Gewalt und Flucht bringen Kinder in Gefahr
Das Wichtigste in Kürze:
Kinder, die jetzt im Libanon aufwachsen, sind gleich mehrfach in Gefahr. Denn mehrere Krisen im Land bringen Familien an den Rand des Abgrunds, und die Sicherheitslage wird immer bedrohlicher. Seit die Gewalt zwischen Palästina und Israel eskaliert ist, kommt es im Grenzgebiet zwischen Libanon und Israel verstärkt zu bewaffneten Auseinandersetzungen.
Fast täglich gibt es Luftangriffe. Kinder werden dabei verletzt oder sogar getötet. Immer wieder werden Wassersysteme, Schulen und andere Gebäude bei den Angriffen zerstört. Zehntausende Libanesinnen und Libanesen im grenznahen südlichen Libanon mussten bereits vor den Gefechten fliehen. Viele Kinder werden depressiv oder leiden unter Angststörungen. Die Zahl der traumatisierten Kinder steigt rapide an.
Kinder stehen mittendrin in diesem Konflikt. Die Gewalt in der Region bedroht ihre Sicherheit, ihre Gesundheit und auch ihre Bildung. Die UNICEF-Teams sind da und versorgen die Kinder mit allem, was sie jetzt brauchen – zum Beispiel mit sauberem Wasser und Medikamenten.
Gemeinsam mit unseren Partnern im Libanon leisten wir lebenswichtige Nothilfe für Kinder, die von Flucht und Gewalt betroffen sind. So helfen wir konkret:
Trinkwasser: Die Kinder sind auf sauberes Wasser angewiesen, um gesund zu bleiben. Wir liefern es in großen Wassertanks in die betroffenen Regionen. Und wir reparieren Wasserleitungen, die bei Angriffen beschädigt wurden.
Gesundheit: Wir bringen Medikamente und andere lebensrettende medizinische Produkte in den Libanon.
Hygiene: Vertriebene Familien in Notunterkünften bekommen von uns Hygieneartikel wie Seife und Wassereimer.
Bildung: Wir statten geflüchtete Kinder mit neuen Schulmaterialien aus und sorgen dafür, dass sie wieder zur Schule gehen können.
Kleidung: Wir verteilen auch Kleidung und Decken an die Geflüchteten, vor allem für die kälteren Monate.
Malak ist acht. Sie ist im südlichen Libanon in der Kleinstadt Kfar Kila aufgewachsen, die unmittelbar an der Grenze zu Israel liegt. Nachdem der Krieg in der Region eskalierte, wurde ihre Heimatstadt zu einem aktiven Kriegsgebiet. Die Kampfflugzeuge und Bomben ängstigten Malak sehr und bedeuteten Lebensgefahr für sie und ihre Angehörigen. Ihre Familie entschied sich zur Flucht, um der Gefahr zu entkommen.
Fast alles mussten sie zuhause zurücklassen und konnten nur das Allernötigste einpacken. "Ich habe meinen Teddybären mitgenommen. Aber ich vermisse mein Bett zuhause", sagt Malak. Die meisten ihrer Freunde und Bekannten haben inzwischen ebenfalls ihre Heimatstadt verlassen und versuchen, in sichereren Regionen des Landes unterzukommen.
Hintergrund: Wirtschaftskrise, marodes Gesundheitssystem, hohe Flüchtlingszahlen
Der Krieg in der Region verschärft die schon zuvor angespannte Lage im Libanon massiv. Seit Jahren herrscht eine Wirtschaftskrise im Land. Immer mehr Kinder wachsen in Armut auf. Lebensmittelpreise sind in die Höhe geschnellt. Wegen der Inflation haben die meisten Eltern nicht mehr genug Einkommen, um ihre Kinder ausreichend mit Essen zu versorgen. Das Haushaltseinkommen der meisten Familien liegt unterhalb der Armutsgrenze, viele Menschen sind arbeitslos.
Das Gesundheitssystem ist seit Jahren überlastet. In vielen Krankenhäusern gibt es nicht genug Personal und Medikamente, oft fehlt sogar der Strom. Einige Krankenhäuser mussten bereits ihren Betrieb einstellen.
Auch in Sachen Bildung steckt das Land in einer Krise. Schon vor dem aktuellen Konflikt gingen über 700.000 Kinder nicht zur Schule. Jetzt müssen noch mehr Kinder vor allem im Süden des Libanons ihre Schulbildung unterbrechen, denn viele von ihnen sind auf der Flucht und bei den Angriffen werden auch Schulen beschädigt. Manche Eltern im südlichen Libanon sehen keine andere Möglichkeit mehr, als ihre Kinder aus wirtschaftlichen Gründen arbeiten zu lassen oder ihre Töchter viel zu früh zu verheiraten.
Der Libanon ist außerdem das Land mit den pro Einwohner*in meisten Vertriebenen weltweit. In den vergangenen Jahren hat das Land sehr vielen Geflüchteten aus dem Nachbarland Syrien Zuflucht gewährt, die vor dem dortigen Krieg geflohen sind: Rund 1,5 Millionen Syrerinnen und Syrer leben im Libanon in Notunterkünften und Flüchtlingscamps. Seit Jahrzehnten ist der Libanon auch das Zuhause von mehr als 200.000 palästinensischen Flüchtlingen. Viele der Geflüchteten sind besonders auf Spenden und humanitäre Hilfe angewiesen.
UNICEF ist seit 1948 als Kinderhilfsorganisation im Libanon aktiv.
Zahlen und Fakten zum Libanon:
- Hauptstadt: Beirut
- Einwohnerzahl: ca. 6 Millionen
- Nachbarländer: Israel, Syrien
- Amtssprache: Arabisch
Aktuelle Herausforderungen im Land:
- hohe Arbeitslosigkeit
- zunehmende Armut in der Bevölkerung
- starke Inflation
- anhaltende Wirtschaftskrise
- Bildungskrise
- hohe Zahl an Geflüchteten vor allem aus dem Bürgerkriegsland Syrien
- Zehntausende Vertriebene durch eskalierende Gewalt im Süden des Libanons
Außerdem wissenswert:
- Im August 2020 kam es in der libanesischen Hauptstadt Beirut zu zwei schweren Explosionen, die enorme Zerstörung anrichteten. 200 Menschen starben durch die Explosionen, ganze Stadtviertel wurden in Trümmer gelegt. Schätzungsweise 100.000 Kinder waren von den Folgen der Explosionen betroffen. UNICEF leistete unmittelbar nach der Katastrophe Nothilfe und unterstützte hilfsbedürftige Kinder auch langfristig.