Schutz von geflüchteten Kindern und Jugendlichen jederzeit und überall sicherstellen
Breiter Appell an Bund, Länder und Kommunen vor Flüchtlingsgipfel
Gemeinsam mit 26 weiteren Organisationen, Stiftungen und Verbänden fordert das Deutsche Komitee für UNICEF Bund, Länder und Kommunen auf, ihrer Verantwortung bei der Unterbringung und Versorgung von geflüchteten Menschen nachzukommen und den Kinderschutz beim Aufbau von Unterbringungskapazitäten stärker zu berücksichtigen. Anlass für den Appell ist der für morgen (10.5.) angekündigte Sondergipfel von Bund und Ländern beim Bundeskanzler, bei dem über das weitere Vorgehen bei der Aufnahme geflüchteter Menschen in Deutschland beraten werden soll.
Mit dem Appell machen die Organisationen vor dem Treffen im Bundeskanzleramt auf die Lage von Kindern und Jugendlichen aufmerksam, die in Deutschland Schutz vor Kriegen, Konflikten oder anderen Krisen suchen. Viele von ihnen müssen oftmals für eine längere Zeit in Unterkünften für geflüchtete Menschen leben, manche sogar Jahre. Häufig werden dort ihre Rechte auf Schutz, Teilhabe, Bildung, Spiel oder auch Privatsphäre eingeschränkt oder verletzt – vor allem, wenn Bundesländer und Kommunen bei der Aufnahme geflüchteter Menschen unter Druck stehen und es an Kapazitäten und Ressourcen mangelt.
Im Jahr 2022 wurden 81.232 Asylerstanträge von Minderjährigen gestellt. Zudem sind von den über eine Million in Deutschland schutzsuchenden Menschen aus der Ukraine 348.500 Kinder und Jugendliche. Zum Ende des Jahres 2022 lebten außerdem rund 27.900 unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Einrichtungen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe.
Vor dem Hintergrund der derzeit landesweit hohen Auslastung von Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften, fordern die Organisationen: „Der aktuell erhöhte Unterbringungsbedarf darf unter keinen Umständen dazu führen, dass der Schutz von geflüchteten Kindern und Jugendlichen gefährdet wird. Gerade in herausfordernden Zeiten muss der Kinderschutz für die verantwortlichen staatlichen Stellen höchste Priorität haben.“
Die dezentrale Unterbringung in kleineren Wohneinheiten und konkrete landesgesetzliche Regelungen gemäß den „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ können dazu beitragen, den Kinderschutz zu sichern, so die Unterstützer*innen des Appells. Zu den umfassenden Schutzstandards gehört unter anderem, dass Sammelunterkünfte Konzepte zum Schutz vor Gewalt entwickeln und umsetzen. Sie wurden erstmals 2016 von UNICEF, dem Bundesfamilienministerium und vielen weiteren Partnern im Rahmen einer gemeinsamen Bundesinitiative entwickelt.
Eine der zentralen Fragen der morgigen Debatte ist zudem die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Länder und Kommunen bei der Unterbringung von schutzsuchenden Menschen. In dem Appell heißt es hierzu: „Wirksamer Kinderschutz muss als wesentlicher Bestandteil bei der Unterbringung entsprechend berücksichtigt werden.“ Beim Aufbau von Unterbringungskapazitäten sei es daher notwendig, dass Bund und Länder Maßnahmen für den Kinderschutz verbindlich finanziell unterlegen.
Ein besonderes Augenmerk richten die Organisationen auf die Situation von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten. In ihrem Aufruf weisen sie darauf hin, dass in manchen Bundesländern die Standards für die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten mittlerweile abgesenkt wurden. So vergehen mancherorts Monate bis individuelle Hilfebedarfe von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten festgestellt werden. Das bedeutet für viele, in einem Wartezustand verharren zu müssen, bis sie die Unterstützung erhalten, auf die sie einen rechtlichen Anspruch haben.
Hinzu kommt, dass unbegleitete minderjährige Geflüchtete in einigen Bundesländern vermehrt in Sammelunterkünften untergebracht sind, weil nicht genügend Unterbringungsplätze in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung stehen. Dies hat zur Folge, dass Kinder und Jugendliche mitunter dort nur unzureichend versorgt und betreut werden. Die Organisationen fordern von den Ländern und Kommunen die Rücknahme der Absenkungen von Standards bei der Unterbringung und Versorgung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe und die Einhaltung der Standards laut dem Achten Buch Sozialgesetzbuch.
Der Appell wird von folgenden Organisationen unterstützt:
- Amadeu Antonio Stiftung
- Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
- AWO Bundesverband e. V.
- BBZ Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant*innen
- Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS)
- Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit e. V. (BAG EJSA)
- Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e. V.
- Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V. (Bündnis KJG)
- Der Kinderschutzbund Bundesverband e. V.
- Deutsches Kinderhilfswerk e. V.
- Deutsches Komitee für UNICEF e. V.
- Deutsches Rotes Kreuz e. V.
- DGSF – Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V.
- djo – Deutsche Jugend in Europa Bundesverband e. V.
- Frauenhauskoordinierung e. V.
- Handicap International e. V.
- Internationaler Bund (IB)
- KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V.
- KRF KinderRechteForum gemeinnützige GmbH
- Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e. V. (LSVD)
- National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention
- Plan International Deutschland e. V.
- Save the Children Deutschland e. V.
- SOS-Kinderdorf e. V.
- Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention
- Stiftung SPI - Sozialpädagogisches Institut Berlin »Walter May«
- terre des hommes Deutschland e. V.
Service für Redaktionen
» Der gemeinsame Appell der Organisationen mit den Forderungen an Bund, Länder und Kommunen steht hier zur Verfügung.
Jenifer StolzReferentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Sebastian SedlmayrLeiter Stabsstelle Advocacy und Politik