Kunstkammer Rau: Jubiläumsausstellung mit Bildern aus dem Wettbewerb "UNICEF-Foto des Jahres"
Menschenskinder. Kinderleben zwischen Wunsch und Wirklichkeit
"Kinder … es erstaunt mich immer wieder zutiefst, dass ein Kind für sehr viele (und oft sehr kluge) Erwachsene ein ebenso rätselhaftes Lebewesen ist wie Einhörner oder Drachen. Wüsste ich es nicht besser, so würde ich schwören, dass viele dieser Erwachsenen niemals in ihrem Leben Kinder gewesen sind!". Cornelia Funke, Kinderbuchautorin, im Katalog zur Ausstellung
Von der Stilisierung zur heiligen Familie bis zur oftmals traurigen Realität von Kindern rund um den Globus: In den Gemälden Alter Meister wie in aktuellen Fotografien findet sich das ganze Spektrum von Kindsein wieder. Dass das Wohl der Kinder ein kostbares Gut ist, ist eine historisch gewachsene Idee. Diese stand immer unter den verschiedensten geopolitischen und sozio-kulturellen Vorzeichen – und ist bis heute eine Aufgabe und Herausforderung geblieben, der die Menschheit nicht immer gewachsen scheint. Diesem Thema widmet sich nun das Arp Museum Bahnhof Rolandseck.
Am 20. September eröffnet die Kultur- und Bildungsministerin des Landes Rheinland-Pfalz, Vera Reiß, eine einzigartige Ausstellung, die 33 historische Kinderdarstellungen aus der Sammlung Rau für UNICEF in Beziehung setzt zu 31 prämierten Fotografien der Gegenwart – und somit einen differenzierten Einblick gibt in Wunsch und Wirklichkeit kindlicher Lebenswelten zu den verschiedensten Zeiten. Diese Ausstellung veranschaulicht mit künstlerischen Mitteln das Recht eines jeden Kindes auf eine Kindheit, die diesen Namen verdient. Es ist kein Zufall, dass die Ausstellung "Menschenskinder. Kinderleben zwischen Wunsch und Wirklichkeit" genau zum Weltkindertag eröffnet wird.
Kinder waren es auch, die dem Kunstsammler und Philanthropen Dr. Gustav Rau besonders am Herzen lagen – gerade auch während seiner Zeit als Tropen- und Kinderarzt in der Demokratischen Republik Kongo. Dies spiegelt sich in den Gemälden und Skulpturen seiner hochkarätigen Sammlung wider, die dem Arp Museum Bahnhof Rolandseck als Dauerleihgabe bis 2026 mit erstklassigen wechselnden Ausstellungen zur Verfügung steht. In der 10. Ausstellung der Kunstkammer Rau im Arp Museum Bahnhof Rolandseck werden diese Werke nun in einem spannungsvollen Dialog mit Fotografien aus dem internationalen Wettbewerb "UNICEF-Foto des Jahres" präsentiert.
UNICEF-Foto des Jahres
Seit 15 Jahren zeichnen UNICEF Deutschland und das Magazin GEO im Verlag der Gruner + Jahr GmbH & Co KG. einmal im Jahr Fotos und Fotoreportagen aus, die die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern auf herausragende Weise dokumentieren. Die faszinierende Gegenüberstellung von historischen Gemälden und eindringlichen Dokumentarfotografien zeigt den Blick auf Kinder und Kindheit – vom Mittelalter bis in die Gegenwart. "Können Bilder Kriege beenden? Es gäbe keine Kriege mehr, wenn sie das könnten. Wohl aber gibt es diese kleine Hoffnung, und sie verbindet sich auch mit dem "UNICEF-Foto des Jahres", dass Bilder manchmal Schutzmauern bilden können, indem sie für das Beschützenswerte sensibilisieren." So erklärt der bekannte Journalist Peter-Matthias Gaede, ehemaliger GEO-Chefredakteur und heute im Vorstand des Deutschen Komitees für UNICEF e.V.
In spannungsvollen Bildpaaren treffen nun ausgewählte Gemälde der Sammlung Rau von Künstlern wie August Macke, Joshua Reynolds oder Giandomenico Tiepolo auf fotografische Kinderporträts unserer Zeit. Die ausgewählten Aufnahmen namhafter Fotografinnen und Fotografen wie Chris de Bode, Niclas Hammarström, Laura Boushnak oder An-Sofie Kesteleyn waren in den letzten Jahren als UNICEF-Foto des Jahres nominiert. Die Fotografien wie die Gemälde zeigen Alltagssituationen von Kindern unterschiedlichster Herkunft in Vergangenheit und Gegenwart. In den Dialogen wie in der Zusammenschau ergeben sich dabei facettenreiche Einblicke in sozial und politisch bedingte Lebensumstände, gesellschaftliche Konventionen und Rollenbilder, aber auch Sehnsüchte, Träume und Chancen von Kindern. So sind es wieder einmal die Lebensbedingungen junger und jüngster Menschen, die anschaulich und eindrucksvoll Zeugnis geben vom gesamten Zustand unserer Welt.
Kindheit ist eine Zeit der Träume wie Traumata: Was Menschen in ihrer Kindheit erfahren, prägt sie für ihr ganzes Leben – und oft auch das Leben in ihrer Gesellschaft. "Die Geschichte der Kindheit ist ein Albtraum, aus dem wir erst im zwanzigsten Jahrhundert erwacht sind. Kindstötung, Verstümmelung, sexueller Missbrauch und alle nur denkbaren Formen der Gewalt und Missachtung waren integraler Bestandteil vormoderner Gesellschaften, die den Rohstoff Kind vernutzten wie wir heute die Natur." So engagiert schreibt der Soziologe Martin Dornes im Katalog. Und dennoch sind es gerade die Kinder und Jugendlichen, die gleichzeitig die Hoffnungsträger einer Gesellschaft sind.
Stimmen zur Ausstellung
Diese Ausstellung setzt dort an, wo Gesellschaft beginnt: bei der Familie und ihren Kindern. Sie legt offen, was Kinder und Jugendliche aus Geschichte und Gegenwart trennt und was sie eint. Und bisweilen gelingt es einem Maler, Bildhauer oder Fotografen sogar ihre Seele zu erfassen, ihre Wünsche und Ängste, ihr Glück und ihr Leid. Kindheit war und ist fortwährend im Wandel begriffen. Die Ausstellung setzt es sich zur Aufgabe diesen Wandel zu dokumentieren. "Damit fügt sich auch diese Ausstellung in das Jahresmotto des Museums ein – das Thema "Freiräume". Es zieht sich durch alle Ausstellungen von den Alten Meistern der Sammlung Rau, über Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp bis zur Kunst der Gegenwart." So Dr. Oliver Kornhoff, Direktor des Arp Museums Bahnhof Rolandseck.
Vera Reiß, Kultur- und Bildungsministerin des Landes Rheinland-Pfalz, zu der Ausstellung: "Für uns gilt: Kinder haben Vorfahrt. Deshalb stehen in Rheinland-Pfalz Kinderrechte seit 2000 in der Landesverfassung, und wir setzen uns seit vielen Jahren dafür ein, sie auch im Grundgesetz zu verankern. Mit der gelungenen Gegenüberstellung von engagierter Dokumentarfotografie und kunsthistorischen Darstellungen gelingt dem Museum wieder einmal eine Ausstellung mit einzigartigem Konzept. Sie ist engagiert in der Sache und substantiell in der wissenschaftlichen Aufbereitung. So zeigt sich hier, was Kunst und Kultur heute leisten können – wenn sie mit intelligenten Konzepten an die Sache herangehen. Wir danken dem Haus, seinem Team und UNICEF Deutschland, dass sie immer wieder gemeinsam ihre Erfahrung und ihre Möglichkeiten nutzen und zu solchen Ergebnissen kommen."
Und Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland fügt hinzu: "Die neue Ausstellung lenkt zu einem Zeitpunkt den Blick auf Kinder und Kindheit, an dem sehr viele Mädchen und Jungen in akuter Gefahr sind. Denn unter den Flüchtlingen, die derzeit vor Krieg, Gewalt, Armut und Hoffnungslosigkeit auf gefährlichen Wegen nach Europa gelangen, sind auch viele Kinder. Die Ausstellung unterstreicht deshalb die Botschaft von UNICEF: Kinder sind immer als erstes Kinder – und müssen auch so behandelt werden. Sie brauchen Schutz sowie besondere Fürsorge und Hilfe. Unsere Arbeit bei UNICEF setzt hier an und wir freuen uns, dass wir mit der Sammlung Rau für UNICEF im Arp Museum Bahnhof Rolandseck eine gemeinsame Plattform geschaffen haben, in der wir unsere kulturellen und sozialen Anliegen zusammenbringen konnten."
Großes Kinderfest anlässlich des Weltkindertages 2015
Zum diesjährigen Weltkindertag am Sonntag, den 20. September 2015 eröffnet die Ausstellung mit einem großen Kinderfest. Dabei gibt es neben spannenden Familienführungen durch die Ausstellung auch einen Kinderzirkus zum Mitmachen, sowie Musik und Delikatessen aus aller Herren Länder. Passend zu den Bildern der Ausstellung können die Kinder außerdem Frisuren, Kopfbedeckungen, Masken und Kleidung verschiedener Kulturen kennen lernen und in andere Rollen schlüpfen.
Der Weltkindertag steht in diesem Jahr unter dem Motto "Kinder willkommen!". UNICEF und viele andere Kinderrechts-Organisationen rufen dazu auf, die Rechte und Bedürfnisse aller Kinder in das Zentrum von Politik und Gesellschaft zu stellen. Insbesondere machen sie auf die schwierige Lage von Flüchtlingskindern aufmerksam.
Weitere Informationen
Pressefotos und weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Arp Museums. Die Laufzeit der Ausstellung ist 20. September 2015 bis 14. August 2016.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (156 Seiten; 24,90 €) mit verschiedenen kunsthistorischen wie soziologischen Beiträgen von Susanne Blöcker, Martin Dornes, Peter-Matthias Gaede, Klaus Hurrelmann, Jürgen Heraeus, Oliver Kornhoff und Una M. Röhr-Sendlmeier sowie einem Essay der bekannten Kinderbuchautorin Cornelia Funke.