellen wir dann ganz offen, so dass der U-Reporter uns in seinen eigenen Worten antworten kann. So werden die Antworten von Frage zu Frage zwar eventuell weniger, aber dann deutlich qualifizierter.

Teilweise ergeben sich die Fragen auch aus einem aktuellen Anlass, weil es beispielsweise in einer Region einen Malaria-Ausbruch gibt. Da helfen die Ergebnisse dann auch bei einer Früherkennung von ebensolchen Krankheiten.

7. Mit wem arbeitet ihr denn zusammen?
Wir arbeiten mit über 25 Partnern zusammen. Die sind aus vielen Gründen für uns sehr wichtig. Zum einen brauchen wir die Partner natürlich für die Verbreitung von U-Report. Deshalb besteht ein Großteil von ihnen auch aus Jugendorganisationen. Wir arbeiten mit sogenannten „Scouts“ (also den Pfadfindern, Anm. Red.) zusammen. Auf der anderen Seite helfen uns die Partner bei der Themenfindung und auch beim Feedback an die Reporter. Sie können uns sagen, was wichtig ist für die Jugendlichen und ihnen gleichzeitig dazu auch die entsprechende Rückmeldung geben, die sie wiederum durch unsere Daten bekommen.

Wir arbeiten aber auch mit Ärzteteams, mit Anwälten, Ministerien und anderen Entscheidungsträgern. An sie können wir Einzelfälle weiterleiten, sie aber vor allem auch auf grundlegende Probleme aufmerksam machen. Ein Ministerium kann zum Beispiel dann gemäß dem Feedback der U-Reporter ein bestimmtes Programm entsprechend anpassen.

Ein schönes Beispiel sind die „Barefoot Lawyers“, ein Team von jungen Anwälten, das kostenfrei über U-Report rechtliche Fragen beantwortet.

U-Report: Mädchen lernen U-Report kennen

Während eines Trainings des Malaria-Konsortiums Uganda lernen die Mädchen U-Report kennen.

© UNICEF UGDA/Yusuf Atef/2011

8. Was war dein schönstes Erlebnis mit U-Report?
Oh, da gibt es einfach zu viele um eines herauszupicken. Eine Fernsehsendung, die wir vor einigen Jahren hatten war wirklich toll. Sie war nur mit U-Reportern besetzt, die von ihren Erfahrungen berichtet haben. Die waren so beeindruckend und so stark!

Aber auch jeder einzelne Fall, den wir berichtet bekommen und den wir an Entscheidungsträger oder Dienstleister weiterleiten können ist für sich schon ein Erfolgserlebnis. Alle Parlamentsmitglieder sind zum Beispiel U-Reporter und bekommen alle Umfragen mit.

Es gab da einen Fall von einem Mädchen, dass vergewaltigt wurde und sich nicht getraut hat, zum Arzt zu gehen um HIV-Medikamente zu bekommen. Wir konnten sie an ein Ärzte-Team weiterleiten, das dafür gesorgt hat, dass sie anonym versorgt wird. Das ist nur ein Beispiel – ich habe eine lange Liste solcher Geschichten. Gleichzeitig müssen wir aufpassen, dass wir kein „Notfall“-Instrument werden. Das können wir nicht leisten und dafür sind auch andere da.

9. Was ist die größte Herausforderung deiner Arbeit mit U-Report?
Diese Kette von Fragen und Feedback aufrechtzuerhalten ist sehr schwer. Man muss die richtigen Fragen stellen, die für die Nutzer auch relevant sind und die sie interessieren. Dann muss man ihnen auch eine Rückmeldung dazu geben, damit sie wissen, was mit ihren Antworten passiert ist und warum sie eigentlich weiterhin dabei bleiben sollen. Natürlich werden durch die Umfragen auch Erwartungen geweckt, die muss man erst mal erfüllen.

Aber wir merken relativ schnell, ob wir das schaffen – alleine an der Menge der Antworten. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel gefragt: „Wie hat U-Report dein Leben oder das Leben in deiner Gemeinschaft verändert?“. Wir haben darauf über 15.000 Antworten bekommen! Oder letzte Woche haben wir zum internationalen Weltjugendtag die Nutzer aufgefordert, etwas für einen anderen Jugendlichen, für einen Freund zu tun und uns darüber zu berichten. Die Antworten waren einfach total beeindruckend.

10. Meinst du, es wird U-Report in zehn Jahren noch geben?
Oh ja, auf jeden Fall. Aber es wird sich deutlich weiterentwickelt haben, mit den vielen Möglichkeiten, die wir heute schon über Social-Media haben und die immer noch mehr werden. Aber ich werde dann wahrscheinlich nicht mehr dabei sein (lacht).

U-Report in der Praxis

U-Report dient also dazu, Informationen zu senden und zu empfangen. In Nigeria wurde U-Report zur Aufklärung während der Ebola-Epidemie genutzt. In Sambia und Malawi sorgt UNICEF dafür, dass Gesundheitshelfer junge Mütter per SMS über Impftermine informieren können.

In Uganda wurde es ursprünglich eingeführt, um Jugendlichen eine Stimme zu geben und sie zu befähigen in ihrer Gesellschaft direkt etwas zu bewirken.

U-Report: Neue SMS für U-Reporter

Ein junger U-Reporter zeigt seinem Freund die neueste SMS-Meldung. Studien zeigen, dass U-Reporter die Informationen, die sie erhalten mindestens im Durchschnitt an drei bis fünf weitere Personen weitergeben.

© UNICEF UGDA/Yusuf Atef/2011

Beitreten ist ganz einfach: Man muss nur eine SMS an 8500 (in Uganda) senden und - wenn man möchte - einige Fragen beantworten. Zum Beispiel zu Alter, Region, Geschlecht und ähnlichem. Man muss aber auf keine der Fragen antworten.

Insgesamt nutzt man den Service völlig anonym. Das heißt, auch wenn man eine Rückmeldung bekommt zu einer spezifischen Frage, kommt die immer nur über das System, auch die Telefonnummer wird nicht weitergegeben. Außerdem ist U-Report für die Nutzer völlig kostenlos, für keine einzige SMS fallen Kosten an.

Haben Sie noch Fragen zu U-Report oder vielleicht sogar an Erik?

Schreiben Sie mir im Kommentarbereich und ich versuche so viele Fragen wie möglich zu beantworten!

Lena Dietz
Autor*in Lena Dietz

Lena Dietz berichtet aus der Kinderrechtsarbeit von UNICEF − vom Termin mit Abgeordneten bis zum Treffen mit internationalen Experten.