Kinder im Schatten des Ausländerrechts
Wie sich die aktuellen Entwicklungen und gesetzlichen Änderungen auf Flüchtlingskinder in Deutschland auswirken
"Im Schatten des Ausländerrechts" – das war eine Kapitelüberschrift in unserer Flüchtlingskinder-Studie "In erster Linie Kinder" von 2014. Heute ist diese Aussage wahrer denn je. Das zeigt eine dreimonatige Untersuchung, die wir zur Situation der Flüchtlingskinder in Deutschland in Auftrag gegeben haben.

Die steigenden Flüchtlingszahlen haben in Deutschland dazu geführt, dass der Gesetzgeber in den letzten Monaten mehrfach aktiv wurde. Da ging es zum Beispiel um das "Asylpaket I und II", das "Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung", das "Gesetz zu sicheren Herkunftsstaaten", "Datenaustauschsverbesserungsgesetz" oder das "Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren" – die Liste ist lang.
Hinter diesen sperrigen Begriffen verstecken sich aber ganz konkrete Auswirkungen auf Flüchtlinge - nicht zuletzt, sondern vor allem auch auf die Kinder.
Natürlich sind die Auswirkungen der vielen gesetzlichen Änderungen in der Kürze der Zeit, die sie jetzt in Kraft sind noch nicht vollständig absehbar. Die Kinder leiden nicht nur unter den Effekten der Gesetze sondern auch unter den Systemen, die den Zahlen nach wie vor nicht gewachsen sind. Alle Einschätzungen des Berichts können deshalb nur Tendenzen aufzeigen. Fest steht aber, dass sie auf grundlegenden Erfahrungen aus der Vergangenheit beruhen und auf der Einschätzung von langjährigen Experten.

Diese Familie aus Syrien sehnt sich nach einem Leben in Sicherheit. Aktuell leben sie in einer Notunterkunft für Flüchtlinge in Köln.
© UNICEF/DT2015-32856/Annette EtgesKlar ist auch, dass mangelnde Integration und Teilhabe für Kinder noch einmal etwas ganz anderes bedeutet als für Erwachsene. Tage ohne Schule zum Beispiel können sich dabei wie Jahre anfühlen und für die meisten Kinder ist das nicht erst seit ihrer Ankunft in Deutschland so. Auf der Flucht und schon vorher in ihren Herkunftsländern war ihnen der Zugang zu Freizeitmöglichkeiten und Bildung verwehrt. Nicht selten ist gerade auch das ein Grund für eine gesamte Familie zu fliehen – bessere Chancen für ihre Kinder. Beziehungsweise überhaupt auch nur eine Chance.
Und wer könnte es ihnen verdenken?
Ich habe ein Interview mit einem syrischen Vater gesehen. Darin erklärt er, warum ihm die Chancen für seine Kinder hier in Deutschland so wichtig sind. Er beschrieb seine Situation und die seiner Familie - ihm war alles genommen worden: sein Haus, seine Heimat, sein Job, seine Existenzgrundlage. Dabei sagte einen Satz, der sich bei mir eingebrannt hat: "Bildung ist das einzige, was man nie wieder verlieren kann." Und das wünscht er sich für seine Kinder.
UNICEF Deutschland beobachtet die weiteren Entwicklungen und die Lebensrealität dieser Kinder laufend, um sowohl Fortschritte sichtbar zu machen, aber auch auf mögliche Missstände hinzuweisen. Wir wollen, dass sich die Lage der Kinder verbessert. Ihnen allen stehen die Rechte der UN-Kinderrechtskonvention in vollem Umfang zu.
UNICEF hat in Kooperation mit dem Bundesfamilienministerium begonnen, den Schutz und die Unterstützung von Flüchtlingskindern und Frauen insbesondere in Gemeinschaftsunterkünften zu verbessern.
Bericht zum Download

Lena Dietz berichtet aus der Kinderrechtsarbeit von UNICEF − vom Termin mit Abgeordneten bis zum Treffen mit internationalen Experten.