Pressemitteilung

175 Millionen Kinder von Vorschulbildung ausgeschlossen

New York/Köln

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen ruft zu mehr Investitionen in vorschulische Bildung auf

Weltweit haben laut UNICEF mehr als 175 Millionen Kinder – rund die Hälfte der Mädchen und Jungen im Alter zwischen drei und sechs Jahren – keinen Zugang zu vorschulischer Bildung. In den ärmsten Ländern der Erde erhält sogar nur jedes fünfte Kind eine solche Förderung.

Mongolei: EIn Mädchen spielt mit einem Reifen
© UNICEF/UN0220814/Matas

Die erste umfassende Bestandaufnahme von UNICEF zu vorschulischer Bildung stellt weltweit unzureichende Investitionen in diesem Bereich fest, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern. UNICEF ruft die Regierungen dazu auf, mindestens zehn Prozent ihrer nationalen Bildungsetats für die vorschulische Förderung von Kindern einzusetzen. Dabei müssen sie insbesondere in Pädagogen, Qualitätsstandards und einen gerechten Zugang für alle Kinder im Vorschulalter investieren.

„Die vorschulische Förderung ist das Fundament für die Bildung unserer Kinder. Alle weiteren Bildungsstufen bauen auf den Erfolgen auf, die in diesem Bereich erzielt wurden", so UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „Noch immer werden weltweit zu viele Jungen und Mädchen in ihrer frühen Kindheit nicht angemessen pädagogisch gefördert. Für sie besteht ein höheres Risiko, Klassen wiederholen oder die Schule gänzlich abbrechen zu müssen. Sie stehen damit im Schatten gleichaltriger Kinder mit besseren Bildungschancen.“

Gute Vorschulbildung ist die Grundlage für späteres erfolgreiches Lernen

Der Bericht unter dem Titel „A World ready to learn“ zeigt, dass Kinder, die mindestens ein Jahr lang vorschulische Bildungsangebote wahrnehmen, eher die Schlüsselkompetenzen entwickeln, die sie für ihren Erfolg in der Schule benötigen. Sie müssen zum Beispiel seltener Klassen wiederholen oder die Schule abbrechen – und können im Erwachsenenalter eher einen Beitrag zu friedlichen und stabilen Gesellschaften leisten.

Früh geförderte Kinder haben auch eine doppelt so hohe Chance, schneller Lese- und Rechenkompetenzen zu entwickeln, als Kinder die von solchen Angeboten ausgeschlossen sind. In Ländern, in denen mehr Kinder vorschulische Bildungsmöglichkeiten wahrnehmen, schließen deutlich mehr Jungen und Mädchen die Grundschule ab und erwerben Mindestkenntnisse sowohl im Lesen als auch im Rechnen.

Ursachen für den Ausschluss von vorschulischer Bildung

Der Bericht macht deutlich, dass die finanzielle Situation der Familien, das Bildungsniveau der Mutter und der Wohnort einen wesentlichen Einfluss auf die Teilhabe an vorschulischen Bildungsangeboten haben. Armut ist dabei der größte Einflussfaktor. Einige wichtige Erkenntnisse:

  • Armut: In 64 Ländern ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder aus armen Familien Zugang zu frühkindlichen Bildungsprogrammen haben, sieben Mal geringer als bei ihren wohlhabenderen Altersgenossen. In einigen Ländern ist die Kluft zwischen Arm und Reich sogar noch größer: In der Republik Nord-Mazedonien ist die Wahrscheinlichkeit sogar fünfzig Mal so gering.
  • Konflikte und Katastrophen: In 33 von Konflikten oder Katastrophen betroffenen Ländern haben mehr als zwei Drittel der Kinder im Vorschulalter keinen Zugang zu frühkindlichen Bildungsprogrammen. Dabei würden gerade solche Angebote ihnen helfen, die erlebten Traumata zu überwinden.
  • Bildung der Mutter: Kinder, deren Mütter eine weiterführende Schule abgeschlossen haben, nutzen fünfmal so häufig vorschulische Angebote wie Mädchen und Jungen, deren Mütter nur die Grundschule oder gar keine Schule abgeschlossen haben.

Investitionslücken im Bereich der Vorschulbildung

2017 waren weltweit durchschnittlich 6,6 Prozent der nationalen Bildungsetats für den Bereich der Vorschulbildung vorgesehen. Fast 40 Prozent der Länder mit verfügbaren Daten sahen hierfür allerdings weniger als 2 Prozent vor. Der höchste Anteil des Bildungsetats – mehr als elf Prozent – wird in Europa und Zentralasien für die vorschulische Bildung aufgebracht.

Grundlage für die Finanzierung der Vorschulbildung sind nationale Bildungsetats. Für die ärmsten Länder der Welt sind deshalb gezielte Investitionen im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit entscheidend. In den Jahren 2012 bis 2016 wurden allerdings durchschnittlich nur 76 Millionen US-Dollar pro Jahr – oder deutlich unter 1 Prozent – der gesamten internationalen Hilfe für den Bereich Bildung zur Unterstützung der Vorschulbildung eingesetzt.

Der Mangel an weltweiten Investitionen im Bereich der Vorschulbildung wirkt sich laut UNICEF negativ auf die Qualität der Angebote aus. Dazu trägt auch ein weltweiter Mangel an ausgebildeten Vorschulpädagogen bei. In Ländern mit niedrigem und niedrigem mittleren Einkommen leben zwar mehr als 60 Prozent der Kinder im Vorschulalter, aber nur knapp 32 Prozent aller Vorschulpädagogen. Unter der Berücksichtigung des Bevölkerungswachstumes und eines Schüler-Lehrer-Verhältnisses von 20 zu 1 werden weltweit 9,3 Millionen neue Vorschulpädagogen benötigt, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung in diesem Bereich bis 2030 zu erreichen.

„Wenn Regierungen wollen, dass die Arbeitnehmer in der Wirtschaft von morgen wettbewerbsfähig sind, müssen sie die Grundlagen für eine frühe Förderung schaffen", so Fore. „Wenn wir unseren Kindern das Beste im Leben ermöglichen wollen, damit sie in einer globalisierten Wirtschaft bestehen können, müssen Staats- und Regierungschefs Vorschulbildung zu einer Priorität erklären und entsprechende Ressourcen bereitstellen."

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