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Afghanistan: Ohne Bildung kaum Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Mädchen

Statement von Omar Abdi, stellvertretender Exekutivdirektor von UNICEF, anlässlich des Pressebriefings der Vereinten Nationen vom 30. Januar 2023 zu Gesprächen mit den de facto-Machthabern in Afghanistan

New York/Köln

"Wir haben nicht nur die Aufhebung des Arbeitsverbots für weibliche Mitarbeiterinnen von nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen in Afghanistan gefordert, sondern haben uns zudem für die vollständige Einbeziehung von Mädchen und Frauen in das öffentliche Leben sowie ihren Zugang zur weiterführenden Schule und Hochschulbildung eingesetzt.

Die Zahlen sind alarmierend. Mehr als eine Million Mädchen, die in die weiterführende Schule gehen sollten, haben seit drei Jahren keine Möglichkeit mehr zu lernen - zunächst aufgrund der Corona-Pandemie und seit September 2021 aufgrund des Verbots, die weiterführende Schule zu besuchen. Mit der jüngsten Ankündigung vom 20. Dezember, die Frauen von Universitäten und Bildungszentren ausschließt, wurden die Hoffnungen afghanischer Mädchen und Frauen auf Bildung und Arbeit erneut unterdrückt. Wir sind sehr besorgt über die Zukunft der Mädchen und Frauen, insbesondere ihre psychische Gesundheit.

Bleiben die die Sekundarschulen für Mädchen weiter geschlossen, wird in diesem Jahr schätzungsweise 215.000 Mädchen, die im letzten Jahr die 6. Klasse besucht haben, erneut das Recht auf Bildung verwehrt.

Doch so trostlos die Lage in Afghanistan ist – die Menschen geben trotzdem nicht auf. Und das gilt genauso für uns.

Es gibt einige positive Anzeichen. Seit des Zugangsverbots zu weiterführenden Schulen für Mädchen gehen weiter schätzungsweise 200.000 Mädchen in rund 12 Provinzen in die Sekundarstufe. Lehrerinnen an weiterführenden Schulen erhalten weiterhin ihre Gehälter von den De-facto-Behörden.

Die Beamten, mit denen wir vergangene Woche in Kabul zusammengekommen sind, haben uns gegenüber bekräftigt, dass sie nicht dagegen sind, dass Mädchen an weiterführenden Schulen lernen. Sie haben erneut versprochen, die Schulen wieder zu öffnen, sobald entsprechende Richtlinien von ihrer Führung genehmigt seien.

Darüber hinaus hat sich im letzten Jahr die Zahl der Schulklassen, die in Privathaushalten oder an öffentlichen Orten unterrichtet werden, von 10.000 auf 20.000 verdoppelt. Diese Klassen erreichen etwa 600.000 Kinder, über die Hälfte davon Mädchen (55 Prozent). Sie eröffnen Mädchen und Jungen Unterricht, die noch nie eine Schule besucht haben. Dies ist möglich, weil wir jetzt Zugang zu vielen Teilen des Landes haben, in denen wir vorher aufgrund des Konflikts nicht arbeiten konnten.

Diese positiven Anzeichen sind das Ergebnis sowohl des Engagements der De-facto-Behörden als auch des Drucks der lokalen Gemeinschaften, Schulen und gemeindebasierte Klassen offen zu halten.

Solange die Gemeinschaften weiterhin Bildung einfordern, müssen wir sowohl öffentliche als auch andere Formen der Bildung unterstützen - gemeindegestützte Klassen, Nachholklassen, Berufsausbildung. Ohne Bildung gibt es kaum Hoffnung auf eine bessere Zukunft für die Mädchen und Frauen in Afghanistan."

Rudi Tarneden (UNICEF/Dirk Gebhardt)

Rudi TarnedenAbteilungsleiter Presse / Sprecher

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