70 Jahre UNICEF Deutschland
Engagement für Kinder auf der ganzen Welt – seit 1953 bis heute
Das Deutsche Komitee für UNICEF ist Gesicht und Stimme des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen in Deutschland. Es bringt Menschen zusammen, die sich gemeinsam dafür einsetzen, die Welt für Kinder nachhaltig zu verbessern – als Spender*in, in der Politik, als Unternehmen, Partner oder ehrenamtlich Engagierte*r.
Wir feiern Geburtstag! Am 30. Juni wird das Deutsche Komitee für UNICEF 70 Jahre alt. In diesem Artikel nehmen wir Sie mit auf eine kleine Zeitreise durch die Jahrzehnte und zeigen Ihnen, was wir in den 70 Jahren seit der Gründung getan und für Kinder weltweit erreicht haben.
- Hunderttausende Bundesbürger*innen sowie zahlreiche Unternehmen und weitere Partner haben durch Spenden sowie den Kauf von UNICEF-Grußkarten nachhaltige Verbesserungen für Kinder bewirkt und akute Not gelindert – in Entwicklungsländern und Krisengebieten sowie nach Katastrophen.
- 8.000 ehrenamtlich für UNICEF Engagierte, Städte, Gemeinden und Schulen treten gemeinsam mit UNICEF Deutschland für Kinder und ihre Rechte ein – gemeinsam mit der jungen Generation selbst. Um Kinderrechte ins Bewusstsein zu bringen und strukturell zu verankern, arbeitet UNICEF Deutschland mit der Bundesregierung, Vertreter*innen des Parlaments, Landesregierungen, Kommunen sowie der Wissenschaft zusammen.
- Das Deutsche Komitee hat maßgeblich dazu beigetragen, die UN-Konvention für die Rechte des Kindes in Deutschland bekannt zu machen und Kindern und Jugendlichen in Medien, Politik und Gesellschaft mehr Gehör zu verschaffen.
1950er Jahre: Gründung aus Dankbarkeit für Hilfe nach dem Zweiten Weltkrieg
30. Juni 1953 – Aus Dankbarkeit für die humanitäre Hilfe der internationalen Gemeinschaft für die deutschen Kinder nach dem Zweiten Weltkrieg gründen engagierte Bürgerinnen und Bürger in Köln das Deutsche Komitee für UNICEF e.V. Bereits zuvor hatten Menschen sich ehrenamtlich für UNICEF engagiert, beispielsweise in Bonn mit dem Verkauf von Grußkarten aus Privaträumen heraus.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen und seine Vorläuferorganisation, die United Nations Relief and Rehabilitation Administration, hatten ab 1945 im kriegszerstörten Europa 20 Millionen Tonnen Hilfsgüter verteilt. Allein in Berlin stellte die UNICEF-Mission 1948 zum Beispiel 416 Tonnen Lebertran, 96 Millionen Lebertran-Kapseln und 9.000 Kilo Milchpulver bereit. "Herzlichen Dank für die schönen Schuhe" schrieb die neunjährige Margarete in einem Schulaufsatz: "Ich bin zehn Jahre alt und Flüchtling aus Ostpreußen."
Nach der Überwindung der größten Not in Europa setzt die Organisation alles daran, das Elend der Kinder in der damals so genannten "Dritten Welt" zu lindern. UNICEF wird zur Entwicklungsorganisation und kämpft für das Überleben der Kinder, ausreichende Ernährung und sauberes Wasser. UNICEF-Teams heilen zum Beispiel in Asien Millionen Menschen von Himbeerpocken.
Neben dem Sammeln von Spenden gehörte der Verkauf von UNICEF-Grußkarten von Beginn an zu den zentralen Aufgaben des Deutschen Komitees für UNICEF. Bis heute leisten die Erlöse aus dem Verkauf von Grußkarten einen wichtigen Beitrag für die weltweite UNICEF-Arbeit.
1955 wird zum ersten Mal in der Bundesrepublik der "Weltkindertag" gefeiert – mit dem gerade ernannten ersten UNICEF-Botschafter, dem amerikanischen Komiker Danny Kaye. Im Auftrag der Vereinten Nationen richtet UNICEF seither diesen Tag überall auf der Welt aus. In Bonn, Karlsruhe und Kiel gründen sich weitere ehrenamtliche Gruppen, um die weltweite Arbeit von UNICEF zu unterstützen.
1959 übernimmt Wilhelmine Lübke, Ehefrau des Bundespräsidenten Lübke, die erste Schirmherrschaft für UNICEF Deutschland. Diese Tradition wird bis heute fortgesetzt. 2017 tritt Elke Büdenbender, Ehefrau von Bundespräsident Steinmeier, dieses Ehrenamt an.
1960er und -70er Jahre: Friedensnobelpreis und Innovationen
1965 erhält UNICEF den Friedensnobelpreis für seinen unermüdlichen Einsatz für das Wohl der Kinder in allen Teilen der Welt.
1968 wird Sir Peter Ustinov Internationaler UNICEF-Botschafter. Bis zu seinem Tod 2004 ist "Mr. UNICEF" besonders eng mit dem Deutschen Komitee verbunden und begeistert – insbesondere in Deutschland – zahllose Menschen für die Arbeit der Organisation.
1971 testet UNICEF in Bangladesch eine einfache Mischung aus Salz und Zucker im Kampf gegen lebensgefährlichen Durchfall. 3.700 Cholera-Erkrankte erhalten das genannte Orale Rehydratationssalz (ORS) – sie überleben. Die 28 Gramm schweren Tütchen werden Mitte der 70er Jahre bereits in 60 Ländern produziert. Die renommierte Zeitschrift "The Lancet" bezeichnete ORS als "die vielleicht größte medizinische Errungenschaft des 20. Jahrhunderts".
1980er Jahre: Vom Kampf ums Überleben zu den Kinderrechten
In den 80er Jahren dringt UNICEF zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation darauf, Impfen hygienisch und sicher zu machen. Mit Einwegspritzen, die nach dem Einsatz automatisch unbrauchbar werden, wird eine einfache und kostengünstige Lösung gefunden.
1984 wird Joachim Fuchsberger erster deutscher UNICEF-Botschafter. Sein Spendenaufruf anlässlich der letzten Folge der TV-Show "Auf los geht's los" am 15. März 1986 bringt über fünf Millionen D-Mark ein.
1989 verabschieden die Vereinten Nationen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes. Sie garantiert jedem Kind das Recht auf Überleben, Entwicklung, Schutz und Beteiligung. UNICEF Deutschland trägt in den folgenden Jahren maßgeblich dazu bei, die Kinderrechte in Deutschland bekannt zu machen und ihre Umsetzung im eigenen Land voranzutreiben. Dazu begleitet UNICEF Deutschland die regelmäßige Berichterstattung der Bundesregierung zur Umsetzung der Kinderrechte vor den Vereinten Nationen.
1990er Jahre: Bürgerbewegung für Kinder
1990 findet der erste Weltkindergipfel in New York statt. Auf Einladung von UNICEF kommen 70 Staats- und Regierungschefs zusammen. Nach der Wiedervereinigung schließen sich die UNICEF-Komitees in West- und Ostdeutschland zusammen.
1994 sammeln ehrenamtlich Engagierte in Deutschland gemeinsam mit weiteren Organisationen 150.000 Unterschriften, um der weltweiten Forderung nach Ächtung von Landminen Nachdruck zu verleihen. Nach dem Völkermord in Ruanda hilft UNICEF über 110.000 unbegleiteten Flüchtlingskindern. Erstmals setzt UNICEF in Krisengebieten die "Schule in der Kiste" mit Schul- und Lernmaterial ein – unter anderem mit Spenden aus Deutschland.
1997 wird die Journalistin und Moderatorin Sabine Christiansen offizielle UNICEF-Botschafterin. Später werden weitere prominente Persönlichkeiten, die sich seit Jahren für die Organisation engagieren, zu UNICEF-Botschafter*innen ernannt. Aktuell tragen übrigens Julian Draxler, Alexander Gerst, Mats Hummels, Franziska Knuppe, Udo Lindenberg, Dirk Nowitzki, Eva Padberg, Katja Riemann, Nina Ruge, Riccardo Simonetti sowie weiterhin Sabine Christiansen diesen Titel.
1998 ruft UNICEF Deutschland zusammen mit dem Foto-Modell Waris Dirie ("Wüstenblume") zum Kampf gegen die Mädchenbeschneidung auf. Mit Hilfe von Spenden aus Deutschland werden in den nächsten Jahren Bildungs- und Aufklärungsprogramme unterstützt, durch die sich beispielsweise im Senegal Tausende Dörfer zur Abkehr von der Tradition entscheiden.
1999 organisieren die ehrenamtlichen UNICEF-Gruppen die erste deutsche Kinderrechtswahl. In über 200 Städten nehmen fast 110.000 Kinder und Jugendliche teil und erklären, welche Rechte ihnen am wichtigsten sind.
1999 vermacht der Stuttgarter Philanthrop, Arzt und Kunstliebhaber Dr. Gustav Rau UNICEF Deutschland seine außergewöhnliche Gemäldesammlung. Zwei Jahre später schenkt er im Vorgriff auf das Erbe UNICEF den größten Teil seiner Kunstsammlung. Das Arp Museum in Remagen zeigt in seiner Kunstkammer Rau regelmäßig Bilder aus der Sammlung.
Im neuen Jahrtausend: Helfer und Anwalt für Kinderrechte
2003 In der Frankfurter Paulskirche werden zum ersten Mal UNICEF-JuniorBotschafter*innen für ihren Einsatz ausgezeichnet – besonders engagierte Mädchen und Jungen zwischen acht und 14 Jahren.
2004 löst ein schweres Erdbeben am 26. Dezember im Pazifik eine große Flutkatastrophe aus, der über 200.000 Menschen zum Opfer fallen. UNICEF leistet nach dem Tsunami umfassende Not- und Wiederaufbauhilfe in einer der größten Hilfsaktionen seiner Geschichte. Die Bundesbürger*innen unterstützen diese Arbeit sehr großzügig.
2007 organisiert UNICEF Deutschland während des G8-Treffens in Heiligendamm einen J8-Gipfel mit Jugendlichen aus aller Welt. Neun der jungen Leute präsentieren den Staats- und Regierungschefs eine eigene Resolution.
2008 trägt UNICEF Deutschland gemeinsam mit dem bekannten Familiensoziologen Prof. Hans Bertram den internationalen UNICEF-Ansatz des kindlichen Wohlbefindens nach Deutschland. Dieser sowie weitere Berichte finden in der politischen und gesellschaftlichen Debatte große Resonanz.
2010er Jahre: Nothilfe und nachhaltige Arbeit für Kinder
2010 nimmt die Bundesregierung endlich den ausländerrechtlichen Vorbehalt zur Kinderrechtskonvention zurück. Das bedeutet, dass auch geflüchteten Kindern in Deutschland zentrale Rechte wie beispielsweise auf Bildung und Schutz zustehen. Bis heute gibt es jedoch noch große Defizite bei der Umsetzung dieser Rechte.
2011 im Frühjahr beginnt der bis heute anhaltende syrische Bürgerkrieg. UNICEF führt in Syrien und seinen Nachbarländern eine seiner größten, bis heute anhaltenden Hilfsoperationen durch – unterstützt durch die deutsche Bundesregierung sowie private Spenden aus Deutschland.
Während der ebenfalls 2011 sich verschärfenden Hungerkatastrophe in Ostafrika helfen großzügige Spenden aus Deutschland entscheidend, dass UNICEF beispielsweise 350.000 schwer mangelernährte Kinder mit Zusatznahrung therapieren kann.
2012 zieht die von UNICEF Deutschland zusammen mit dem Hamburger Reeder Peter Krämer ins Leben gerufene Kampagne "Schulen für Afrika" Zwischenbilanz: Maßgeblich durch Spenden aus Deutschland haben seit dem Start 2005 rund zwölf Millionen Kinder Zugang zu einer guten Grundbildung erhalten. Die Kampagnenarbeit zu Kinderrechtsthemen gehört zu diesem Zeitpunkt bereits seit vielen Jahren zu den Aktivitäten von UNICEF Deutschland und den ehrenamtlich Engagierten.
2013 Um Partizipation und Engagement von Kindern und Jugendlichen weiter zu stärken, startet UNICEF Deutschland ein strukturiertes "JuniorTeamer"-Programm für 15- bis 17-Jährige. Damit gibt es bei UNICEF jetzt eigene ehrenamtliche Gruppen für Jugendliche, Studierende und für Erwachsene, die sich gemeinsam für Kinderrechte engagieren. Im gleichen Jahr verpflichten sich die ersten sechs Städte und Gemeinden, sich an der im Vorjahr neu gegründeten Initiative "Kinderfreundliche Kommunen e.V." zu beteiligen. Heute haben sich bereits 50 Städte und Gemeinden dem Programm von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk angeschlossen.
2014 Zum Weltkindertag ruft ESA-Astronaut und UNICEF-Botschafter Alexander Gerst Kinder und Jugendliche zum Engagement für eine bessere und gerechtere Welt auf. In einem Video direkt von der internationalen Raumstation ISS aus nimmt er seine großen und kleinen Fans mit auf seine bewegenden Reise um die Erde.
2016 Gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium startet die bundesweite Initiative zum Schutz von geflüchteten Kindern in Flüchtlingsunterkünften. Hierfür werden gemeinsam mit fachlichen Partnern Mindeststandards erarbeitet und Fachkräfte weitergebildet. UNICEF reagiert damit auf die prekäre Lage hunderttausender geflüchteter Kinder.
2017 In Malawi startet UNICEF den ersten permanenten Drohnenkorridor Afrikas für humanitäre Hilfe. Er ermöglicht es Unternehmen, Universitäten und Hilfsorganisationen, den Einsatz von Drohnen beispielsweise zur Kartierung von Überschwemmungsgebieten oder zum Transport von Blutproben zu testen. Gemeinsam mit Partnern arbeitet UNICEF in weltweiten "Innovation Labs" an neuen Lösungen, die die Versorgung von Kindern effektiv und effizient verbessern können.
2019 UNICEF Deutschland ruft die Bundesregierung dazu auf, die Kinderrechte ins Zentrum ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zu stellen. Dreißig Jahre nach der Verabschiedung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes ist es höchste Zeit, dass Kinder und Jugendliche gehört und beteiligt werden.
Nach verheerenden Wirbelstürmen in Mosambik ermöglichen Spenden aus Deutschland schnelle Hilfe für die Kinder – zum Beispiel durch sauberes Trinkwasser, medizinische Versorgung, Notschulen und Unterstützung für mangelernährte Kinder.
2020er Jahre: In einer Zeit globaler Krisen ist UNICEF wichtiger denn je
2020/2021 Schulschließungen, Einkommensverluste der Eltern, häusliche Gewalt: Die Covid-19-Pandemie hat dramatische Auswirkungen für Kinder – überall auf der Welt. UNICEF ist an der Seite der besonders benachteiligten Kinder und wird dabei durch Spender*innen aus Deutschland sowie die Bundesregierung unterstützt.
UNICEF hält die Versorgungskette für die ärmsten Länder trotz der covid-bedingten Kontakt- und Transportbeschränkungen aufrecht und beschafft wichtige Hilfsgüter für Millionen Menschen. In der weltgrößten Impfkampagne COVAX stellt UNICEF sein Know-how bei Beschaffung und Logistik bereit.
2022 verstärkt UNICEF Deutschland sein Programm "Kinderrechteschulen". Das Trainingskonzept ermöglicht es Grundschulen, mit Präsenzterminen und digitalen Lerninhalten Kinderrechte im Schulalltag zu verankern. Das Programm wird aktuell in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein umgesetzt.
2023 Fast drei Jahre Covid-19-Pandemie, der 2022 ausgebrochene Krieg in der Ukraine und die weltweit spürbaren Auswirkungen des Klimawandels werden für viele Kinder zur existenziellen Bedrohung. Das Engagement Hunderttausender Menschen in Deutschland trägt entscheidend dazu bei, dass UNICEF Mädchen und Jungen schnell mit dem Nötigsten versorgen und ihre Lage langfristig verbessern kann.
In Deutschland bleibt es eine Kernaufgabe von UNICEF, die Kinderrechte deutlich zu stärken und darauf zu drängen, sie endlich in der Verfassung zu verankern. Der UN-Ausschuss für Kinderrechte hatte Deutschland dazu immer wieder aufgefordert; bereits die Vorgängerregierung hatte sich dazu verpflichtet. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz nun erneut fest vor. UNICEF Deutschland wird sich dafür weiter mit ganzer Kraft einsetzen.
UNICEF Deutschland gehört heute zu den wichtigsten Unterstützern des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen. Im Geschäftsjahr 2022 konnten mehr als 207 Millionen Euro für die weltweite Programmarbeit von UNICEF zur Verfügung gestellt werden. Alle Gremien von UNICEF Deutschland arbeiten ehrenamtlich. Vorsitzender des Vorstands ist seit 2018 Georg Graf Waldersee; Stellvertreter*innen sind Dr. Johannes Meier sowie Dagmar Wöhrl.
Übrigens: UNICEF International wurde schon 1946 und damit ein paar Jahre früher gegründet als UNICEF Deutschland. Mehr Informationen zu "75 Jahre UNICEF International" finden Sie auf unseren Jubiläumsseiten von 2021.