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UN-Bericht: Globale Fortschritte bei der Bekämpfung der Neugeborenen- und Müttersterblichkeit stagnieren seit 2015

Covid-19, steigende Armut und humanitäre Krisen erhöhen weltweit den Druck auf bereits überlastete Gesundheitsdienste für Mütter und Neugeborene

Genf/Köln

Laut einem Bericht der Vereinten Nationen stagnieren seit acht Jahren die weltweiten Fortschritte bei der Reduzierung der Mütter- und Neugeborenensterblichkeit, da Investitionen in die Gesundheitsversorgung von Müttern und Neugeborenen abgenommen haben.

Uganda: Eine Mutter hält ihr Kind auf dem Arm.

Der kleine Edgar Feta und seine Mutter aus Uganda besuchen ein Gesundheitszentrum, um sich impfen zu lassen.

© UNICEF/UN0616904/Mugisha

Jedes Jahr sterben mehr als 4,5 Millionen Frauen und Babys während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder in den ersten Wochen nach der Geburt. Das entspricht einem Todesfall alle sieben Sekunden. Die Ursachen dafür sind meist vermeidbar oder behandelbar, wenn eine angemessene Gesundheitsversorgung zur Verfügung stünde.

„Weltweit ist die Sterblichkeitsrate von Schwangeren und Neugeborenen nach wie vor inakzeptabel hoch und die Covid-19-Pandemie hat ihre Gesundheitsversorgung weiter beeinträchtigt“, sagte Dr. Anshu Banerjee, Direktorin für die Gesundheit von Müttern, Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO). „Um positive Veränderungen zu sehen, müssen wir unsere Vorgehensweise ändern und jetzt mehr und klüger in die grundlegende Gesundheitsversorgung investieren, damit jede Frau und jedes Baby - ganz gleich, wo sie leben - die besten Chancen auf Gesundheit und Überleben hat.“

Laut dem aktuellen Bericht stagnieren seit 2015 die weltweiten Fortschritte im Hinblick auf die Überlebenschancen von Schwangeren, Müttern und Neugeborenen. Mehr als 290.000 Frauen verlieren jedes Jahr ihr Leben, 1,9 Millionen Babys kommen tot zur Welt (Zahl der Babys, die in oder nach der 28. Schwangerschaftswoche ohne Lebenszeichen geboren werden) und 2,3 Millionen Neugeborene sterben im ersten Lebensmonat.

Die Covid-19-Pandemie, steigende Armut und sich verschärfende humanitäre Krisen haben den Druck auf bereits überlastete Gesundheitssysteme weiter erhöht. Drei Viertel aller von Konflikten betroffenen Länder und Länder in Subsahara-Afrika geben an, dass die finanziellen Mittel für die Gesundheitsversorgung von Müttern und Neugeborenen seit 2018 zurückgegangen sind. Nur eines von zehn Ländern (von mehr als 100 befragten Ländern insgesamt) gibt an, über ausreichende Mittel für die Umsetzung ihrer aktuellen Gesundheitspläne zu verfügen. Laut der jüngsten WHO-Erhebung über die Auswirkungen der Pandemie auf die grundlegenden Gesundheitsdienste berichtet etwa ein Viertel der Länder über anhaltende Unterbrechungen der lebenswichtigen Schwangerschaftsvorsorge und -nachsorge sowie Gesundheitsdiensten für erkrankte Kinder.

„Wie so häufig sind Verletzlichkeit, Sorge und Verlust nicht gleichmäßig in der Welt verteilt", sagte Steven Lauwerier, UNICEF-Direktor für Gesundheit. „Seit der Pandemie leiden insbesondere Säuglinge, Kinder und Frauen, die bereits vorher besonders gefährdet waren, unter den Folgen der reduzierten Mittel und Anstrengungen im Hinblick auf eine hochwertige und zugängliche Gesundheitsversorgung. Dies gilt vor allem für Familien in fragilen Ländern und in Notsituationen.“

Finanzierungsdefizite und unzureichende Investitionen in die medizinische Grundversorgung können die Überlebenschancen von Kindern stark verringern. Während zum Beispiel eine Frühgeburt heute weltweit die häufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren ist, gibt weniger als ein Drittel der Länder an, über ausreichende Neugeborenenstationen zu verfügen. Gleichzeitig gelten rund zwei Drittel der Noteinrichtungen in Subsahara-Afrika als nicht voll funktionsfähig, das heißt es fehlt ihnen an wichtigen medizinischen Hilfsgütern wie Medikamenten und medizinischer Ausrüstung, aber auch Wasser, Strom oder Personal für eine 24-Stunden-Betreuung.

In den am stärksten betroffenen Ländern in Subsahara-Afrika und Zentral- und Südasien haben weniger als 60 Prozent der Frauen Zugang zu vier der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen acht Vorsorgeterminen während der Schwangerschaft. Gleichzeitig sind dies die Regionen mit den meisten Todesfällen von Müttern und Neugeborenen.

„Der Tod einer Frau oder eines jungen Mädchens während der Schwangerschaft oder der Geburt ist eine schwerwiegende Verletzung ihrer Menschenrechte", sagte Dr. Julitta Onabanjo, Direktorin der technischen Abteilung des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA). „Umso wichtiger ist es, den Zugang zu qualitativ hochwertigen sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten im Rahmen der grundlegenden Gesundheitsversorgung zu verbessern, insbesondere in Gemeinden, in denen die Müttersterblichkeitsrate in den letzten Jahren stagniert oder sogar gestiegen ist. Wir müssen einen menschenrechts- und geschlechtsspezifischen Ansatz verfolgen, um die Mütter- und Neugeborenensterblichkeit zu bekämpfen und die zugrundeliegenden Faktoren ausmerzen, wie sozioökonomische Ungleichheiten, Diskriminierung, Armut und Ungerechtigkeit.“

Um die Überlebensraten zu erhöhen, müssen Frauen und Babys vor, während und nach der Geburt eine qualitativ hochwertige und erschwingliche Gesundheitsversorgung sowie Zugang zu Familienplanungsdiensten erhalten, so die Organisationen. Es wird mehr qualifiziertes Gesundheitspersonal benötig, insbesondere Hebammen. Ebenso braucht es dringend Medikamente und medizinische Ausrüstung, sicheres Wasser und eine zuverlässige Stromversorgung. Alle Maßnahmen sollten insbesondere auf die ärmsten und gefährdeten Frauen ausgerichtet sein, denn sie haben am häufigsten keinen Zugang zu lebensrettenden Maßnahmen.

Angesichts der aktuellen Trends werden mehr als 60 Länder die nachhaltigen Entwicklungsziele zur Senkung der Mütter- und Neugeborenensterblichkeit nicht erreichen, wenn nicht gegengesteuert wird.

Christine Kahmann

Christine KahmannSprecherin - Nothilfe

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