
Mit Kindern über Krieg sprechen – 5 Tipps & Beispielantworten für Eltern
Krieg ist ein heikles Thema und oft verbunden mit verstörenden Bildern oder Informationen – ganz besonders für Kinder. Wie sollten sich Eltern, Großeltern und andere verhalten und wie können sie Kindern Ängste nehmen? Wir geben in diesem Beitrag Tipps für kindgerechte Gespräche über den Krieg – mit Ratschlägen der Kinderpsychiaterin Dr. Schlüter-Müller, die Mitglied im UNICEF-Komitee ist.
von Katharina Kesper
Wie erklärt man Kindern, was Krieg ist? Diese Frage stellen sich viele Eltern. Kinder haben feine Sensoren und spüren genau, dass gerade etwas Bedrohliches passiert, das auch Erwachsene in Angst und Sorge versetzt. Auch durch Nachrichten oder soziale Medienschnappen sie unweigerlich Begriffe und Bilder auf.
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Wie kann man Kindern Krieg erklären?
Wenn Kinder von Kriegen in anderen Ländern erfahren, sind sie häufig verunsichert: Sie können die neuen Informationen und ihre Bedeutung nicht richtig einschätzen und machen sich vielleicht Sorgen um ihre eigene Sicherheit und die ihrer Familie. In solchen Situationen können Sie vor allem mit Orientierung und altersgerechten Informationen helfen.
Für Eltern, Erzieher*innen und Lehrkräfte ist es oft gar nicht so einfach, die Fragen von Kindern ehrlich zu beantworten, ohne sie dabei zu überfordern. Wichtig ist es, die Geschehnisse sachlich und kindgerecht zu erklären, um die Kinder nicht zu verunsichern oder zusätzlich zu belasten.

Die zehnjährige Rowan wird in einer zerstörten Moschee in Gaza von ihrer Mutter umarmt. Alle Kinder wünschen sich Geborgenheit – und auch die, die in Sicherheit leben, haben Angst vor Kriegen und möchten verstehen, wie es dazu kommen kann.
© UNICEF/UNI901432/Nateel3–6 Jahre: Wie erkläre ich Krieg für Kinder im Kindergartenalter?
Im Kindergartenalter haben Kinder nur wenig Verständnis für politische Zusammenhänge. Ihnen reicht meist eine einfache Erklärung, die ohne Details oder Hintergründe auskommt:
Einfach und knapp erklären: Krieg bedeutet, dass sich zwei Länder oder Gruppen streiten und manchmal sogar gegeneinander kämpfen.
Sicherheit vermitteln: Wichtig ist, klar zu sagen: „Hier bist du sicher und wir passen gut auf dich auf.“
Gefühle ernst nehmen: Wenn ein Kind Angst hat oder Fragen stellt, ruhig zuhören, trösten und die Fragen so gut wie möglich beantworten.
Überforderung vermeiden: Möglichst keine Radio- oder TV-Nachrichten im Hintergrund laufen lassen und dem Kind nicht das eigene Handy mit dem Newsfeed in die Hand geben
Routinen beibehalten: Bekannte Abläufe im Alltag geben Kindern Halt, Einschlaf- oder Essensrituale vermitteln Geborgenheit.
Ablenkung und Beschäftigung: Gemeinsames Spielen, Malen oder Vorlesen hilft, belastende Gedanken zu verarbeiten.
6–10 Jahre: Wie erkläre ich Krieg für Kinder im Grundschulalter?
Kinder im Grundschulalter können schon konkrete Fragen stellen und möchten Zusammenhänge verstehen. Sie brauchen ehrliche, aber dennoch behutsame Antworten.
Ehrliche, kindgerechte Informationen: Erklären Sie, dass Länder oder Gruppen manchmal unterschiedliche Ziele haben. So entstehen Konflikte, die leider auch mit Gewalt ausgetragen werden.
Zusammenhänge herstellen: Man kann sagen: „Es gibt Politikerinnen und Politiker, die versuchen, Frieden zu verhandeln.“ – so verstehen Kinder, dass die Situation nicht ausweglos ist.
Fragen ernst nehmen: Kinder im Grundschulalter fragen oft nach dem “Warum?”. Erwachsene sollten sich Zeit nehmen und zurückfragen, was Kinder schonkonkret wissen oder wovor sie Angst haben.
Selbst aktiv werden: Kleine Aktionen können helfen, sich weniger hilflos zu fühlen, zum Beispiel, indem Kinder Plakate für den Frieden malen oder eine Spendenaktionen in der Schule starten.
Kindernachrichten schauen: Kindgerechte Nachrichtensendungen erklären Hintergründe verständlich und neutral – und sind online jederzeit abrufbar.
Über Medien sprechen: Wenn Kinder Bilder oder Videos gesehen haben, die sie verstören oder verunsichern, unbedingt gemeinsam einordnen.
10+ Jahre: Wie spreche ich mit heranwachsenden Kindern und Jugendlichen über Hintergründe und Medienberichte?
Ältere Kinder und Jugendliche setzen sich intensiver mit Nachrichten auseinander. Sie möchten Ursachen, Folgen und Zusammenhänge von internationalen Konflikten verstehen und fordern häufig eine Meinung ein.
Mehr Hintergründe geben: Politische Interessen, historische Konflikte oder internationale Bündnisse in verständlicher Form erklären, um zu vermitteln, wie Kriege entstehen können.
Medienkompetenz fördern: Gemeinsam Nachrichten anschauen und darüber sprechen, wie Bilder wirken können, was Fake News sind oder wie man Quellen prüfen kann.
Gefühle thematisieren: Ältere Kinder äußern Angst oder Überforderung häufig nicht direkt. Ausreichend Raum für Gespräche oder auch aktives Nachfragen zeigt dem Kind, dass es wahrgenommen wird und über seine Sorgen sprechen kann.
Selbstwirksamkeit stärken: Jugendliche können sich aktiv informieren, in Gruppen oder in der Familie diskutieren, Projekte unterstützen oder sich an Schulaktionen beteiligen.
Balance schaffen: Kinder ermutigen, Online-Nachrichten nicht rund um die Uhr zu verfolgen und bewusst Pausen einzulegen.
Kindern Krieg erklären: 5 Tipps von einer Kinderpsychiaterin
Ganz gleich, ob es einen aktuellen Anlass gibt, ob Kinder im Fernsehen oder im Internet etwas vom Krieg aufgeschnappt haben oder ob sie sich ganz allgemein um die Sicherheit ihrer Familie sorgen: Ein offener und kindgerechter Umgang mit den vielen Informationen ist wichtig. Dr. Schlüter-Müller, Kinderpsychiaterin und Mitglied des UNICEF-Komitees, hat fünf Tipps, wie Eltern ihre Kinder unterstützen können.

Dr. med. Susanne Schlüter-Müller ist Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Frankfurt.
© UNICEF/2018/ResselTipp 1: Ehrlich reden
Die meisten Kinder merken, dass etwas passiert, was die Erwachsenen in Sorge versetzt und ängstigt. Nichts ist schlimmer, als die Kinder ihren Fantasien zu überlassen, denn wenn sie keine Erklärung bekommen, blühen die Fantasien und Ängste und Unsicherheit wächst, so Dr. Schlüter-Müller.
Tipp 2: Die richtigen Worte finden
Die Wahrheit muss aber unbedingt dem Alter, also der kognitiven und somit emotionalen Bewältigungsmöglichkeit der Kinder angepasst werden. Mit Pubertierenden kann über Krieg rational und offen gesprochen werden, mit einem fünfjährigen Kind nicht.
Tipp 3: Kindern Sicherheit vermitteln
Auch wenn man als erwachsene Person selbst in Sorge ist und sich hilflos fühlt, sollte man versuchen, Kindern in dieser Situation ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln. Kleineren Kindern (Vorschulalter und frühes Grundschulalter) könnte man zum Beispiel sagen, dass in der Welt gerade ein großer Streit stattfindet. Aber dass dort, wo es Streit gibt, auch Lösungen gesucht und gefunden werden, und dass die Kinder diese nicht selbst finden müssen.
Tipp 4: Hoffnung machen
Bei älteren Schulkindern, die bereits wissen, was Waffen sind und auch den Begriff Krieg kennen, könnte man als Eltern erklären, dass Erwachsene ein anderes Streitverhalten als Kinder haben und dass es im Moment einen Bestimmer eines Landes gibt, der einfach nicht aufhören will und unbedingt gewinnen will in dem Konflikt, erklärt Frau Dr. Schlüter-Müller. Dass aber fast alle Länder der ganzen Welt versuchen, dass er damit aufhört.
Tipp 5: Nicht pauschalisieren
Gerade bei jüngeren Kindern kann es sinnvoll sein, vorsichtig mit der Nennung von Ländern, Gruppen oder einzelnen Personen umzugehen, die als Verursacher eines Konflikts dargestellt werden. Kinder nehmen Informationen oft sehr direkt auf und neigen dazu, komplexe Situationen stark zu vereinfachen. Ohne weitere Einordnung kann das dazu führen, dass Schuld pauschal zugeschrieben wird und sich unbewusst Stereotype oder Vorurteile festsetzen.
Gleichzeitig ist es wichtig zu wissen, dass Kinder Begriffe und Ländernamen aus Medien, Kita oder Schule ohnehin aufschnappen. Entscheidend ist daher weniger, ob ein Land genannt wird, sondern wie. Eine ruhige, altersgerechte Erklärung, die deutlich macht, dass Konflikte von politischen Entscheidungen ausgehen und nicht von „allen Menschen eines Landes“, kann Orientierung geben und Ängste abbauen. Erwachsene können dabei den Fokus auf Gefühle, Sicherheit und Handlungsmöglichkeiten legen und so helfen, das Gehörte einzuordnen, ohne zu stigmatisieren.
Mit Kindern über Krieg sprechen: Typische Fragen von Kindern leicht verständlich beantworten
Vor langer Zeit hat es schon Kriege bei uns gegeben. Damals ging es vielen Kindern und ihren Familien in Deutschland sehr schlecht. Darum tun wir alles, damit es nicht nochmal Krieg gibt. Es ist wichtig, dass die unterschiedlichen Länder zusammenarbeiten, damit Frieden herrscht – auch die Länder, in denen es keinen Krieg gibt.
Ja, auch Kinder können helfen – zum Beispiel, indem sie Spendenaktionen in der Schule unterstützen, Bilder für den Frieden malen oder einfach mitfühlend an andere denken. Kleine Gesten können viel bewirken.
Wie spricht man mit Kindern über Krieg? So machen Sie den Anfang
Natürlich ist es nicht einfach, mit Kindern über bedrückende Themen wie Gewalt, Hunger und Flucht zu sprechen. Aber sie zu vermeiden, kann dazu führen, dass sich Kinder allein gelassen fühlen und ihre Angst noch größer wird. Hier geben wir Tipps, wie Sie als Erwachsene mit Kindern sprechen können, wenn ihnen die Nachrichten Angst machen.
Hier finden Sie weiterführende Informationen zur Lage der Kinder in der Ukraine.
Wenn Sie Kinder und Familien aus der Ukraine mit einer Spende unterstützen wollen, können Sie das hier tun: Spenden für die Ukraine – vielen Dank!
Wir von UNICEF möchten Sie dabei unterstützen, sich gemeinsam mit Ihrem Kind mit dem Thema Krieg auseinanderzusetzen. Darum haben wir weitere Ratgeber und Hilfsangebote zu diesem Thema für Sie zusammengetragen.
„SCHAU HIN! Was dein Kind mit Medien macht.“ ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Hier gibt es ein aktuelles Erklär-Stück: Konflikt in der Ukraine: Kinder mit Nachrichten nicht allein lassen.
Die Kindernachrichten-Seite “seitenstark” erklärt kindgerecht, was Eltern und Kinder zu den aktuellen Ereignissen in der Ukraine wissen müssen.
Auch die Sendung mit der Maus vom WDR hat eine kindgerechte Infoseite aufbereitet. Falls du wissen möchtest, was los ist, findest du hier einen ersten Überblick.
Die “Nummer gegen Kummer” bietet Telefonberatung für Kinder, Jugendliche und Eltern.
Das Elterntelefon richtet sich an Mütter und Väter, die sich unkompliziert und anonym konkrete Ratschläge holen möchten.
Dr. med. Susanne Schlüter-Müller ist Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Frankfurt. Sie ist Mitglied im Deutschen Komitee für UNICEF.
Wir haben diesen Blog inhaltlich mehrmals für Sie aktualisiert.

Katharina Kesper ist Chefin vom Dienst bei UNICEF und teilt in ihren Blogs bewegende Geschichten von Kindern, spannende Einblicke in die Arbeit von UNICEF weltweit und besondere Begegnungen mit Helfer*innen.