Schlamm und Ruinen, wo vorher Leben war
Nonoy Fajardo von UNICEF Philippinen ist Nothilfe-Experte und hat schon einige Naturkatastrophen miterlebt. Aber was er in Tacloban gesehen hat, hat auch ihn geschockt.
Von Nonoy Fajardo
Ich arbeite jetzt seit 15 Jahren bei Nothilfe-Einsätzen und habe gedacht, mich könnte so leicht nichts mehr aus der Fassung bringen. Aber als unser Erkundungsteam am Montag auf Tacloban zuflog, war ich richtig geschockt. Vom Flugzeugfenster aus habe ich Schlamm und Ruinen gesehen – und zwar nichts als Schlamm und Ruinen – wo es sonst Bäume, Häuser und Leben gab.
Die geteerte Landebahn war noch da, aber nur die Landebahn. Alles, was vorher im Terminal war, war jetzt draußen, und alles, was vorher draußen war, war jetzt in den Gebäuderesten, darunter eine rollbare Treppe zum Besteigen der Flugzeuge. Man sagte uns, in der Ruine des Terminals seien immer noch Leichen unter den Trümmern. Flughafen-Mitarbeiter hatten hier Zuflucht vor dem Taifun gesucht.

Wohin sie auch schauen, die Kinder aus Tacloban sehen überall die Zerstörungen des Taifuns Haiyan.
© UNICEF/MaitemDie Straße vom Flughafen wurde einst von kleinen Fischerdörfern entlang der Küste gesäumt. Sie sind nun vollständig ausradiert. Es war vermutlich ein Fehler, aber auf der Fahrt zum Rathaus in Tacloban habe ich die Leichen gezählt, an denen wir vorbei fuhren. Bei 100 habe ich aufgehört zu zählen. Die Toten lagen einfach da am Straßenrand, zwischen den apathisch umherirrenden Gruppen der Überlebenden.
Kein einziges Gebäude ist unversehrt geblieben. Sogar die größten und stabilsten Häuser sind beschädigt worden. Im Rathaus herrschte eine unheimliche Stille. Von meiner Erfahrung bei anderen Nothilfe-Einsätzen hatte ich fieberhafte Aktivität und rollende Lastwagen-Convoys erwartet. Aber hier war nichts – keine klingelnden Telefone, keine lärmende Geschäftigkeit – nur verstörte Menschen, die auf der Suche nach Hilfe und Lebensmitteln herumliefen.

Das Chaos zeigt sich auch im Kleinen: Diese beiden Teddybären haben während des Taifuns ihren Besitzer verloren.
© UNICEF/MaitemIch ging zur Sporthalle, um mit Überlebenden zu sprechen. Noch bevor sie ihren Mund aufgemacht haben, konnte ich in ihren Augen Schock, Angst und Frustration ablesen. Ein Mann, der mich mit meinem Satellitentelefon sah, sagte: „Benutz das und ruf Hilfe, wir brauchen Essen.“
Ich kann mir nur vorstellen, wie verzweifelt ein Vater sein muss, der seine Kinder nicht ernähren kann. Und was ist mit den Kindern, die ihre Eltern verloren haben und niemanden haben, der sich um sie kümmert? Ich mache mir große Sorgen um die vielen Kinder, die seit Tagen um ihr Überleben kämpfen.
In den nächsten Tagen werden mehrere Lastwagen mit Hilfsgütern von UNICEF für die Kinder und Familien eintreffen. Ich werde hier bleiben, um sie zusammen mit Mitarbeitern der örtlichen Behörden zu verteilen. Ich bin froh, dass ich helfen kann.

Nothilfe-Experte Nonoy Fajardo lenkt die traumatisierten Kindern für einen Augenblick von den Ereignissen der letzten Tage ab.
© UNICEF/MaitemIrgendwo in Tacloban habe ich endlich eine Stelle gefunden, an der mein Telefon funktioniert. Ich habe meine Kollegen im Büro in Manila angerufen. Ich habe ihnen gesagt: Wir brauchen hier nichts weiter zu erkunden.
Die Menschen haben alles verloren. Sie brauchen einfach alles.