© UNICEF/UN0205227/SOKOLBangladesch: UNICEF-Mitarbeiterin Peta Barns aus Australien
Fotoreportagen

Elefanten umleiten und andere Herausforderungen

Wie transportiert man lebensrettende Hilfsgüter mitten in ein Kriegsgebiet oder richtet in kürzester Zeit tausende Schulen ein? Unsere UNICEF-Kollegin Peta Barns steht in Krisenregionen immer wieder vor solchen Herausforderungen – für die sie kreative Lösungen finden muss.


von Luise Lundt

Alles andere als alltäglich: Eine UNICEF-Nothilfe-Spezialistin berichtet

Die australische Nothilfe-Spezialistin Peta Barns war bereits in Ländern wie Bangladesch oder dem Jemen im Einsatz. Dort kämpft sie für das Überleben tausender Kinder. In unserem Blog erzählt sie uns von drei Herausforderungen, die für ihr Team alles andere als alltäglich waren. Eine davon: Elefanten, die einem Flüchtlingslager gefährlich nahe kamen ...

1. Elefanten an einem Flüchtlingslager vorbeileiten

Im August 2017 suchten hunderttausende Angehörige der burmesischen Rohingya Zuflucht im benachbarten Bangladesch. Sie flohen vor der Verfolgung und Gewalt in ihrem Heimatland Myanmar.

Bangladesch: Zwei Flüchtlingskinder schauen von einem Hügel aus über ihr Viertel Cox Bazaar.

Die Flüchtlingslager im Hinterland der Küstenstadt Cox‘s Bazar dehnten sich rasch aus, übernahmen einen Wald und kreuzten dabei Elefantenwanderwege.

© UNICEF/UN0157346/Nybo

Unsere Kollegin Peta war an der Grenze positioniert und half, den plötzlichen Zustrom von Menschen zu bewältigen. Die meisten von ihnen waren Frauen und Kinder – traumatisiert, erschöpft und mittellos.

Am Anfang waren es nur einzelne Menschen, die über die Grenze nach Bangladesch kamen. Wenige Wochen später kamen jeden Tag zehntausende Menschen.

Peta Barns, UNICEF-Nothilfe-Spezialistin
Bangladesch: Portrait von UNICEF-Nothilfe-Spezialistin Peta Barns

Humanitäre Hilfsorganisationen aus der ganzen Welt arbeiteten zusammen, um die hunderttausenden Rohingya in nur wenigen Monaten anzusiedeln. "Die Menschen kamen in Booten hier an. Sie erhielten jeweils ein kleines Stück Land, ein paar Zeltplanen und etwas Bambus. Die meisten der Geflüchteten waren traumatisiert und standen unmittelbar nach ihrer Ankuft vor der Aufgabe, sich im Flüchtlingslager niederzulassen und dort provisorisch einzurichten."

Insbesondere die fehlende Infrastruktur wurde zu einem Problem. "Wir mussten so schnell wie möglich Bohrlöcher für Trinkwasser graben, denn es gab dort keines. Ebenso gab es keine Straßen und auch keine Latrinen. Das waren die alltäglichen Herausforderungen, vor denen wir standen", erzählt Peta von dieser Zeit.

Als sich die Flüchtlingslager rasant ausdehnten, kam ein neues, unerwartetes Hindernis hinzu: Denn eine der neu entstandenen Siedlungen lag nun unglücklicherweise auf einer bestehenden Wanderroute von Elefanten. Ende 2018 drang einer der Dickhäuter mitten in der Nacht in das Lager ein und zertrampelte mehrere der notdürftigen Bambus-Unterkünfte. Vier Menschen kamen dabei ums Leben. Peta Barns hat daraufhin zusammen mit Lager-Bewohnern und anderen Helfern Elefanten-Einsatzteams organisiert und Wachtürme gebaut. Von den Wachtürmen aus können die Tiere schon aus der Ferne entdeckt und rechtzeitig umgeleitet werden, bevor sie das Flüchtlingslager erreichen.

Bangladesch: Mohammad auf einem Wachturm in Kutupalong.

Mohammad, 14 Jahre alt, steht auf einem Wachturm mit Blick auf das Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesch. "Ich habe zwei Elefanten gesehen, seit ich hier lebe", sagt er. Mohammad hilft mit, dass Elefanten schon von Weitem gesichtet werden.

© UNICEF/Nybo

2. Einen Konflikt stoppen, um Impfstoffe zu liefern

Im kriegszerrütteten Jemen sind mehr als zwölf Millionen Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen. UNICEF ist eine der wenigen internationalen Hilfsorganisationen, die noch vor Ort tätig sind und Medikamente, Nahrungsmittel und Impfstoffe an die Bedürftigsten liefern.

Aber das ist keine leichte Aufgabe.

Jemen: Blick auf eine Explosion nach eines Luftangriffes auf ein Militärgelände.

Dichter Rauch steigt nach einer Explosion am Rande der jemenitischen Hauptstadt Sanaa auf.

© UNICEF/UNl182886/Hamoud

In ihrer Rolle als Leiterin der Nothilfelogistik sollte Peta Barns mit ihrem Team lebensrettende Hilfsgüter in das Land bringen. Da der Jemen jedoch blockiert ist, mussten die meisten Sendungen über den Wasserweg verschickt werden. Größere Handelsschiffe fuhren das Land schon lange nicht mehr an. Peta und ihr Team mussten Alternativen finden und setzten schließlich Fischerboote ein: "Wir mussten Fischerboote anheuern, die unsere Hilfsgüter über den Ozean bringen. Wir konnten nichts anderes tun als hoffen und bangen, dass sie auch wirklich ankommen."

Jemen: UNICEF-Mitarbeiter entladen Hilfsgüter von einem Fischerboot.

Fast am Ziel: Im Hafen von Hudaida entladen UNICEF-Mitarbeiter dringende humanitäre Hilfsgüter von einem Fischerboot.

© UNICEF/UN026931/Alayyashi

Bei Impfstoffen ist das allerdings deutlich schwieriger: Sie brauchen eine ununterbrochene Kühlkette, um ihre Wirksamkeit nicht zu verlieren. "Wir können nicht einfach Impfstoffe auf ein Boot laden. Sie müssen schnell transportiert werden. Also mussten wir sie per Luftfracht in das Land bringen."

Für den Jemen bedeutete dies, ein Flugzeug in einem Land zu landen, das unter ständigen, massiven Luftangriffen leidet. "Wir mussten von verschiedenen Behörden eine Sondergenehmigung einholen, um Flugzeuge landen zu lassen. Das war unsere einzige Möglichkeit. Wir hatten ein Zeitfenster von etwa einer Stunde. Also landete das Flugzeug, wir entluden es schnellstmöglich und dann hob es auch schon wieder ab."

So gelang es Peta mit ihrem Team, Impfstoffe in den Jemen zu bringen: "Wir haben es geschafft, diesen Transportweg aufrechtzuerhalten. Kinder im Jemen haben also weiterhin die Chance, geimpft zu werden", sagt Peta glücklich.

Jemen: Ein Flugzeug mit Impfstoff-Paketen wird am Flughafen von Sanaa entladen.

Jetzt muss alles ganz schnell gehen: Eine Impfstoff-Lieferung von UNICEF wird am internationalen Flughafen von Jemens Hauptstadt Sanaa entladen.

© UNICEF/UN0147213/Madhok

Für die UNICEF-Teams sind Kriege und Konflikte oft die größten Hindernisse bei der Lieferung von Hilfsgütern. "Manchmal schafft man es einfach nicht, selbst wenn man alle Möglichkeiten durchgespielt hat", sagt Peta Barns. "Aber im Allgemeinen findet man immer einen Weg, um Lieferungen dorthin zu transportieren, wo sie am nötigsten gebraucht werden. Ich persönlich habe dafür schon Esel, Kamele, Lastwagen und Fahrräder benutzt. Man tut eben, was man kann."

Ob per Flugzeug, Boot, Drohne oder Esel – unsere Nothilfe-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter tun alles, um Mädchen und Jungen in Not mit lebensrettenden Medikamenten, Nahrung und Impfstoffen zu versorgen.

3. In 18 Monaten 1.500 Schulen einrichten

Während der ersten 18 Monate der Rohingya-Krise richtete UNICEF in den Flüchtlingslagern in Bangladesch fast 1.500 Notschulen ein und verteilte hunderttausende Rucksäcke an Kinder, die vor der Gewalt in Myanmar geflohen waren.

Unter größtem Zeitdruck half Peta Barns mit ihrem Team mit, die Notschulen vorzubereiten: Jedes der Lernzentren wurde mit einer "Schule in der Kiste" ausgestattet – einer Box, die alle grundlegenden Lernmaterialien enthält: Stifte, Kreidetafeln, Schulhefte und weitere Utensilien.

Bangladesch: Vier Geschwisterkinder machen sich auf den Heimweg von der Notschule.

Rohingya-Kinder kehren nach ihrem Schultag in einer UNICEF-Notschule nach Hause zurück.

© UNICEF/UN0146814/Knowles-Coursin

Tausende Rohingya-Kinder konnten dank dieser Bildungsmaterialien schnell wieder in den Klassenraum zurückkehren, ohne zu weit zurückzufallen.

Die "Schule in der Kiste"-Box ist sehr einfach zu benutzen und hat sich während der Rohingya-Krise zig-fach bewährt: "Direkt nach dem Öffnen der Kiste ist man innerhalb von zehn Minuten als Notschule einsatzbereit", schwärmt Peta von der speziellen UNICEF-Box.

Viele der Flüchtlingskinder hatten bei ihrer Ankunft im Flüchtlingslager nichts außer der Kleidung, die sie am Körper trugen. Umso mehr hängen die Mädchen und Jungen jetzt an ihren UNICEF-Rucksäcken:

Für einige von ihnen ist der Rucksack das Einzige, was sie besitzen. Etwas, das ihnen niemand wegnehmen kann.

Ehsan, 7 Jahre
Bangladesch: Rohingya-Kinder bekommen in einem UNICEF-Lernzentrum Schulrucksäcke.

"Viele der Kinder haben ihre Rucksäcke liebevoll geschmückt. Und abends, wenn man durch das Lager lief, sah man, wie sie die Ranzen sogar säuberten. Sie wollten sichergehen, dass sie für den nächsten Schultag gut aussahen", berichtet Peta Barns.

Die Begegnungen mit den geflüchteten Rohingya-Kindern haben die UNICEF-Spezialistin sehr berührt: "Mädchen und Jungen hielten stolz ihre Schultaschen hoch, winkten uns zu und sagten: 'Seht mal, wir sind gleich!', denn sie hatten einen UNICEF-Rucksack und ich hatte ein UNICEF-T-Shirt an. Das waren immer sehr emotionale Momente. Wir konnten die Auswirkungen unserer Arbeit mit eigenen Augen sehen."

SCHENKEN SIE GEFLÜCHTETEN KINDERN EINE ZUKUNFT

Momente, in denen Flüchtlingskinder soviel Glück und Stolz empfinden, weil sie durch Bildung endlich wieder eine Zukunft haben, sind nur durch Ihre Unterstützung möglich. Schon mit einem kleinen Beitrag können Sie die Welt dieser Jungen und Mädchen ein großes Stück unbeschwerter machen.

Vielen Dank für Ihre Hilfe!

** Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Beitrag von Amy Poritt, der zuerst hier erschienen ist. Wir haben ihn für Sie übersetzt und überarbeitet.

Luise Lundt
Autor*in Luise Lundt

Luise Lundt ist freie Journalistin und bloggt ehrenamtlich über aktuelle UNICEF-Projekte.