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Überleben nach den Überschwemmungen


von Beatrix Hell

Wie geht es eigentlich den Sturmopfern auf den Philippinen? In den Nachrichten ist kaum noch etwas zu hören. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, so scheint es für mich, versuchen die Menschen, nach dem schweren Tropensturm Washi im vergangenen Dezember wieder Fuß zu fassen. Über 700.000 Menschen sind betroffen – etwa so viele, wie in ganz Frankfurt/Main leben. Was machen Kinder, die ihre Eltern verloren haben? Wer sorgt für sie, damit sie Essen, Kleidung und Trost bekommen? Denn bei solchen Katastrophen werden viele Familien auseinandergerissen und Kinder von ihren Eltern getrennt – wie beispielweise Janella und Arlene, deren Schicksal mich sehr berührt hat.

Janella und ihre Tante.  ©UNICEF/Maitem

Janella (9, rechts) verlor durch den Wirbelsturm ihre Eltern - ihre Tante nahm sie auf.

© UNICEF/Maitem

Kinder ohne Eltern - Eltern ohne Kinder

In sich gekehrt sitzt die neunjährige Janella auf den Stufen der San Lorenzo Ruis Parish Kirche in der Stadt Iligan. Sie liegt auf der philippinischen Insel Mindanao. Ihre Tante Arlene hat den Arm um das Mädchen gelegt. Beide starren unbewegt in die Ferne. Auf den ersten Blick sehen sie wie Mutter und Tochter aus. Tatsächlich sind sie verwandt. Doch Arlene hat ihre beiden Kinder, ein und sieben Jahre alt, in den Wassermassen verloren, die kurz vor Weihnachten dem schweren Tropensturm Washi folgten. Die junge Frau war auf dem Nachhauseweg und überlebte nur, weil Freunde und Nachbarn eine Menschenkette bildeten, damit keiner in den Fluten unterging. Auch Janella trauert: Sie hat ihre Eltern verloren – und ihr Zuhause. „Jeden Morgen wacht sie weinend auf“, erzählt Arlene. Jetzt leben sie und ihre Nichte in einer Notunterkunft in Iligan, zusammen mit vielen anderen Kindern und Frauen, die ähnliche Schicksale beklagen.

Familien zusammenführen

Im Chaos der Überschwemmungsgebiete und ohne Schutz sind Kinder wie Janella besonders hilflos und verwundbar. Leicht fühlt sich niemand dafür zuständig, dass sie die notwendige Unterstützung erhalten. Die Gefahr, Opfer von Gewalt und Missbrauch zu werden, ist groß. Deshalb setzt sich UNICEF dafür ein, dass Familien zusammenbleiben und Kinder ihre Eltern oder Verwandte wiederfinden. UNICEF leitet lokale Partnerorganisationen an, wie sie unbegleitete oder verwaiste Kinder identifizieren, sie registrieren und überlebende Angehörige suchen. Dazu hat UNICEF zum Beispiel Formulare bereitgestellt, die die Suche erleichtern.

Angebote zum Spielen und Lernen

Ganz wichtig finde ich, dass die Kinder, ihre schrecklichen Erlebnisse verarbeiten können. UNICEF hilft ihnen dabei und hat bereits Zelte sowie Spiel- und Sportgeräte, Musikinstrumente und Unterrichtsmaterial bereitgestellt. Damit richten Partnerorganisationen betreute Spielzonen in den Übergangslagern ein. Hier können jetzt schon 1.300 Kinder spielen und lernen. Der Kontakt zu Altersgenossen und das Spielen lenken wenigsten für ein paar Stunden ab. Bereits 24 Freiwillige wurden als Betreuer geschult, um sich um die Kinder zu kümmern und vor allem jenen zu helfen, die unter Schock stehen. Zusätzlich erhalten zunächst 13 Lehrer eine Schulung, damit sie traumatisierten Schulkindern helfen können. UNICEF sorgt auch dafür, dass schnell Übergangsschulen entstehen: Denn die über 120 Schulen und Kindertagesstätten, die bei dem Unwetter zerstört oder schwer beschädigt wurden, werden erst nach und nach wieder instand gesetzt werden können. UNICEF sorgt zusätzlich für Unterrichtsmaterial für rund 15.000 Schüler.

UNICEF-Spielzone. ©UNICEF/Palasi

UNICEF richtet betreute Spielzonen ein, damit die Kinder in den Überganszonen eine Anlaufstelle haben.

© UNICEF/Palasi

Sauberes Wasser und Medikamente

UNICEF hat in den Flutgebieten bereits 14 große Wassertanks für Schulen und Notlager sowie Wassersets mit Wasserkanistern, Eimer und Wasserreinigungstabletten für über 9.000 Familien zur Verfügung gestellt. 8.500 Hygienesets mit Zahnbürsten, Handtüchern und Seife wurden über Partner verteilt, mehr als 80 transportable Toiletten aufgestellt. Für schwer mangelernährte Kinder hat UNICEF Zusatznahrung wie Erdnusspaste, Spezialmilch und Mikronährstoffpulver geliefert. Darüber hinaus stellt UNICEF wichtige Medikamente und medizinisches Gerät bereit. All das hilft den vielen betroffenen Kindern zu überleben – und langsam wieder nach vorn zu schauen. Ich bedanke mich bei allen UNICEF-Spendern, die diese Arbeit möglich machen.

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Beatrix Hell
Autor*in Beatrix Hell

Beatrix Hell berichtet über Neues aus den Projektländern.