Fotoreportagen

Hurra, wir sind 5 Jahre alt geworden!

Am 9. Juli 2016 ist der Südsudan fünf Jahre alt geworden. Und gleichzeitig mit ihm Zehntausende kleiner Jungen und Mädchen, die von Geburt an nur Gewalt, Angst und Aufruhr erlebt haben.


von Vera Mäusbacher

UNICEF ist vom ersten Tag an vor Ort und an ihrer Seite. Durch die enge Zusammenarbeit haben wir viele Kinder im Krieg groß werden sehen. Wie ist das Leben als 5-jähriges Kind im Kriegsland Südsudan? Heute möchte ich einige dieser Kinder vorstellen.

Gatchang Moet (5): „Ich kann mich an keinen Tag ohne Krieg erinnern.“

Suedsudan: Gatchang hat seine ganze Kindheit in einem Lager verbracht
© UNICEF/UNI203954/Everett

Über Gatchang erzählt sein Großvater, dass er an einem besonders heißen Tag geboren wurde. Bereits mit zwei Jahren ist seine Heimatstadt durch den Bürgerkrieg vollständig zerstört worden. Die Familie floh in ein Sicherheitslager der Vereinten Nationen. Seine ganze Kindheit hat Gatchang seidem unter Hochsicherheits-Bedingungen in dem Lager in Bentiu verbracht. Trotzdem träumt er von einer Zukunft mit einem Beruf voller Abenteuer: „Ich werde auf jeden Fall Pilot und reise um die Welt.“

Madadr Tuok (5): „Eine Dose ist mein Stuhl für die Schule.“

Suedsudan: Madadr geht in eine von acht UNICEF-Schulen
© UNICEF/UNI203953/Everett

Madadrs Mutter bürstet und ordnet seine Schuluniform jeden Morgen ordentlich, damit ihr Sohn anständig aussieht für die Schule. „Sie macht immer meine Knöpfe zu“, erklärt der Junge und zeigt auf die drei großen weißen Knöpfe seiner Jacke, denn das kann Madadr noch nicht so gut alleine. Auch er und seine Familie leben in dem Bentiu-Sicherheitslager der UN, genau wie Gatchang.

Madadr geht in die Lichil-Schule von UNICEF. Das ist eine von acht UNICEF-Schulen im ganzen Lager. Der Bedarf an Bildung ist riesig, mehr als 50.000 Kinder und Jugendliche in Bentiu wollen (und sollen) zur Schule gehen.

Dafür braucht der Südsudan dringend mehr Unterstützung. Denn es gibt nicht genug Plätze für den Unterricht und auch nicht genug Materialien. Madadr hat zum Beispiel keinen eigenen Stuhl in der Klasse mit rund 60 Schülern. Jeden Tag sitzt er auf einer großen Dose, in der früher Speiseöl war, um am Unterricht teilnehmen zu können und nicht auf dem Boden sitzen zu müssen. „Wenn ich in einer der vorderen Reihen sitze, sehe ich den Lehrer.“

Sabri John (5): „Meine Schuhe kommen aus Juba.“

Südsudan: Sabri wäscht seine Schuhe aus der Hauptstadt Juba
© UNICEF/UNI203955/Everett

Sabri ist ganz stolz, dass seine Schuhe aus der Hauptstadt des Südsudan, Juba, kommen. Er kennt die Stadt nicht, stellt sie sich aber wohl mächtig spannend vor. „Meine Tante lebt dort, weißt du, und sie arbeitet in einem Krankenhaus.”

Sabris Schwester Hadia ist 13 und verdient derzeit das Geld für die ganze sechsköpfige Familie mit Waschen, inklusive der Zwillingsbabies. Die Familie lebt in einem Zelt in der Region Torit. „Derzeit gibt es kein Geld für die Schule, ich muss mich um die Babies kümmern“, sagt Sabris Mutter Rose. „In ein paar Wochen kann ich wieder arbeiten, dann hoffe ich, dass Sabri zur Schule gehen kann. Er ist ein guter Junge, er könnte alles werden“.

Aber Beatrice (5): „Als Ärztin helfe ich Magri's Menschen“

Südsudan: Beatrice möchte studieren und Ärztin werden
© UNICEF/UNI203951/Everett

Aber Beatrice ist eines der wenigen Mädchen, die im Südsudan zur Schule gehen können. Denn Schule ist Luxus und 90% der Mädchen werden von der Schule zurückgehalten, damit sie zu Hause helfen können. Wenn eine Familie Jungen und Mädchen hat, werden die Jungen zur Schule geschickt und die Mädchen früh verheiratet, meistens kaum 15 Jahre alt. All das ist Alltag in Abers Gesellschaft.

Doch sie hat Glück: Ihre Eltern haben ein kleines Restaurant in der Region Magri und sie schicken Aber von dem verdienten Geld in die Schule. „Ich hoffe, Aber wird die Highschool beenden eines Tages und kann dann studieren“, sagt ihre Mutter Ida. Ein Studium ist auch nötig für den großen Berufswunsch ihrer Tochter. „So viele Menschen brauchen Hilfe hier, ich möchte Ärztin werden, damit ich sie gesund machen kann.“

Susan Andua (5): „Warum können Flugzeuge fliegen?“

Südsudan: Susan Andua will Pilotin werden
© UNICEF/UNI203956/Everett

Susan lebt mit ihrer Mutter Florence in einem kleinen Haus in Nimule. Wie viele Mütter im Südsudan erzieht sie ihre Tochter alleine. „Einmal hat Susan ihren Lehrer gefragt, warum Flugzeuge da oben am Himmel gehen können“, lacht Florence. „Ihr Lehrer meinte, weil da Menschen drin säßen, die ganz viel zur Schule gegangen sind und dann Piloten wurden“. Seitdem geht Susan voller Elan zum Unterricht und hat nur noch ein Ziel: Pilotin werden.

Election Lowata (5): „Ich war noch nie auf einer Rutsche“

Südsudan: Election spielt glücklich im UNICEF-Kinderzentrum
© UNICEF/UNI203958/Everett

Election lebt mit ihrer Familie im Dorf Lomolo genau an der Grenze vom Südsuan und Uganda. Ihr Name hat einen speziellen Hintergrund. Election (dt.: Wahl) wurde im Unabhängigkeitsjahr des Südsudan 2011 geboren und ihre Eltern nannten sie voller Stolz und Zuversicht auf die Zukunft “Election”.

Doch was dann kam, zerstörte schnell alle Träume: Missernten durch anhaltende Dürren, Gewalt und Plünderungen durch die Bürgerkriege. Elections Familie hat viel mitmachen müssen und ist schließlich nach Uganda geflohen, um endlich etwas Ruhe zu finden. Schaukeln, Rutschen und Malen waren in ihren ersten fünf Lebensjahren Fremdworte für Election.

Doch in dem Dorf in Uganda lernt sie all das zum ersten Mal kennen – durch das UNICEF-Kinderzentrum. Ihr Vater erzählt von ihrem ersten Mal dort. „Sie war etwas schüchtern, doch schnell hat sie mit den Betreuern geredet und im Vorschul-Unterricht die Hand bei Fragen gehoben. Ich denke, sie wird dort noch sehr sehr oft hingehen. Er sieht glücklich aus bei dem Gedanken daran, dass Election endlich ein Kind sein kann, mit allem, was dazu gehört, vor allem: Frieden.

Sie wollen mehr Kindern wie Susan und Madadr helfen?
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Vera Mäusbacher, UNICEF Deutschland. © UNICEF Deutschland
Autor*in Vera Mäusbacher

Vera Mäusbacher arbeitet im Bereich Kommunikation und Kinderrechte.