Statement

Nach UN-Resolution: Hoffnung für Kinder in Syrien zerschlagen

Genf

Statement von Geert Cappelaere, UNICEF Regionaldirektor für den Mittleren Osten und Nordafrika

Geert Cappelaere, UNICEF Regionaldirektor für den Mittleren Osten und Nordafrika
© UNICEF/DT2016-50852/Julia Zimmermann

„Vergangenen Samstag hat die Welt den Kindern in Syrien einen kleinen Hoffnungsschimmer geschenkt, einen Lichtstrahl an einem Ort, der in den letzten Jahren sehr düster geworden ist. Die Resolution des UN-Sicherheitsrats – vor knapp einer Woche einstimmig beschlossen – hat eine Chance für Hunderttausende Kinder geschaffen, eine Atempause von der brutalen und unvermindert anhaltenden Gewalt zu bekommen, die sie erleiden.

Wir alle haben gedacht, dass dies eine Tür für UNICEF und andere Partner eröffnet, um dringend benötigte lebensrettende Hilfe zu Kindern zu bringen, in allen Teilen des Landes.

Viele Mütter und Väter in Syrien hatten sofort die Hoffnung, „das ist Rettung für meine Kinder”, im Glauben, dass ihre schwer mangelernährten Kinder und jene, die dringend medizinische Hilfe brauchen, genau das bekommen: Behandlung und Hilfe, ein sehr fundamentales Recht.

Doch als die Tage vergingen, wurden diese Hoffnungen zu Illusionen. Die Tür wurde uns abrupt vor der Nase zugeschlagen.

Denn für Kinder in Syrien hat sich nichts geändert, gar nichts.

Die Gewalt ist im Gegenteil in mehreren Orten des Landes weitergegangen, in einigen ist sie eskaliert, in anderen aufgeflammt. Die Gewalt geht weiter in Idlib, Afrin, Deir-ez-Zor, in Damaskus, in Teilen von Aleppo und in Ost-Ghouta mit Berichten von getöteten und verletzten Kindern.

Der Krieg gegen Kinder in Syrien dauert an und hört nicht auf. Syrien ist nach wie vor einer der gefährlichsten Orte der Welt für Kinder.

Unsere Teams in Syrien und seinen Nachbarländern arbeiten rund um die Uhr. Wir stehen jederzeit bereit mit lebensrettenden Hilfsgütern wie Medikamenten, therapeutischer Nahrung für mangelernährte Kinder, Sets für Hebammen und Neugeborene, Winterkleidung für Kinder, Hygieneartikeln und anderen grundlegenden Bedarfsartikeln.

Diese Hilfsgüter sind für die Verteilung in Afrin, Idlib, Ost-Ghouta, Deraa und andere belagerte oder schwer zugängliche Orte bestimmt, von denen wir einige seit vielen Monaten nicht erreichen konnten. In diesen Ortschaften leben fast zwei Millionen Kinder, die zum Großteil ihrer grundlegenden Rechte beraubt werden und von Hilfe nahezu abgeschnitten sind. In jeder dieser Gegenden hat UNICEF mehrere Partner, die Tag für Tag versuchen dafür zu sorgen, dass Kinder einfach Kinder sein können.

Darüber hinaus geht die umfangreiche Nothilfe von UNICEF in allen Landesteilen Syriens weiter, wo insgesamt 5,3 Millionen Kinder humanitäre Hilfe brauchen. Wir stellen zum Beispiel lebenswichtige Impfstoffe für Kinder zur Verfügung, wir versorgen sie mit sauberem Trinkwasser, unterstützen ihre Schulbildung und eröffnen neue Lernmöglichkeiten. Wir stellen unter anderem Lernmaterial zur Verfügung, setzen beschädigte Schulen instand, klären die Kinder über die Gefahren von Minen und Blindgängern auf und unterstützen über 500 Kinder- und Jugendzentren.

Die ersten beiden Monate diesen Jahres waren besonders blutig für Kinder. Wir haben Berichte erhalten, denen zufolge über 1.000 Kinder allein seit Jahresbeginn getötet oder schwer verwundet wurden. Obwohl wir nicht in der Lage sind, jeden dieser Berichte zu bestätigen, ist es doch eine Mahnung, dass der Krieg gegen Kinder in Syrien aufhören muss, und zwar sofort!

Und wenn wir vor allem auf die Situation innerhalb Syriens blicken, sollten wir nicht vergessen, dass Syriens Nachbarländer eine große Last des Krieges tragen. Über 2,6 Millionen Kinder leben als Flüchtlinge in der Türkei, im Libanon, Jordanien, Irak und Ägypten.

Einige von ihnen sind nie in Syrien gewesen. Sie sind Kriegskinder, denen die Heimat genommen wurde.

Armut und schwindende finanzielle Mittel macht es für geflüchtete Familien fast unmöglich, in diesen Ländern über die Runden zu kommen. Eine Untersuchung, die UNICEF Jordanien kürzlich durchgeführt hat zeigt, dass mehr als 85 Prozent der Flüchtlinge, die außerhalb von Camps in Städten und Dörfern leben, in Armut leben und es kaum schaffen, ihren wichtigsten Bedarf zu decken einschließlich Schulbildung für ihre Kinder.

Unser Appell von UNICEF für Millionen von syrischen Kindern:

UNICEF fordert erneut alle Konfliktparteien in Syrien und alle, die Einfluss auf sie haben, dazu auf, ihre Waffen niederzulegen und den Krieg gegen Kinder zu beenden.

Wir fordern Genehmigungen und Sicherheiten, die uns als UNICEF mit unseren Partnern ermöglichen, dringend benötigte und lebensrettende Hilfe zu allen Kindern in Not zu bringen – in ganz Syrien, und ich betone das, überall in Syrien.

Wird unser Appell einmal mehr auf taube Ohren stoßen?

Die syrischen Kinder haben bereits viel zu lange warten müssen. Die Welt hat gegenüber den syrischen Kindern bereits so oft versagt. Die Welt darf nicht noch mehr versagen. Sie und ich, die internationale Gemeinschaft, die Konfliktparteien und diejenigen mit Einfluss dürfen nicht weiterhin versagen.

Die Geschichte wird uns richten, wenn wir es doch tun.”