Haiti: Steiniger Weg aus den Trümmern
UNICEF-Bericht zieht zwei Jahre nach dem Erdbeben Bilanz der Hilfe
Zwei Jahre nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti sieht UNICEF trotz enormer Probleme langsame Fortschritte beim Wiederaufbau für Kinder. Doch chronische Armut, Unterentwicklung und schwache Institutionen sowie Krankheiten wie Cholera bedrohen weiterhin besonders die Kinder. Naturkatastrophen bleiben eine permanente Gefahr.
Kurz vor dem zweiten Jahrestag der Erdbebenkatastrophe vom 12.01.2010 in Haiti veröffentlicht UNICEF in einem neuen Bericht eine Bestandsaufnahme der Hilfe in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Ernährung und beim Kinderschutz.
Danach können heute über 750.000 Kinder in Haiti wieder zur Schule gehen. 80.000 von ihnen besuchen 193 von UNICEF gemeinsam mit Partnern neu aufgebaute erdbebensichere Schulen. Mehr als 120.000 Kinder nutzen Spiel- und Lernmöglichkeiten in 520 betreuten Spielzonen, die UNICEF in den vom Erbeben verwüsteten Gebieten eingerichtet hat. 15.000 mangelernährte Kinder haben lebensrettende Hilfe in 314 therapeutischen Ernährungszentren erhalten. 95 Gemeinden haben neue Programme zur besseren Abwasserentsorgung gestartet.
Wichtige Fortschritte gibt es auch beim Kinderschutz – obwohl die Lage vieler Kinder in Heimen und Krippen weiter besorgniserregend ist. Vor dem Erdbeben war den Behörden und der Regierung nicht einmal bekannt, wie viele von diesen Einrichtungen es überhaupt gab und wie viele Kinder in ihnen lebten. Mit Unterstützung von UNICEF wurde erstmals eine landesweite Bestandsaufnahme dieser Institutionen erstellt. Bislang wurden 650 Heime und Krippen überprüft. 13.400 von schätzungsweise 50.000 Kindern in diesen Einrichtungen wurden bisher registriert.
Die Haitianische Regierung ist auch der Haager Konvention zu Auslandsadoptionen beigetreten. Sie hat sich damit verpflichtet, internationale Mindeststandards zum Schutz von Kindern vor illegalen Adoptionen und Kinderhandel umzusetzen. UNICEF hatte nach dem Erdbeben geholfen, über 8.700 von ihren Eltern getrennte Kinder zu betreuen. 2.700 konnten mit ihren Angehörigen zusammengebracht werden. UNICEF hatte auch nationale Kinderschutzteams aufgebaut, die an den Grenzen auf mögliche Fälle von Kinderhandel achten.
Armut, Unterentwicklung und schwache Institutionen
"Es gibt an vielen Stellen erkennbare kleine Fortschritte – auch wenn die enormen Probleme und Unzulänglichkeiten bei den Regierungsstrukturen weiter bestehen", erklärt die Leiterin von UNICEF-Haiti, Françoise Gruloos-Ackermans. "Man darf sich nichts vormachen. Das Land bleibt ein fragiler Staat, geprägt von chronischer Armut, Unterentwicklung und schwachen Institutionen. Die Kinder sind durch Krisen und die Folgen von Naturkatastrophen besonders gefährdet."
Überlebenschancen und Entwicklungsperspektiven von 4,3 Millionen haitianischen Kindern und Jugendliche sind laut UNICEF-Bericht weiter unzureichend. Die Zerstörungen, die das Erdbeben hinterlassen hat, sind nicht nur an der Infrastruktur, sondern auch weiter in den Institutionen und im Sozialsystem sichtbar. Gerade auch Kinder, die in schwer erreichbaren, ländlichen Regionen leben, brauchen Hilfe.
So leben über 500.000 Menschen im Erdbebengebiet immer noch in rund 800 Notlagern. Drei Viertel von ihnen wohnten vor der Katastrophe in einfachen Häusern oder Wohnungen zur Miete und wissen immer noch nicht, wo sie hingehen sollen. Auch wenn die Zahl der Cholerafälle insgesamt zurückgegangen ist, breitete sich die Krankheit aufgrund der unhygienischen Verhältnisse im Herbst 2011 nach schweren Regenfällen erneut aus.
UNICEF: Haiti braucht langfristige Hilfe
Kinder beim Händewaschen in der Schule "Ecole Jouyeux Lutins" in Port-au-Prince.
"Haiti braucht starke und nachhaltige Unterstützung", sagt Gruloos-Ackermans. "Die Zahl der Opfer und das Ausmaß der Zerstörungen waren ohne Beispiel. Aber auch die internationale Hilfe war außergewöhnlich. Sie bedeutet eine Chance für Haiti, die Jahrzehnte des Niedergangs und Missmanagements zu überwinden."
UNICEF leistet mit seinem Not- und Wiederaufbauprogramm weiter dringend benötigte humanitäre Hilfe. Gleichzeitig unterstützt UNICEF den Aufbau funktionsfähiger Institutionen für Kinder, um die chronischen Probleme zu überwinden. In den vergangenen zwei Jahren hat UNICEF in Haiti 257 Millionen Dollar für Hilfsprogramme für Kinder in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Wasser und Hygiene, Bildung und Kinderschutz umgesetzt. Dies waren rund drei Viertel der in 2010 und 2011 erhaltenen Mittel. Zwei Drittel des Geldes stammte aus privaten Spenden – unter anderem auch aus Deutschland.
Service für Redaktionen
Den vollständigen Bericht »Children of Haiti: Two Years After» finden Sie hier zum Download: Children of Haiti: Two Years After (PDF)
Weitere Informationen finden Sie auf der Sonderseite Haiti.