

Kindersoldat*innen in Afrika und weltweit: Kindheit zwischen Waffen
Kinder leiden am meisten unter Kriegen und Konflikten. Besonders grausam ist es, wenn Erwachsene sie in ihre Kriege verwickeln und dazu bringen, als Kindersoldat oder Kindersoldatin zu kämpfen und zu töten.
Was genau sind Kindersoldat*innen?
An vielen Orten der Welt werden Kinder in langanhaltenden Konflikten von bewaffneten Gruppen benutzt. Kindersoldat*innen sind Mädchen und Jungen unter 18 Jahren, die von Armeen oder bewaffneten Gruppen rekrutiert oder eingesetzt werden. Bei dem Begriff "Kindersoldat" oder "Kindersoldatin" denkt man vielleicht ausschließlich an Kinder, die zum Kämpfen gezwungen werden.
Es gibt jedoch auch zahlreiche Minderjährige, die von bewaffneten Gruppen für Botengänge, als Wachleute, zum Kochen oder sonstige Hilfsarbeiten eingesetzt werden, als menschliche Schutzschilde missbraucht, zu sexuellen Diensten gezwungen oder mit Kämpfern zwangsverheiratet werden – all das sind schwerste Kinderrechtsverletzungen, die die betroffenen Mädchen und Jungen ihrer Kindheit berauben und sie traumatischen Erlebnissen aussetzen. Der Einsatz von Kindern bei bewaffneten Gruppen gilt außerdem als schwerste Form der Kinderarbeit.
Wir von UNICEF benutzen statt "Kindersoldat*in" oft die etwas sperrige, aber korrektere Bezeichnung "Kinder, die von Armeen oder bewaffneten Gruppen rekrutiert und eingesetzt werden", um zu zeigen, dass es uns nicht nur um kämpfende, sondern um alle Mädchen und Jungen geht, deren Kindheit zwischen Waffen ein abruptes Ende hatte. Wenn im weiteren Text vereinfachend der Begriff „Kindersoldat*innen“ verwendet wird, sind alle diese Kinder und Jugendlichen wie in der oben genannten weiteren Definition gemeint.
Jeder Einsatz von Kindern durch Armeen und bewaffnete Gruppen ist eine schwere Verletzung von Kinderrechten, bei Kindern unter 15 Jahren gilt er sogar als Kriegsverbrechen.
Am 12. Februar ist Welttag gegen den Einsatz von Kindersoldaten und Kindersoldatinnen – eine jährliche Erinnerung, dass noch viel passieren muss, um diese schwere Verletzung der Kinderrechte endlich zu beenden.
UNICEF setzt sich weltweit dafür ein, die Rekrutierung von Minderjährigen zu beenden, Kindersoldaten und Kindersoldatinnen freizulassen und ihnen dabei zu helfen, ein neues, ziviles Leben anzufangen.
Im Südsudan und anderen Ländern wie der Zentralafrikanischen Republik oder der Demokratischen Republik Kongo gelingt es dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen und Partnern immer wieder, Kindersoldat*innen zu befreien und sie bei der Wiedereingliederung zu unterstützen. Aber Zehntausende Jungen und auch Mädchen werden immer noch im Bürgerkrieg oder Konflikten als Kindersoldaten und Kindersoldatinnen missbraucht. Sie sind Zeugen von Gewalt und begehen selbst Gewalttaten. Vor allem aber sind sie Opfer und brauchen besonderen Schutz. Sie sind Kinder ohne Kindheit, und der Weg zurück in ein normales Leben ist schwer.
Kindersoldat*innen erzählen UNICEF ihre Geschichte
Viele Kinder haben als Kämpfer oder Kämpferinnen jahrelang das Töten gelernt, wurden ausgebeutet und missbraucht. Meist sind sie nie zur Schule gegangen. Viele bewaffnete Gruppen setzen die Mädchen und Jungen ein, weil sie leichter zu manipulieren oder schlicht billiger sind als Erwachsene. Die Gründe, weshalb sich Minderjährige bewaffneten Gruppen anschließen, sind vielfältig: Teilweise werden Kinder entführt und zwangsrekrutiert, also mit Gewalt dazu gezwungen. In anderen Fällen nutzen Milizen die Armut und Not der Kinder aus.
Befreite Kindersoldaten wie Luutu in der Demokratischen Republik Kongo und Rosina in der Zentralafrikanischen Republik haben UNICEF-Mitarbeitenden ihre Geschichte erzählt. Über ihre Erlebnisse zu sprechen, hilft ihnen, sie zu verarbeiten. Aus Kinderschutzgründen sind alle Namen geändert und die Kinder so fotografiert, dass man ihre Gesichter nicht erkennen kann.

Luutu sitzt auf dem Boden in einem von UNICEF unterstützten Zentrum für demobilisierte Kindersoldaten in Goma, Demokratische Republik Kongo. Er ist erst 16 Jahre alt, aber hat schon mehr erlebt, als ein Kind je sollte.
© UNICEF/UN0441462/TremeauLuutu (16), Demokratische Republik Kongo: „Ich war Schüler, als mich eine Rebellengruppe entführt hat. Sie haben mich gezwungen, Papayas zu ihrem Camp zu tragen, und dann ließen sie mich nicht mehr gehen. Ich hatte Angst, dass sie mich töten, wenn ich mich weigere zu bleiben, also blieb ich.
Sie haben mir gezeigt, wie man mit Waffen umgeht, vor allem mit Gewehren. Dann musste ich mit ihnen gehen und kämpfen. Eines Tages trafen wir einen Mann und haben ihn gefragt, was er da macht. Er sagte, dass unsere Feinde unterwegs wären und dass er sie gerufen hätte. Unser Kommandeur hat befohlen, ihn zu töten. Ich sollte das tun. Ich hatte Angst, aber wenn ich den Mann nicht töten würde, würden sie mich umbringen. Also habe ich ihn getötet.
Eines Tages waren wir unterwegs, um zu kämpfen, und ich wurde mit Kugeln in meinem Fuß und in der Hüfte verletzt. Ich war einen Monat auf der Krankenstation, dann haben sie mich zum Camp zurückgebracht und ich musste wieder kämpfen.
Ich habe viele Alpträume, auch heute noch. Ich hoffe, dass ich wieder nach Hause kann. Vielleicht gehen die Alpträume dann weg. Ich könnte Frisör werden oder Motorradfahrer. Wegen all der Kugeln, die ich abbekommen habe, bin ich nicht mehr sehr kräftig. Wenn ich länger gehe, wird mir schwindlig.“

Rosina war zwölf, als ihre Eltern in der Zentralafrikanischen Republik ermordet wurden. Aus Verzweiflung schloss sie sich einer gegnerischen Miliz an und wurde Kindersoldatin.
© UNICEF/UNI336341/OatwayRosina (12), Zentralafrikanische Republik: Rosina war im Hof, als um fünf Uhr morgens bewaffnete Männer ihr Dorf überfielen und wahllos um sich schossen. Das zwölfjährige Mädchen rannte um sein Leben. Später erfuhr Rosina, dass die Männer in ihr Haus eingedrungen waren und ihre Eltern ermordet hatten. Völlig verzweifelt saß sie weinend unter einem Baum. "Ich war ganz allein und dachte an meine Eltern."
Als eine gegnerische Miliz ins Dorf kam, schloss Rosina sich ihnen an. "Sie sagten, sie würden sich um mich kümmern."
Aber so war es nicht. Stattdessen wurde Rosina wie eine Sklavin behandelt. Sie musste kochen, die Kleidung der Kämpfer waschen, Feuerholz und Wasser holen. Häufig wurde sie geschlagen. "Sie wurden wütend, wenn das Essen nicht rechtzeitig fertig war", erzählt Rosina. "Ich habe sehr gelitten."
Nach vier Monaten beschloss Rosina, zu fliehen. Sie sagte, sie müsse sich im Wald erleichtern, und kam nicht mehr zurück.
Auf der Flucht hatte das Mädchen das Glück, auf eine alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern zu treffen. Die Frau hatte Mitleid mit Rosina, die müde, hungrig und völlig verstört war. Sie nahm sie mit zu sich nach Hause und beschloss, sich als Pflegemutter um Rosina zu kümmern.
Mit Unterstützung von UNICEF geht Rosina wieder zur Schule.
Die verlorene Kindheit können Kinder wie Luutu und Rosina zwar nicht nachholen, aber sie bekommen jetzt eine zweite Chance, erhalten Beratung und psychosoziale Hilfe. UNICEF hilft auch dabei, ehemalige Kindersoldat*innen wieder mit ihren Familien zu vereinen oder Pflegefamilien zu finden und ihnen die Möglichkeit für eine Ausbildung zu geben.
Wo gibt es Kindersoldat*innen und wie viele sind es?
Kindersoldaten und Kindersoldatinnen weltweit
Kindersoldat*innen gibt es in vielen Ländern – obwohl die Zwangsrekrutierung und die Beteiligung von Minderjährigen an Kampfhandlungen in den meisten Ländern verboten ist. Niemand weiß, wie viele Kindersoldaten und Kindersoldatinnen es gibt, weil die Rekrutierung meist im Verborgenen und in schwer zugänglichen Kampfgebieten erfolgt.
UNICEF geht davon aus, dass weltweit Zehntausende Kinder von bewaffneten Gruppen für ihre Zwecke missbraucht werden. Seit der Einführung des sogenannten "Monitoring and Reporting Mechanism", einer geregelten Untersuchung und Dokumentation von schweren Kinderrechtsverletzungen in Konflikten, haben die Vereinten Nationen zwischen 2005 und 2020 rund 93.000 Fälle von Kindern verifiziert, die von bewaffneten Gruppen zum Kämpfen oder für unterstützende Rollen missbraucht wurden. Die Dunkelziffer ist aber mit Sicherheit sehr viel höher, weil es im Krieg häufig nicht möglich ist, an gesicherte Informationen zu kommen.
Jedes Jahr veröffentlicht der Generalsekretär der Vereinten Nationen einen Bericht über schwerste Menschenrechtsverletzungen gegen Kinder – dazu gehören die Rekrutierung von Kindersoldatinnen und -soldaten. Im aktuellen jährlichen UN-Bericht (bezogen auf 2021) sind 6.310 Fälle von Rekrutierungen oder Einsatz von Kindersoldat*innen dokumentiert. Ein Großteil der Kindersoldat*innen waren Jungen. Diese Zahlen spiegeln wie gesagt nur die Fälle wider, die verifiziert werden konnten, und zeigen damit nur ein kleinen Teil der harten Realität für Kinder in Konflikten. Vergangenes Jahr schätzte UNICEF, dass allein in der Demokratischen Repbulik Kongo 10.000 Kindersoldat*innen eingesetzt werden.

Viele Mädchen und Jungen in Konflikten haben Schreckliches erlebt. Ein ehemaliger Kindersoldat im Jemen zeigt ein Bild von Waffen, das er gezeichnet hat.
© UNICEF/UN0430597/AlghabriBesonders schreckliche Auswirkungen auf Mädchen und Jungen haben aktuell die Konflikte in Afghanistan, Jemen, der Demokratischen Republik Kongo, Somalia und Syrien. Die meisten Kindersoldat*innen wurden laut dem UN-Report 2021 nachweislich in der Demokratischen Republik Kongo, in Syrien, Somalia und Mali eingesetzt. Auch in Afghanistan, Jemen, Kolumbien, Myanmar, Sudan, Südsudan oder in der Zentralafrikanischen Republik wurden Minderjährige rekrutiert.
Aber es gibt auch Lichtblicke: So konnten laut dem aktuellen UN-Jahresbericht im Jahr 2021 durch Vermittlung der Vereinten Nationen 12.214 Kinder aus bewaffneten Gruppen befreit werden. UNICEF schätzt, dass seit 2000 mindestens 170.000 Kindersoldaten und Kindersoldatinnen befreit wurden.
Kindersoldat*innen in Afrika: Beispiel Südsudan
Jahrelanger Bürgerkrieg, chronische Armut, fehlende soziale Dienste und Hunger: Die Lage für die Kinder im Südsudan ist nach wie vor katastrophal. Auch wenn es seit Frühjahr 2020 eine neue Übergangsregierung gibt, ist die Aussicht auf dauerhaften Frieden gering. Mehr als 7,9 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter 4,1 Millionen Kinder. Rund vier Millionen Menschen wurden aus ihrem Zuhause vertrieben.

Sowohl die Regierung als auch die Opposition im Südsudan haben Vereinbarungen unterschrieben, dass sie die Rekrutierung und den Einsatz von Kindern in Streitkräften und bewaffneten Gruppen beenden wollen. UNICEF setzt sich beharrlich bei allen Konfliktparteien dafür ein, dass sie ihr Versprechen auch umsetzen. Seit 2013 hat das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen die Befreiung und Reintegration von über 3.780 Mädchen und Jungen aus den Reihen von Armeen und Milizen unterstützt. Sie werden registriert und in ein Programm aufgenommen, das ihnen Schritt für Schritt bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft hilft.
Kindersoldat*innen in Somalia
Somalia gehört zu den Ländern weltweit, in denen besonders viele Kinder als Kindersoldat*innen zwangsrekrutiert werden. Häufig werden sie entführt und dann gezwungen, sich bewaffneten Gruppen anzuschließen. Im Jahr 2020 führten über 50 Prozent der Entführungen in Somalia zu einer Rekrutierung der Kinder für den Krieg.
An dem Land lässt sich gut erkennen, wie mehrere Krisen zusammenhängen und dazu führen können, dass Jungen und auch Mädchen zu Kindersoldat*innen werden. In Somalia herrscht seit Jahren eine schwere Dürre. Die Ernte verdorrt, Vieh stirbt. Zahlreiche Familien verarmen und nehmen ihre Kinder aus der Schule, damit diese zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Dies erhöht auch das Risiko, dass sich die Kinder bewaffneten Gruppen anschließen, die die Not der Familien ausnutzen.
Wir von UNICEF helfen den Kindern in Somalia, zum Beispiel, indem wir ehemalige Kindersoldaten und Kindersoldatinnen oder Kinder, bei denen das Risiko der Rekrutierung groß ist, wieder mit ihren Familien und Gemeinden vereinen. Auch danach begleiten wir sie weiter mit psychosozialer Hilfe und Bildungsmöglichkeiten, damit sie verpasste Schulstunden nachholen können. Zudem engagieren wir uns auf allen Ebenen gegen den Einsatz von Kindersoldat*innen.

Diese jungen Somalier sind ehemalige Kindersoldaten. In einem von UNICEF unterstützten Kurs machen sie eine Ausbildung in handwerklichen Berufen, wie Schreiner, Installateur oder Schneider.
© UNICEF/UNI278028/TaxtaWelttag gegen den Einsatz von Kindersoldaten und Kindersoldatinnen
Vor 21 Jahren, am 12. Februar 2002, trat das "Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention zum Verbot der Beteiligung von Kindern in bewaffneten Konflikten" in Kraft. Deshalb wird jährlich am 12. Februar der Welttag gegen die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldatinnen und Kindersoldaten begangen. Bis heute haben 172 Staaten das Zusatzprotokoll ratifiziert; Deutschland im Dezember 2004.

Das Abkommen hat weltweit Diskussionen angestoßen und Gesetzesänderungen bewirkt. Laut Zusatzprotokoll dürfen Mädchen und Jungen unter 18 Jahren nicht gegen ihren Willen eingezogen werden oder an Kampfhandlungen teilnehmen.
Kriegsverbrecher werden für Einsatz von Kindersoldat*innen bestraft
Im gleichen Jahr (2002) trat das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag in Kraft. Darin ist unter anderem festgelegt, dass der Einsatz von Kindern unter 15 Jahren als Kriegsverbrechen gilt und verfolgt wird.
In der Folge wurde 2012 erstmals der kongolesische Milizenchef Thomas Lubunga vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen der Rekrutierung von Kindersoldat*innen zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt – ein wichtiges weltweites Signal. Auch Charles Taylor, der ehemalige Präsident von Liberia, wurde 2012 zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt. Ihm wurde eine Reihe von Kriegsverbrechen zur Last gelegt, darunter die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldat*innen.
2021 verurteilte der Internationale Strafgerichtshof Dominic Ongwen, einen ehemaligen Kommandanten der "Lord’s Resistance Army" in Uganda, zu 25 Jahren Haft. Ongwens Fall ist besonders, weil er selbst als neunjähriges Kind entführt und in den Dienst der Miliz gezwungen worden war. Das Gericht war jedoch der Ansicht, dass er später hätte fliehen können und für die als Erwachsener begangenen Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden muss.
UNICEF-Hilfe für ehemalige Kindersoldatinnen und Kindersoldaten
Der Weg zurück in ein normales Leben ist für ehemalige Kindersoldaten und Kindersoldatinnen sehr schwer. Oft sind sie traumatisiert von dem, das sie erlebt haben – und selbst tun mussten. In manchen Fällen werden sie in ihren Familien und Dörfern als Mörder angesehen und können nur langsam wieder in die Gesellschaft integriert werden. Mädchen werden besonders häufig von ihren Familien verstoßen, wenn sie ungewollt schwanger geworden sind und mit einem Kind zurückkehren.
- Wir setzen uns unermüdlich dafür ein, dass Kindersoldaten und Kindersoldatinnen befreit, die betroffenen Mädchen und Jungen vor weiteren Verletzungen der Kinderrechte beschützt werden und dass Regierungen Aktionspläne verabschieden und umsetzen, um neue Rekrutierungen zu verhindern.
- UNICEF richtet Übergangszentren ein, in denen die Kinder und Jugendlichen bleiben können und medizinisch und psychologisch betreut werden.
- Wir helfen auch dabei, die Kinder und Jugendlichen wieder in die Schule zu bringen oder ihnen durch praktische Kurse verschiedene Arbeitsmöglichkeiten nahe zu bringen – damit sie bei nächster Gelegenheit und aus Mangel an Alternativen nicht erneut der Gefahr ausgesetzt sind, als Kindersoldat*innen rekrutiert zu werden.
Leider sind die Reintegrationsprogramme zur Wiedereingliederung ehemaliger Kindersoldatinnen und -soldaten derzeit unterfinanziert.
Schützen Sie Kinder vor Gewalt und Ausbeutung!
Angst und Verzweiflung prägen den Alltag von Kindern, die als Kindersoldat*innen und Arbeiter*innen ausgebeutet, in Konflikten und Notsituationen traumatisiert oder missbraucht werden. Sie können dafür sorgen, dass diese Kinder gesetzlichen Schutz und professionelle Hilfe bekommen!
Geschichten von fünf weiteren Kindersoldat*innen

Ali lebt im Jemen, ist 16 Jahre alt – und bereits Kriegsveteran. Die Armut trieb ihn als Kindersoldat an die Front.
© © UNICEF/UN0456832/FuadAli (16), Jemen: "Ich war fünf Monate lang an der Front, da war ich noch 15. Wegen der schwierigen Lebensverhältnisse bin ich von zu Hause weggegangen und zur Miliz. Ich war eine Woche in einem Trainingscamp, dann wurden wir zum Kämpfen geschickt.
Die Zustände an der Front waren nicht gut. Wir waren erschöpft und müde, und es war auch erniedrigend. Aber was hätte ich tun sollen? Es ging uns so schlecht, ich war sogar bereit zu sterben. Die Kugeln flogen überall um uns herum. Ich hatte Angst.
Meinen ersten Sold habe ich an meinen Vater geschickt, damit konnte er aber nur die Hälfte unserer Schulden bezahlen. An der Front wurde mein Fuß wurde verletzt, daher kann ich den Schulweg nicht mehr gehen. Ich bin jetzt für Distanzunterricht angemeldet. Ich möchte weiter lernen und einen Job finden. Ich werde nicht mehr an die Front gehen – Gott sei dank bin ich wie durch ein Wunder da rausgekommen."

Muderwa (14) war ein Jahr lang Kindersoldat in der Demokratischen Republik Kongo. In einem Transitzentrum wird er auf ein neues ziviles Leben vorbereitet.
© UNICEF/UN0441453/TremeauMuderwa (14), Demokratische Republik Kongo: "Ich habe bei meinem Großvater gelebt, als die Rebellen kamen und sich direkt neben uns niedergelassen haben. Eines Tages sollte ich ihnen beim Wasser holen helfen, danach haben sie mich nicht mehr gehen lassen. Ich musste an einer Absperrung Geld von Passanten eintreiben. Ich musste auch auf den Feldern Lebensmittel holen.
Eines Tages sagte der Kommandeur, wir sollten lernen, mit Waffen umzugehen. Aber vorher müsse man uns auspeitschen. Erst danach hat das Waffentraining begonnen. Unser Kommandeur hat uns auch gezeigt, wie man jemandem den Hals durchschneidet und den Kopf abtrennt. Und falls das nicht geht, wie man ein Messer ins Herz sticht.
Ich bereue das alles, weil ich jetzt nicht mehr nach Hause gehen kann. In meinem Dorf möchte mich niemand, und die Rebellen sind noch dort und könnten mich suchen und töten.
Einmal habe ich meinen Großvater wiedergesehen. Aber er sagte, wenn ich zurückkommen würde, würde ich wieder gefangen und wahrscheinlich getötet werden als Strafe, weil ich geflohen bin."
Muderwa wird in einem von UNICEF unterstützten Transitzentrum betreut und auf ein neues ziviles Leben vorbereitet.

Sara im Südsudan wurde entführt und ein Jahr lang als Kindersoldatin missbraucht. Für die Leute im Dorf ist sie eines von den „Dschungelkindern“.
© UNICEF/UN0589156/RyengSara (15), Südsudan: "Ich war auf dem Weg zum Markt, um Orangen zu verkaufen, als mein Neffe und ich von Männern angehalten wurden. Ich war damals 13, mein Neffe 14.
Sie haben uns die Hände hinter dem Rücken gefesselt und mit sechs anderen Kindern in einer Reihe festgebunden. So mussten wir einen ganzen Tag lang gehen, ohne etwas zu essen."
Die Kinder wurden in den Dschungel geführt. Sie wussten weder, wo sie waren, noch wer die Männer waren. Für Sara war es war der Beginn eines einjährigen Alptraums.
"Schreckliche Dinge sind passiert", sagt Sara. "Sie haben mir gezeigt, wie man ein Gewehr und eine Machete benutzt, auf welche Körperteile man beim Feind zielen muss. Ich habe oft gekämpft, und ich war froh, denn das hatte ich gelernt. Ich mochte es, zu gewinnen. Angst hatte ich keine, weil ich trainiert worden war. Ich wusste, wie man kämpft. Am schlimmsten war es, wenn sie uns, die Kinder, an die Front geschickt haben und die Erwachsenen waren hinten. Wir Kinder sind dann als erste getötet worden."
Zusätzlich zum Kämpfen musste Sara Kochen, Putzen und Feuerholz sammeln. Nach einem Jahr gelang ihr mit anderen Kindern zusammen mitten in der Nacht die Flucht. "Als ich nach Hause kamen, sind meine Großeltern mir entgegen gelaufen und haben mich umarmt. Es war ein glücklicher Moment." Doch die geflohenen Kindersoldatinnen und -soldaten wurden von der Miliz gesucht. Erst mit ihrer formellen Entlassung konnte Sara sicher sein, dass sie nicht wieder entführt wird.
Sara wurde in ein von UNICEF unterstütztes Reintegrationsprogramm aufgenommen. Sie hat unter anderem Kleidung und Lebensmittel erhalten und wird drei Jahre lang von einer Sozialarbeiterin betreut, die sie regelmäßig aufsucht und ihr dabei hilft, wieder ein ziviles Leben zu führen und Teil der Gemeinschaft zu werden. Das ist nicht leicht. "Die Leute zeigen auf mich und sagen, ich bin eins von den Dschungelkindern." Sara geht zur Schule, aber ihre Erlebnisse als Kindersoldatin hinter sich zu lassen, wird noch lange Zeit brauchen. "Ohne diese Erfahrung wäre ich frei in meinem Kopf. Das wird mich für immer begleiten."

Charmant (17) in der Demokratischen Republik Kongo wurde Kindersoldat, um sein Dorf zu verteidigen. Er möchte als Mechaniker Geld verdienen.
© UNICEF/UN0587975/WengaCharmant (17), Demokratische Republik Kongo: Nachdem sein Dorf mehrfach angegriffen worden war und viele Menschen starben, schloss sich Charmant mit anderen Jugendlichen einer Miliz an. "Wir waren wütend und bereit, unser Dorf zu verteidigen, trotz unseres jungen Alters." Auch Charmant griff zur Waffe.
Doch als er mehrere seiner Freunde sterben sah, begann er zu zweifeln. Schließlich lief er von der Miliz weg. "Ich fühle mich erleichtert von einer schweren Last und möchte ein neues Leben beginnen", sagt Charmant. Er möchte Motorräder reparieren und damit Geld verdienen. Mit Unterstützung von UNICEF wird Charmant zunächst in einer Gastfamilie betreut.

Hunger brachte Héritier (14) in der Demokratischen Republik Kongo dazu, sich einer Miliz als Kindersoldat anzuschließen.
© UNICEF/UN0587974/WengaHéritier (14), Demokratische Republik Kongo: "Es war Krieg und wir hatten manchmal zwei Tage lang nichts zu essen, deshalb habe ich mich entschlossen, mich der Miliz anzuschließen. Ich habe gehofft, dort würde es besser sein." Im Wald lernte der Junge, mit Waffen umzugehen. "Mein Herz war schwer, wenn ich Leute bedroht habe, um sie zu bestehlen, aber ich hatte keine Wahl", sagt Héritier traurig.
Nach einigen Monaten gelang ihm die Flucht. "Jetzt ist mein Leben friedlich, ich habe ein ruhiges Gewissen und meine Würde zurück", sagt der 14-Jährige. Er ist in einer Pflegefamilie untergebracht und wird betreut, bis er zu seiner eigenen Familie zurückkehren kann.

Vom Kindersoldat zum Hoffnungsträger: Ishmael Beah, hier bei einem Besuch seiner früheren Grundschule in Sierra Leone, hat ein Buch über seine Zeit als Kindersoldat geschrieben ("Rückkehr ins Leben") und setzt sich heute mit UNICEF dafür ein, dass Kinder in Konflikten geschützt werden und zur Schule gehen können.
Aktionstag "Red Hand Day" in Deutschland gegen den Einsatz von Kindersoldat*innen
UNICEF ruft bundesweit dazu auf, am 12. Februar beim Aktionstag gegen die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldat*innen mitzumachen. Am "Red Hand Day" beteiligen sich jedes Jahr vor allem viele Kinder und Jugendliche und setzen mit einem roten Handabdruck ein Zeichen.
Auf einen Blick: FAQ Kindersoldat*innen
Kindersoldaten und Kindersoldatinnen sind laut offizieller Bezeichnung der Vereinten Nationen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die von Streitkräften oder bewaffneten Gruppen rekrutiert oder eingesetzt werden. Sie werden von den Milizen oft nicht nur zum Kämpfen benutzt, sondern zum Beispiel auch zum Spähen oder Kochen oder werden sexuell missbraucht.
Kindersoldat*innen gibt es in vielen Ländern – obwohl die Zwangsrekrutierung und die Beteiligung von Minderjährigen an Kampfhandlungen in den meisten Ländern verboten ist. Übrigens gab es früher, zum Beispiel am Ende des Zweiten Weltkriegs, auch Kindersoldaten in Deutschland.
Aktuell werden besonders viele Mädchen und Jungen von verschiedenen Gruppen in den langwierigen Konflikten in Afghanistan, Jemen, Demokratische Republik Kongo, Myanmar, Somalia, Südsudan, Syrien und Zentralafrikanische Republik als Kindersoldaten und -soldatinnen eingesetzt,
Die Gründe, weshalb sich Minderjährige bewaffneten Gruppen anschließen, sind vielfältig: Teilweise werden Kinder entführt und zwangsrekrutiert, also mit Gewalt dazu gezwungen. In anderen Fällen nutzen Milizen die Armut und Not der Kinder aus.
Oft kommen mehrere Krisen zusammen. Ein Beispiel: Wenn Familien etwa als Folge der Corona-Pandemie oder nach Naturkatastrophen wie einer Dürre oder Flut ihre Arbeit und / oder ihr Land verlieren, nehmen sie ihre Kinder aus der Schule, damit diese zum Lebensunterhalt beitragen. Das erhöht auch das Risiko, dass die Kinder als Kindersoldat*innen rekrutiert werden.
Niemand weiß, wie viele Kindersoldatinnen und Kindersoldaten es tatsächlich gibt. UNICEF geht davon aus, dass weltweit Zehntausende Mädchen und Jungen als Kindersoldat*innen im Einsatz sind, aber Beweise gibt es nur in deutlich weniger Fällen.
* Dieser Beitrag erschien zuerst am 16.04.2015. Wir aktualisieren ihn für Sie regelmäßig.

Ninja Charbonneau ist Pressesprecherin und schreibt im Blog über Hintergründe zu aktuellen Themen.