© UNICEF/UN0673616/AndrianantenainaKinderarbeit: Sambilahatsa arbeitet tief unter der Erde in einer Glimmermine.
Gut zu wissen

Kinderarbeit weltweit: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Hier finden Sie die wichtigsten Infos zu Kinderarbeit im Überblick – und so viel vorweg: Wenn Ihre Kinder nicht beim Aufräumen oder Rasenmähen helfen wollen und sich dabei auf das Verbot von Kinderarbeit berufen, dürfen Sie getrost widersprechen. Mit Kinderarbeit ist etwas anderes gemeint. Lesen Sie selbst:



von Ninja Charbonneau

Definition: Was ist Kinderarbeit?

Kinderarbeit umfasst laut Definition Arbeiten, für die Kinder zu jung sind, die gefährlich oder ausbeuterisch sind, die die körperliche oder seelische Entwicklung schädigen oder die Kinder vom Schulbesuch abhalten. Kinderarbeit beraubt Kinder ihrer Kindheit und verstößt gegen die weltweit gültigen Kinderrechte, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben sind.

Jedes Jahr am 12. Juni ist Welttag gegen Kinderarbeit – eine wichtige Gelegenheit, um immer wieder auf das Problem aufmerksam zu machen. Und natürlich um für die Lösungen zu werben! Denn Kinderarbeit ist kein unabänderliches Schicksal. Wir wissen bereits, welche Ansätze den Kindern am besten helfen können, aber sie müssen noch stärker in der Breite umgesetzt werden.

Zugleich gibt es verschiedene Facetten von Kinderarbeit und Arbeit, die Kinder verrichten: Man muss unterscheiden zwischen normalen Aufgaben zum Beispiel im Haushalt, zwischen legaler Beschäftigung von Jugendlichen oberhalb des Mindestarbeitsalters und zwischen Ausbeutung von Kindern in Form von schwerer Kinderarbeit. Für legale Beschäftigung haben die meisten Staaten per Gesetz ein Mindestarbeitsalter zwischen 14 und 16 Jahren festgelegt. Das heißt, Kinder unterhalb dieser Altersgrenze gelten als zu jung für Arbeit und ihre Beschäftigung verboten (festgehalten in der ILO-Konvention Nr. 138 von 1976).

In der Regel kontrollieren die nationalen Institutionen der Arbeitsinspektion die Einhaltung von Gesetzen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Arbeitsleben. Sie überwacht, ob Unternehmen die geltenden Vorschriften zur Arbeitszeit, zum Arbeitsplatz und zu Gesundheitsschutzmaßnahmen einhalten, um die Rechte und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten.

In Deutschland ist das Mindestarbeitsalter 15 Jahre mit einigen Ausnahmen für leichte Tätigkeiten – Zeitungsaustragen ist zum Beispiel auch für jüngere Jugendliche erlaubt. Allerdings nur für eine begrenzte Anzahl von Stunden, damit dies nicht ihrer Schulbildung im Weg steht. Die Einzelheiten werden durch das Jugendarbeitsschutzgesetz und die Kinderarbeitsschutzverordnung geregelt.

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Bildung, wirksame Gesetze gegen die Ausbeutung von Kindern und soziale Unterstützung für benachteiligte Familien – so setzt sich UNICEF im Kampf gegen Kinderarbeit ein.

Wir unterscheiden außerdem die "gefährliche Kinderarbeit" (Englisch: hazardous work), das sind Arbeiten mit konkreten Gefahren für Sicherheit, Gesundheit und Entwicklung - zum Beispiel Arbeit in Minen, mit gefährlichen Geräten oder giftigen Chemikalien, Tragen von Schweren Lasten.

Und dann gibt es noch die "schlimmsten Formen der Kinderarbeit". Dazu zählen die Vereinten Nationen (ILO-Konvention Nr. 182 von 1999): Sklaverei und sklavenähnliche Abhängigkeiten, Zwangsarbeit einschließlich des Einsatzes von Kindersoldat*innen, Kinderprostitution und Kinderpornographie, kriminelle Tätigkeiten wie den Missbrauch von Kindern als Drogenkuriere sowie andere Formen der Arbeit, die die Sicherheit und Gesundheit der Kinder gefährden können. Alle Mitgliedstaaten der ILO haben das Übereinkommen 182 ratifiziert.

Zudem hat sich die Weltgemeinschaft mit der Agenda 2030 auf das Ziel Nr. 8.7 geeinigt, jegliche Form der Kinderarbeit, angefangen mit der gerade beschriebenen schlimmsten Form, bis zum Jahr 2025 vollständig abzuschaffen. Dieses Ziel wurde nicht erreicht, das Problem besteht fort und wird wahrscheinlich noch viele Jahre nicht vollständig gelöst sein. Dafür gibt es verschiedene Ursachen, auf die ich noch eingehe.

Der 8-jährige Tsifeheza arbeitet zusammen mit seinen Eltern in der Glimmermine.

Der 8-jährige Tsifeheza lebt in Madagaskar, wo er mit seinen Eltern in einer Glimmermine arbeitet. Wegen des ausbleibenden Regens mussten sie die Landwirtschaft aufgeben und nun ihren Lebensunterhalt in der Mine bestreiten. Glimmer ist ein Mineral, das in Produkten wie Kosmetika, Farben und Elektronik enthalten ist. In Madagaskar wird die Glimmerindustrie mit wenig Regulierung betrieben, so dass etwa 10.000 Kinder im Bergbau arbeiten.

© UNICEF/UNI658491/Andrianantenaina

Kinderarbeit weltweit: Wie viele Kinder, die von Kinderarbeit betroffen sind, gibt es und was tun sie?

Rund 138 Millionen Mädchen und Jungen sind nach aktueller Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und UNICEF von Kinderarbeit betroffen. Das heißt, sie müssen unter Bedingungen arbeiten, die sie ihrer elementaren Rechte und Chancen berauben.

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Weltmädchentag 2024: Elf Fakten zum internationalen Mädchentag

Insgesamt arbeiten mehr Jungen (78 Millionen) als Mädchen (59 Millionen). Allerdings muss man dazu sagen, dass Mädchen beispielsweise häufig Arbeiten im Haushalt erledigen, die weniger augenfällig sind und deshalb nicht unbedingt in den Statistiken auftauchen. Berücksichtigt man in der Statistik Hausarbeiten, die mindestens 21 Stunden pro Woche verrichtet werden, verringert sich der geschlechtsspezifische Unterschied bei der Kinderarbeit.

Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Kinderarbeit sind unter zwölf Jahre alt oder besser gesagt jung (78,9 Millionen). Die meisten Mädchen und Jungen, die arbeiten müssen, leben in Afrika, gefolgt von Asien.

Wie sieht Kinderarbeit heute aus? In welchen "Berufen" gibt es Kinderarbeit?

Kinderarbeit kann die unterschiedlichsten Formen haben: Kinder und Jugendliche helfen bei der Ernte mit, verkaufen Gemüse auf dem Markt, bedienen in Teestuben, betteln auf der Straße, sammeln Müll, arbeiten in Steinbrüchen oder Textilfabriken und vieles mehr.

Viele der arbeitenden Kinder (54 Millionen) leiden unter Arbeitsbedingungen, die gefährlich oder gesundheitsschädlich sind (Englisch: hazardous work) – zum Beispiel in Goldminen in Burkina Faso, auf den Baumwollfeldern in Indien, in Steinbrüchen im Benin, auf Kakaoplantagen in der Elfenbeinküste oder auf Farmen in Lateinamerika.

Dieses Beispiel aus Sierra Leone verdeutlicht die verzweifelte Lage vieler Kinder, die zur Arbeit gezwungen sind: Adama ist zwölf Jahre alt und arbeitet bereits seit fünf Jahren in einem Steinbruch, zusammen mit ihren Eltern. Ihre Familie verfügt nicht über die finanziellen Mittel, sie zur Schule zu schicken, ausreichend für die Familienmitglieder zu sorgen oder gar Kleidung zu kaufen. „Ich bin nicht glücklich, dass ich hier arbeite, während meine Kameradinnen zur Schule gehen“, erzählt sie. „Ich möchte, dass die Behörden mir helfen, damit wir aus diesem Steinbruch herauskommen und wieder zur Schule gehen und lernen können.“ Die körperlich anstrengende Arbeit wird sehr schlecht bezahlt. Adama und ihre Eltern verdienen umgerechnet weniger als zwei Euro pro Tag. Sie haben nur Geld für eine Mahlzeit am Tag, normalerweise das Abendessen.

Die 12-jährige Adama arbeitet in einem Steinbruch in Sierra Leone.

Die 12-jährige Adama zerschlägt in einem Steinbruch in Sierra Leone mit einem Vorschlaghammer einen großen Granitfelsen in kleinere Schotterstücke, die sie an Bauunternehmen verkauft. Seit fünf Jahren arbeitet sie im Steinbruch und verdient zusammen mit ihren Eltern Geld. Ihre Hoffnung: Genug zu sparen, um irgendwann ihre Ausbildung bezahlen zu können.

© UNICEF/UNI813573/Songa

Die meisten Kinder arbeiten in der Landwirtschaft (61 Prozent), jedoch auch viele in der Industrie (13 Prozent) und als Hilfskräfte im Dienstleistungsbereich (27 Prozent). Während die Kinderarbeit in der Landwirtschaft minimal zurückging, stieg sie in den anderen Branchen leicht an. Weitgehend im Verborgenen arbeiten Millionen Kinder und Jugendliche als Dienstboten und Dienstbotinnen in privaten Haushalten – der Großteil von ihnen Mädchen. Viele von ihnen haben überlange Arbeitszeiten. Sie sind stark von ihren Arbeitgebern abhängig und kaum geschützt vor Gewalt oder sexuellen Übergriffen.

Übrigens ist der überwiegende Teil der Kinder nicht angestellt: Sie arbeiten im Familienverbund mit, zum Beispiel bei der Feldarbeit, beim Hüten der Tiere oder im Familienbetrieb, in der Regel unbezahlt. Dadurch ist ihre Arbeit zwar weniger auffällig – das heißt aber nicht, dass sie weniger schlimm ist. Oft gehen Kinder auch mit Familienmitgliedern gefährlicher Arbeit nach.

Kinderarbeit in Fast Fashion und Textilindustrie

Große öffentliche Aufmerksamkeit hat in den vergangenen Jahren hingegen die Kinderarbeit in der Textilproduktion erfahren beseitigt ist sie allerdings immer noch nicht, obwohl dort teils ausbeuterische Arbeitsbedingungen herrschen. Gesundheitsgefährdende Arbeiten mit gefährlichen Chemikalien oder der Zwang zu Überstunden verstoßen gegen die "Decent Work Agenda" der ILO. Ausbeuterische Kinderarbeit in der Baumwoll- und Textilindustrie zeugt insbesondere davon, dass Sozialstandards und menschenwürdige Arbeitsbedingungen mit ausreichendem Einkommen noch nicht wirksam durchgesetzt wurden. Kinderarbeit kann in verschiedenen Stadien der Textillieferkette stattfinden, in Nähfabriken ebenso wie auf dem Feld. Allein in Indiens Baumwollindustrie arbeiten schätzungsweise rund 220.000 Kinder unter 14 Jahren.

In Deutschland landen jährlich 1,5 Milliarden Kleidungsstücke auf dem Müll; vorrangig um Platz für noch mehr billig und unfair produzierte Mode zu schaffen. Die Fast Fashion Modemarken produzieren dazu in immer kürzeren Abständen neue Trends. Das bringt negative Folgen für die Menschen in den Produktionsländern und eine enorme Belastung für die Umwelt mit sich. Anders gesagt: Der Konsum von Fast Fashion kann zu dem System beitragen, in dem Kinderarbeit Teil des Geschäftsmodells ist.

Kinderarbeit ist unter anderem in Bangladesch verbreitet

Arif (12) arbeitet als Lehrling in einer kleinen Schuhfabrik in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs. Neben der Arbeit besucht er ein von UNICEF unterstütztes Lernzentrum speziell für Kinder, die entweder nie eingeschult wurden oder früh von der Schule abgegangen sind – so erhalten sie eine zweite Chance auf Bildung.

© UNICEF/UN0393294/Satu

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Welche Trends gibt es bei Kinderarbeit?

Jetzt kommt eine gute und eine schlechte Nachricht: Zuletzt mussten laut einem neuen Bericht von UNICEF und ILO immer weniger Minderjährige arbeiten. Im letzten Erhebungszeitraum zwischen 2020 und 2024 sank die Anzahl von Kindern in Kinderarbeit laut Internationaler Arbeitsorganisation und UNICEF um 22 Millionen. Das ist erstmal positiv, zumal Expert*innen befürchtet hatten, dass als langfristige Folge der Corona-Pandemie Millionen weitere Kinder gefährdet sein könnten, in Armut abzurutschen und möglicherweise in Kinderarbeit gedrängt zu werden.

Der Fortschritt zeigt, dass Maßnahmen wie Programme zur Förderung von Bildung und zur sozialen Sicherung im Zusammenspiel mit gesetzlichen Regelungen Wirkung zeigen.

Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass die Kinderarbeit bis 2025 gänzlich beendet werden sollte, was bei weitem verfehlt wurde. Um das Ziel bis 2045 zu erreichen, muss das Tempo um das Siebenfache erhöht werden.

Es ist wichtig zu wissen, dass die Schätzungen zur weltweiten Kinderarbeit nur alle vier Jahre berechnet werden und sich auf das Vorjahr des Berichts - aktuell auf 2024 - beziehen. Wir wissen also immer erst etwas zeitverzögert, wie es um die Entwicklung steht.

In welchen Ländern gibt es Kinderarbeit?

Am meisten verbreitet ist Kinderarbeit im südlichen Afrika, in Asien, Lateinamerika und der Karibik, sie kommt aber auch in Nordafrika und im Mittleren Osten, in Europa und den USA vor. Sub-Sahara Afrika hat mit fast zwei Dritteln aller Kinder in Kinderarbeit (87 Millionen) weiterhin die schwerste Last zu tragen. Während der Anteil von Kindern in Kinderarbeit von 24 auf 22 Prozent gesunken ist, stagniert die Anzahl der betroffenen Kinder vor dem Hintergrund des Bevölkerungswachstums, anhaltender und neuer Konflikte, extremer Armut und überlasteter Sozialschutzsysteme.

Asien und Pazifik erzielten die größten Fortschritte in der Bekämpfung von Kinderarbeit seit 2020 und reduzierten den Anteil von sechs Prozent (49 Millionen) auf drei Prozent (28 Millionen). Obwohl der Anteil der von Kinderarbeit betroffenen Kinder in Lateinamerika und der Karibik in den letzten vier Jahren unverändert bleibt, ist die Gesamtzahl von acht Millionen auf etwa sieben Millionen gesunken, zeigt der Bericht.

In Südasien sind 14,3 Millionen Kinder und Jugendliche in Kinderarbeit (3,1 Prozent der 5- bis 17-Jährigen), in Ostasien und Pazifik 13,1 Millionen (3,2 Prozent), Europa und Zentralasien 4,9 Millionen (3,4 Prozent), Lateinamerika und Karibik 7,4 Millionen (5,5 Prozent), Mittlerer Osten und Nordafrika 8,2 Millionen (6,4 Prozent) und Nordamerika 221.000 (0,4 Prozent).

Auch bei den Entwicklungen gibt es große regionale Unterschiede. In Subsahara-Afrika ist die Zahl der arbeitenden Kinder in den letzten vier Jahren unverändert hoch (87 Millionen). Hingegen sind in anderen Regionen wie Asien und dem Pazifik sowie in Lateinamerika und der Karibik die Zahlen der arbeitenden Kinder zwischen 2020 und 2024 gesunken - allein in Asien und Pazifik um ganze 21 Millionen.

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Bolivien: Schuften statt Schule

Länder, in denen Kinderarbeit sehr hoch ist, sind zum Beispiel Madagaskar (nach letzter Schätzung rund die Hälfte aller Kinder von fünf bis 17 Jahren) oder Sierra Leone mit fast 40 Prozent der Kinder. Aber auch Länder wie Bangladesch mit rund fünf Millionen Kindern, in oft gefährlicher, ausbeuterischer Arbeit, oder die Demokratische Republik Kongo, wo viele Kinder in Kobalt- oder Kupferminen ausgebeutet werden, sind stark betroffen. Mit den Zahlen muss man etwas vorsichtig sein, weil Kinderarbeit im Haushalt oder informellen Sektor häufig nicht erfasst wird. In diesen Ländern lebt ein großer Anteil der Bevölkerung in Armut, einer der Haupttreiber für Kinderarbeit.

Für China und Indien gibt es zum Beispiel keine separaten nationalen Schätzungen. Trotzdem wissen wir, dass viele Kinder dort arbeiten müssen. Generell ist das Risiko für Kinderarbeit in Ländern mit großer Armut, aktiven Konflikten, mit schwachen Schutzsystemen (zum Beispiel fehlende soziale Absicherung), staatlicher Korruption und in Regionen, die unter den Folgen des Klimawandels extrem leiden, besonders hoch. Oft kommen mehrere dieser Faktoren zusammen. In Zeiten von Not steigt die Gefahr, dass Kinder arbeiten müssen, anstatt zur Schule zu gehen.

Kinderarbeit in Bangladesch.

Der 10-jährige Roni arbeitet als Straßenhändler in Bangladesch.

© UNICEF/UN0523652/Monir

Gibt es Kinderarbeit in Deutschland?

In Deutschland ist Kinderarbeit ganz klar verboten und die Gesetze zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sind sehr streng. Kinder unter 15 Jahren dürfen mit wenigen Ausnahmen gar nicht arbeiten, Jugendliche ab 15 Jahren können einer Beschäftigung nachgehen, aber auch hierfür gelten laut Jugendarbeitsschutzgesetz eine Reihe von Einschränkungen. Vor allem dürfen Jugendliche nicht nachts oder am Wochenende arbeiten und dürfen außerdem nur eine begrenzte Anzahl von Stunden pro Woche arbeiten. Die bei uns geltende Schulpflicht ist auch ein guter Schutz davor, dass Kinder oder Jugendliche zu früh oder zu viel mit anpacken.

Das war übrigens nicht immer so: Das Jugendarbeitsschutzgesetz gibt es erst seit 1960, und die UN-Kinderrechtskonvention, die 1990 in Kraft trat, wurde 1992 von Deutschland ratifiziert. Früher war es auch in Deutschland weit verbreitet, dass Kinder in der Landwirtschaft und später mit der Industrialisierung in Fabriken hart arbeiten mussten.

Trotz der klaren Rechtslage kommt laut einer Studie von terre des hommes (2024) Kinderarbeit auch heute noch in Deutschland vor, zum Beispiel in der Gastronomie, Landwirtschaft und Pflege von Angehörigen. Allerdings gibt es dazu keine offiziellen Statistiken.

Warum gibt es eigentlich Kinderarbeit?

Und dahinter steht oft die Frage: Warum lassen Eltern das zu? Damit sind wir schon mittendrin in der Frage nach den Ursachen für Kinderarbeit. Nummer eins: Armut, meist in Kombination mit anderen Faktoren. Manchmal fehlt vielleicht das Bewusstsein, dass Kinderarbeit schädlich für die Entwicklung der Kinder sein kann. Aber meistens liegt es einfach daran, dass Familien auf die Mitarbeit der Kinder angewiesen sind, weil sie sonst einfach nicht überleben können. Das Hauptproblem ist, dass die erwachsenen Arbeitskräfte oft keine fairen Löhne erhalten, die das Einkommen der Familie sichern können. Manchmal fehlt auch ein Elternteil oder kann wegen einer Krankheit nicht arbeiten. Dazu kommt, dass es häufig keine soziale Absicherung gibt, dass also nicht wie bei uns der Staat einspringt, wenn eine Familie in Not ist.

Wirtschaftskrisen, Konflikte und Naturkatastrophen verschärfen die Situation, weil zum Beispiel die Haupternährer*innen tot oder von der Familie getrennt sind, weil Felder nicht bestellt werden können oder andere Einnahmequellen wegfallen und Kosten für Grundnahrungsmittel steigen. Im östlichen und südlichen Afrika und in Asien haben in den letzten Jahren Wetterextreme wie Dürren im Wechsel mit schweren Regenfällen dazu geführt, dass Kinder den Schulbesuch abbrechen, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen.

Aus verschiedenen Gründen wollen oder müssen Kinder und Jugendliche also Geld verdienen oder ohne Bezahlung mithelfen, und häufig sehen ihre Familienmitglieder auch nichts Falsches darin.

Kinderarbeit: Ahmed arbeitet in einer Recycling-Anlage

Ahmed (14) steht in der Recycling-Anlage im Industriegebiet der Stadt Nizip, in der er die letzten zehn Tage gearbeitet hat. Das wenige Geld, das er verdient, schickt er seiner Familie. Sie lebt in einem Flüchtlingslager in der türkischen Stadt.

© UNICEF/NYHQ2014-0161/Noorani

Was ist das Schlimme an Kinderarbeit?

Zunächst einmal: Es muss nicht generell schlecht sein, wenn Mädchen und Jungen zum Beispiel bei der Ernte oder im Familienbetrieb mit anpacken und Erfahrungen für ihr späteres Berufsleben sammeln – solange es sich in Grenzen hält, ihre Gesundheit nicht gefährdet wird und sie trotzdem zur Schule gehen können.

Doch alles darüber hinaus, was also per Definition unter Kinderarbeit fällt, verstößt gegen die UN-Kinderrechtskonvention und schadet Kindern und Jugendlichen in ihrer Entwicklung.

Ganz extrem ist das bei den so genannten „schlimmsten Formen“ der Kinderarbeit, also zum Beispiel Kinderprostitution, der Einsatz als Kindersoldat oder Kindersoldatin oder der Missbrauch von Kindern für kriminelle Machenschaften, zum Beispiel als Drogenkurier. Teilweise werden Kinder Opfer von Kinderhandel oder werden durch Schuld-Knechtschaften zum Arbeiten gezwungen. Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zufolge sind über 3,3 Millionen Kinder von Zwangsarbeit betroffen, darunter auch Kinder, die als Prostituierte arbeiten müssen. Diese extremen Formen von Ausbeutung werden auch als moderne Sklaverei bezeichnet.

Ein großer Teil der Kinderarbeit ist gefährlich, wenn zum Beispiel Kinder in einsturzgefährdeten Minen arbeiten, Feinstaub oder giftige Chemikalien einatmen, schwere Geräte und Maschinen bedienen oder mit gefährlichen Geräten wie Macheten und Sensen hantieren. Auch stundenlange Arbeit in gebückter Haltung an Nähmaschinen oder unter der heißen Sonne können der Gesundheit erheblich schaden.

Die Realität ist außerdem: Mädchen und Jungen, die arbeiten müssen, gehen oft gar nicht zur Schule. Außerdem müssen Millionen von Schulkindern parallel arbeiten. Viele brechen deshalb die Schule vorzeitig ab oder kommen im Unterricht schlechter mit, weil sie erschöpft sind und ihnen die Zeit zum Lernen zu Hause fehlt. Heranwachsende ohne Bildung und Schulabschluss wiederum haben schlechtere Chancen, jemals gut bezahlte Arbeitskräfte zu werden. Es ist also ein Teufelskreis.

Es ist daher wichtig zu sagen: Jede Form der Kinderarbeit ist per Definition schlecht für Kinder. Und es ist richtig, dass sich die Staatengemeinschaft vorgenommen hat, möglichst schnell alle Formen von Kinderarbeit zu beenden. Damit dieses Ziel auch erreicht wird, sollten alle Akteurinnen und Akteure ihre Bemühungen verstärken.

Sollte man Kinderarbeit generell verbieten?

Gesetze zum Schutz von Kindern einschließlich eines Verbots von Kinderarbeit sind aus unserer Sicht unbedingt nötig, reichen alleine aber nicht aus. Die meisten Länder haben Gesetze, die Kinderarbeit verbieten – zumindest auf dem Papier. Aber selbst wenn die Gesetze überall ganz konsequent umgesetzt werden würden, ist damit noch nicht das Ende der Kinderarbeit erreicht. Denn gleichzeitig muss die Ursache dafür, dass Kinder arbeiten und auf das Geld angewiesen sind, angegangen werden. Sonst verlagert sich das Problem nur und Kinder müssen im Verborgenen an Stellen arbeiten, die nicht sichtbar für Regierungen und Arbeitsinspekteure sind. Und die Durchsetzung des Verbots darf nicht dazu führen, dass die Familie dadurch in noch größere Not gerät.

Erfahrungen aus mehreren Ländern zeigen, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Gesetze zum Schutz der Minderjährigen sind wichtig, aber sie müssen auch konsequent umgesetzt und von Maßnahmen begleitet werden, die die tiefer liegenden Ursachen von Kinderarbeit bekämpfen. Kinderarbeit lässt sich nicht einfach durch Verbote beseitigen – genauso wenig, wie man Armut verbieten kann. Sie lässt sich aber überwinden. Auch wenn es noch ein weiter Weg bis dahin ist.

Ein Beispiel: Der Kakao für die bei uns so beliebte Schokolade wird vor allem in Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) und Ghana angebaut - und leider werden für diese schwere Arbeit nach wie vor auch Kinder eingesetzt. Das "Lieferkettengesetz" schreibt seit 2023 für deutsche Unternehmen ein strenges Verbot von Kinderarbeit vor. Das klingt zwar erst mal gut und richtig, aber führt teilweise dazu, dass Zulieferer mit Geschäftspartnern arbeiten, die sich nicht an dieses Verbot halten. Somit bleibt das Problem fortbestehen. Außerdem sind die Kinder auf das Geld angewiesen, da ihre Familie nicht ausreichend für den Lebensunterhalt verdient - wenn das Einkommen wegfällt, hilft das den Kindern erst mal nicht. Vielmehr muss vor allem dafür gesorgt werden, dass die Ursachen für Kinderarbeit wirksamer bekämpft werden.

Kinderarbeit in Vietnam: Mädchen als Tankwart

Nhu Y (15) lebt seit der Scheidung ihrer Eltern bei ihrer Oma. Die Eltern schicken nur gelegentlich Geld, und die Oma ist zu schwach, so dass Nhu Y Geld verdienen muss. Im Sommer hat sie an einer Tankstelle gearbeitet. Mit Unterstützung eines Sozialarbeiters hat sie ein Stipendium erhalten, um weiter lernen zu können. Sie möchte nach eigener Aussage Polizistin werden – weil die Ausbildung nichts kostet.

© UNICEF/UN0712616/Hoang

Was hilft denn dann? Und ist das Lieferkettengesetz trotzdem sinnvoll? Das bringt uns zur nächsten Frage.

Was bringt das Lieferkettengesetz im Kampf gegen Kinderarbeit?

Um Kinderarbeit zu beenden, sind in erster Linie die jeweiligen Regierungen in der Pflicht. Daneben spielen auch weitere Akteure eine wichtige Rolle in der Bekämpfung von Kinderarbeit. Vor allem können auch Unternehmen einen entscheidenden Beitrag gegen Kinderarbeit leisten, indem sie zum Beispiel familienfreundliche Arbeitsbedingungen und faire Löhne in der gesamten Lieferkette garantieren.

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Warum Kinder ein wirksames Lieferkettengesetz brauchen

Das in 2023 in Kraft getretene "Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz" (LkSG) zielt unter anderem darauf ab, dass Unternehmen genau diesen Beitrag leisten. Demnach sind sie dazu verpflichtet, Kinderarbeit in ihren Lieferketten zu verbieten, und falls sie Kinderarbeit in ihren Lieferketten finden, müssen sie für wirksame Abhilfemaßnahmen sorgen. Ab 2027 soll es durch das EU-Lieferkettengesetz (EUCSDDD) ersetzt werden. Dieses hat ähnliche Verpflichtungen zum Umgang mit Kinderarbeit festgelegt und verpflichtet Unternehmen darüber hinaus, alle Rechte der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen zu schützen.

Wir begrüßen das deutsche Gesetz als sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung: Viele Unternehmen haben sich aufgrund des LkSG mit der Problematik befasst und wissen inzwischen, an welchen Stellen in ihren Lieferketten ein besonderes Risiko für Kinderarbeit besteht. Um eine Bilanz zur Wirksamkeit der umgesetzten Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu ziehen, ist es derzeit noch zu früh.

Kinderarbeit: Alternative Bildungswege schaffen Perspektiven

Bilal (17) war gerade vier Jahre alt, als der Konflikt in Syrien ausbrach, er erinnert sich nur bruchstückhaft an seine Kindheit vor dem Krieg. Schon jung arbeitete er, um seine Familie zu unterstützen, nach der 9. Klasse brach er die Schule ganz ab und arbeitete Vollzeit. In von UNICEF unterstützten Selbstlernzentren holt er jetzt seine Prüfungen nach und träumt davon, Zahnarzt zu werden.

© UNICEF/UNI799164/Shahan

Abgesehen davon ist es wichtig zu betonen, dass das Lieferkettengesetz wichtige Elemente enthält, um Kinderarbeit in globalen Lieferketten zu bekämpfen, es alleine aber nicht im Kampf gegen Kinderarbeit ausreicht – schon deshalb, weil Kinderarbeit nicht nur im produzierenden Bereich vorkommt, sondern vor allem im informellen Bereich, beispielsweise landwirtschaftliche Tätigkeiten im Familienverbund oder Straßenverkauf.

Hinzu kommt, dass neben deutschen Unternehmen natürlich auch Unternehmen aus anderen Ländern dafür sorgen sollten, dass die Menschen- und Kinderrechte in ihren Lieferketten eingehalten werden. Deshalb ist es gut, dass es künftig auch auf der europäischen Ebene ein Lieferkettengesetz geben wird. Mit der ausdrücklichen Nennung der UN-Kinderrechtskonvention als Rechtsgrundlage zeigt die EUCSDDD das deutliche Potenzial des Beitrags zum Schutz der Kinderrechte in globalen Lieferketten auf. Nun kommt es darauf an, dass das langverhandelte Gesetz nicht im Rahmen der aktuellen Verhandlungen auf EU-Ebene abgeschwächt wird. Die EU-Mitgliedstaaten und die deutsche Bundesregierung sollten zudem das EU-Lieferkettengesetz ambitioniert in nationale Gesetzgebung umsetzen.

Die konkreten Empfehlungen von UNICEF Deutschland zur wirkungsvollen Umsetzung der Gesetzgebung für die Bundesregierung haben wir in unserem Positionspapier "Eine Politik für jedes Kind, eine Politik mit Zukunft" zusammengefasst.

Was kann man gegen Kinderarbeit tun?

Damit Kinderarbeit endgültig beseitig werden kann, benötigen Regierungen auch die Unterstützung durch Bildungsinstitutionen, Gewerkschaften, Massenmedien, Hilfsorganisationen, Spenderinnen und Spender, und nicht zuletzt müssen Unternehmen ihren Teil dazu beitragen.

Wirksame Gesetze gegen Kinderarbeit sind wichtig, reichen aber allein nicht aus. Auch die Ursachen wie Armut und fehlende Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten müssen adressiert werden. Der beste Schutz vor Kinderarbeit sind daher Investitionen in alle Lebensbereiche eines Kindes, insbesondere in Bildung und den Zugang zu kostenfreien, kinderfreundlichen Schulen mit guter Unterrichtsqualität sowie in die soziale Sicherheit von Kindern und ihren Familien.

Wenn Kinderarbeit tatsächlich eingetreten ist, müssen natürlich auch wirksame Abhilfemaßnahmen ergriffen werden. UNICEF unterstützt zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo oder in Indien Reintegrationsprogramme für ehemalige arbeitende Kinder, damit sie wieder zur Schule gehen können.

InfoAlles rund um Kinderrechte

Kinderrechte sind grundlegende Rechte, die allen Kindern zustehen, unabhängig etwa von Hautfarbe, Geschlecht, Religion oder Herkunft. Weltweit wachsen viele Millionen Kinder in Armut auf. Und es ist noch längst nicht gelungen, dass das Wohlbefinden der Kinder in Politik und Gesellschaft wirklich Vorrang hat. UNICEF Deutschland will erreichen, dass die Perspektive der Kinder mehr zählt - mit Kampagnen, Medienarbeit, Mitmachaktionen und im direkten Dialog mit der Politik. 

Erfahren Sie auf dieser Seite alles zum Thema Kinderrechte und die Kinderrechtsarbeit von UNICEF.

Für UNICEF als Kinderhilfswerk ist die Bekämpfung von Kinderarbeit Teil eines umfassenden Kinderschutz-Ansatzes: Alle Kinder sollen frei von Gewalt und Ausbeutung aufwachsen, und nicht notwendige Trennung von der Familie soll vermieden werden. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir uns für verbesserte Gesetze ebenso ein wie für einen Wandel von Traditionen und Verhaltensweisen und unterstützen gezielt Programme, unter anderem für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit.

Unternehmen tragen in diesem Zusammenhang eine große gesellschaftliche Verantwortung, um ausbeuterische Kinderarbeit nachhaltig zu bekämpfen. Zusammen mit Save the Children und Global Compact hat UNICEF Grundsätze erarbeitet, wie Unternehmen Kinderrechte schützen und fördern können – unter anderem, indem sie dafür sorgen, dass in der gesamten (globalen) Lieferkette keine Kinderarbeit vorkommt. Darüber hinaus sollte das gesamte Umfeld, in dem ein Unternehmen arbeitet, so gestaltet sein, dass es sich positiv auf das Leben des Kindes, der Familien und Gemeinschaften auswirkt. Dazu gehört zum Beispiel, dass faire Löhne gezahlt werden, die Arbeitszeiten familiengerecht sind, gute Kinderbetreuung möglich ist und auf die Gesundheit der Mitarbeitenden geachtet wird.

Wir als Verbraucherinnen und Verbraucher können und sollten zudem kritisch hinterfragen, unter welchen Bedingungen die Produkte, die wir kaufen, hergestellt wurden. Das erhöht den öffentlichen Druck auf Unternehmen, Menschenrechte zu achten und umzusetzen.

Kinderarbeit Indien

Vaishali, 14, musste die Schule verlassen und Geld verdienen, nachdem die Mutter ihren alkoholkranken Vater verlassen hatte. Jetzt geht sie mit Unterstützung von UNICEF und der IKEA Foundation im Dorf Jarang in Indien wieder in die Schule.

© UNICEF India /Singh

UNICEF macht weltweit auf die negativen Folgen von Kinderarbeit aufmerksam und unterstützt wirksame Strategien und Programme, zum Beispiel Lernzentren für arbeitende Kinder, alternative Verdienstmöglichkeiten für Familien oder auch finanzielle Unterstützung von armen Familien, damit sie ihre Kinder in die Schule schicken können.

* Dieser Artikel erschien bereits zu einem früheren Zeitpunkt erstmalig. Wir aktualisieren ihn für Sie regelmäßig mit neuen Zahlen (Quellen für die meisten Zahlen: ILO & UNICEF, Child Labour: Global Estimates 2024: Trends and the road forward, Geneva/New York 2024 und ILO, COVID-19 Impact on Child Labour and Forced Labour: The Response oft he IPEC+ Flagship Programme, Geneva 2020).

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Autor*in Ninja Charbonneau