Weltflüchtlingstag: Zurück in die Zukunft – Teil 2015
Am Ende nächster Woche fangen in Nordrhein-Westfalen die Sommerferien an und viele Schüler sind froh, dass der Schulstress endlich vorbei ist.
Aya, Hana und Maya freuen sich nicht unbedingt. Für die drei Schwestern aus Syrien geht es nicht darum, zur Schule zu müssen, sondern zur Schule zu dürfen.
Deutsch für Anfänger
Sie gehen wie mehr als 200 andere Kinder und Jugendliche zur mehrfach ausgezeichneten Paulus-Canisius-Schule in Recklinghausen, wo sie in Vorbereitungsklassen (VK) und Internationale Orientierungsklassen (IOK) Deutsch lernen und darauf vorbereitet werden, weiterführende Schulen der Sekundarstufe I besuchen zu können.
Aya, Hana und Maya aus Damaskus sind mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien geflüchtet. Sie fühlen sich hier wohl und wissen, dass sie am besten so schnell wie möglich Deutsch lernen sollten, um ihre Chancen auf einen Beruf und eine bessere Zukunft zu vergrößern. Das wissen auch Bekim aus Albanien, Alexandru aus Rumänien, Alina aus Armenien, Sohiel aus dem Iran und alle andere Kinder und Jugendliche, die Anfang Juni an einem The One Minutes Jr. Video-Workshop in der Paulus-Canisius-Schule mitgemacht haben.
Weltflüchtlingstag: Projektwoche „The One Minutes Jr.“
Von Montag bis Donnerstag hieß es da nämlich „Ruhe bitte, Kamera läuft und Action!“. 13 Filme in vier Tagen standen auf dem Programm und jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer sollte in einer Minute seine Geschichte erzählen – solche, die es schon zu erzählen gibt oder solche, die die Zukunft schreiben wird.
Aya und Hana, die beiden älteren Schwestern der Familie Hatem, haben schon konkrete Berufswünsche. Aya will Architektin werden, Hana Kinderärztin und beide verbindet noch mehr mit ihren Wünschen – sie würden gerne als Architektin und Kinderärztin zurück nach Syrien gehen, um dort den Kindern zu helfen.
Irgendwann
Enas kommt auch aus Syrien und ist mit den Hatem-Schwestern befreundet. Mit ihr stehen wir in Recklinghausen am Hauptbahnhof und warten auf einen Zug. Der Zug fährt ein und Enas wartet auf jemanden, der aber auch diesmal wieder nicht angekommen ist. Der Vater der 17-jährigen ist in Syrien geblieben. Der Krieg hat die Familie auseinander gerissen. Enas Film geht um das Warten. Und um das Ankommen. Irgendwann.
Ohne meine Familie
Marwan ist ebenfalls 17 und ebenfalls aus Syrien. Aber für ihn ist die Situation noch schlimmer als für die anderen. Er ist vor fast zwei Jahren zu Fuß aus Syrien nach Jordanien geflüchtet, nachdem ihm eine Bombe die rechte Hand abgerissen hat. Per Flugzeug ging es dann mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk nach Deutschland, wo Marwan bereits sechs Operationen hinter sich gebracht hat. Eine Prothese bekommt er in ein paar Jahren, wenn er nicht mehr wächst.
Aber das ist nicht sein einziger Wunsch. Er würde sehr gerne seine Familie wiedersehen – seine Eltern und seine Geschwister. Denn Marwan ist nur mit seinem Onkel in Deutschland und vermisst natürlich den Rest der Familie.
Marwans Film heißt „Ohne meine Familie“ und beschreibt etwas, das sich die meisten Menschen überhaupt nicht vorstellen können: